Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz Große verfilmte Geschichten

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Ich flög' in die Ferne

       Zu Jasio mein.«

      »In Schlesien flög' ich nieder

       Auf grünen Rain,

       Die Waise sieh' wieder ...«

       Doch plötzlich flossen große Thränen unter ihren Lidern hervor – und sie konnte nicht weitersingen. Da nahm Zbyszko sie in seine Arme wie ehemals im Gasthaus zu Tyniec und mit ihr in der Zelle umhergehend, sagte er unablässig voll Entzücken: »Nicht nur die Herrin seh' ich in Dir – wenn Gott mich rettet, wenn Du herangewachsen bist, und wenn Dein Vater es gestattet, dann nehme ich Dich, Mädchen, zur Frau! Heisa ...«

       Die Arme um seinen Hals schlingend, verbarg Danusia das verweinte Gesicht an seiner Schulter. Sein wilder Schmerz aber ward größer und größer. Aus dem tiefsten Innern des jungen Slaven brach dies Gefühl unaufhaltsam hervor und äußerte sich in dem ungefügen Gesang:

      »Ja, Dich nehme ich, Mädchen,

       Dich nur wähl' ich allein.«

       Zu derselben Zeit trat ein Ereignis ein, dem gegenüber alles andere ohne Bedeutung war. Am Abend des 21. Juni verbreitete sich in der Burg die Nachricht von der plötzlichen Erkrankung der Königin. Die herbeigerufenen Aerzte blieben mit dem Bischof Wysz während der ganzen Nacht in ihrer Kemenate, und mittlerweile ward von den dienenden Frauen verkündet, daß der Herrin Zustand eine vorzeitige Niederkunft befürchten lasse. Der Krakauer Kastellan Jasko Topor aus Teczyn sandte noch in derselben Nacht Eilboten an den abwesenden König. Am frühen Morgen schon drang die Kunde in die Stadt und Umgegend. Es war ein Sonntag, ein Schwarm von Andächtigen füllte die Kirchen, in denen die Priester Gebete für die Königin anordneten. Nach dem Gottesdienst begaben sich die fremden Ritter, welche zu den bevorstehenden Festlichkeiten gekommen waren, und die Edelleute zugleich mit einer Deputation von Kaufleuten nach der Burg. Auch die Zünfte und Bruderschaften zogen mit ihren Fahnen herbei. Vom Mittag an umringten unzählige Volksscharen den Wawel-Berg, unter denen die königlichen Bogenschützen die Ordnung aufrecht erhielten, indem sie allen Ruhe und Stille anempfahlen. Die Stadt war fast gänzlich verödet, durch die leeren Straßen zogen nur von Zeit zu Zeit einige Bauern aus der Umgegend, die gleichfalls von der Krankheit der verehrten Herrin gehört hatten und sich nun der Burg zuwendeten. Am Hauptthore erschienen schließlich der Bischof und der Kastellan, neben ihnen die Domherren der Kathedrale, die königlichen Räte und Ritter. Letztere eilten hin und her, mischten sich unter das Volk und mit geheimnisvollen Mienen wiederholten sie noch einmal den strengen Befehl, daß man sich jeden Ausrufes enthalte, weil dies der Leidenden schaden könne. Darauf verkündeten sie allen und jedem, daß die Königin von einer Tochter genesen sei. Diese Nachricht erfüllte die Herzen mit Freude, vornehmlich da man zugleich auch erfuhr, daß trotz der vorzeitigen Entbindung weder für die Mutter noch für das Kind irgend eine Gefahr vorhanden sei. Die Menge zerstreute sich allmählich, weil vor der Burg jede laute Aeußerung untersagt war, sich aber jeder sehnte, seinem Herzen Luft zu machen. Froher Gesang und Freudengeschrei erscholl denn auch bald auf den zum Markte führenden Straßen. Daß ein Mädchen zur Welt gekommen war, darob grämte man sich nicht. »Ist es etwa ein Unglück gewesen,« sagten manche, »daß der König Louis keinen Sohn hatte und daß Jadwiga auf den Thron gelangte? Durch ihre Heirat mit Jagiello ist die herrschaftliche Gewalt verstärkt worden. So wird es auch jetzt sein. Eine solche Erbin, wie unsere Königstochter, kann man weit suchen, da weder der römische Cäsar, noch einer der anderen Herrscher sich eines solchen Reiches rühmen dürfen, und da sie weder über so viel Grund und Boden noch über eine solche Ritterschaft gebieten. Um die Hand der Prinzessin werden sich die mächtigsten Monarchen der Erde bewerben, vor ihr werden sich Könige und Königinnen beugen, sie werden nach Krakau kommen, der Kaufmannschaft wird Nutzen daraus erwachsen, und dabei wollen wir nicht einmal davon reden, daß irgend ein neues Reich, das böhmische oder ungarische mit unserem Königreich vereinigt werden kann.« Besonders die Kaufleute äußerten sich so, und mit jedem Augenblick ward der Jubel allgemeiner. In den Privatwohnungen und Gasthäusern wurden Schmausereien veranstaltet. Auf dem Markte wimmelte es von Laternen- und Fackelträgern. Die Landleute aus der Umgegend, von denen immer mehr nach der Stadt zogen, schlugen ihr Lager bei ihren Wagen auf. Die Juden standen lebhaft gestikulierend vor der Synagoge von Kasimierz. Bis spät in die Nacht, fast bis zum Morgengrauen war es so laut auf dem Markte, besonders beim Rathause und bei den Lagerfeuern, wie zur Zeit der großen Jahrmärkte. Man teilte sich gegenseitig die Nachrichten mit, sandte deshalb in die Burg und drängte sich dann dicht um die mit frischer Kunde Zurückkehrenden.

       Daß der Bischof Peter das Kind noch in derselben Nacht getauft habe, war eine schlimme Nachricht, denn daraus ging hervor, daß es sehr schwach sein mußte. Erfahrene Frauen jedoch berichteten von Fällen, in denen Kinder, die bei der Geburt halbtot gewesen, erst nach der Taufe zum Leben erwacht seien. So erfüllte wieder neue Hoffnung die Herzen, zumal der Name, den man der Neugeborenen gegeben, ein glückverheißender war. Man sagte sich, weder ein Bonifacius noch eine Bonifacia könne sofort nach der Geburt sterben, da sie dazu bestimmt seien, Gutes zu stiften. Welches Kind sei aber im stande, in der ersten Zeit Gutes oder Schlimmes zu thun?

       Am folgenden Tage kamen indessen ungünstige Nachrichten über das Befinden von Mutter und Kind aus der Burg und die ganze Stadt geriet in Bestürzung. Die Kirchen waren so gedrängt voll wie im Ablaßjahre. Allerlei feierliche Gelübde wurden abgelegt. Man sah Landleute, welche ein Viertel Getreide, ein Lamm oder einen Hahn, getrocknete Schwämme oder Nüsse zum Opfer herbeibrachten. Auch die Ritter, Kaufleute und Handwerker spendeten Opfergaben. Zu den wunderthätigen Heiligen wurden Boten geschickt. Die Astrologen forschten eifrig in den Sternen. In Krakau wurde eine feierliche Prozession angeordnet, woran sich alle Zünfte und Brüderschaften beteiligten. Die ganze Stadt war mit Fahnen geschmückt. Auch eine Prozession von Kindern ward feierlich abgehalten, denn man glaubte, daß Gott die Fürbitte dieser unschuldigen Wesen zuerst erhören werde. Und immer neue Scharen aus der Umgegend strömten durch die Thore herein.

       So verging ein Tag nach dem andern, während die Glocken beständig läuteten, die Kirchen gedrängt voll waren, Prozessionen und Andachten rasch aufeinander folgten. Als nun eine Woche vorüber war und die hohe Kranke sowie das Kind noch lebten, zog neuer Mut in aller Herzen ein. Es erschien den Leuten wie ein Ding der Unmöglichkeit, daß Gott so frühzeitig die Herrin zu sich nehmen sollte, welche schon so viel zu seiner Ehre gethan hatte, und deren großes Werk dann unvollendet geblieben wäre, daß er jetzt schon die Glaubensbotin zu sich nehmen sollte, welche ihr eigenes Glück zum Opfer gebracht hatte, um das letzte Heidenvolk in Europa zum Christentum zu bekehren. Die Gelehrten erinnerten sich, daß sie unendlich viel für die Akademien gethan, die Geistlichen gedachten ihrer Frömmigkeit, die Staatsmänner sagten sich, wie sehr sie für den Frieden zwischen den christlichen Monarchen, die Rechtsgelehrten wie sehr sie für die Gerechtigkeit gewirkt hatte. Die Armen erinnerten sich, wie barmherzig sie gewesen, und allen wollte es nicht in den Sinn, daß ein Leben, das dem Königreiche, ja der ganzen Welt so nötig war, vor der Zeit dahingerafft werden könne.

       Am 13. Juli verkündete die Totenglocke, daß das Kind gestorben war. Wieder war die Stadt gedrängt voll. Angst und Unruhe ergriff die Leute, und abermals umringten sie die Burg, um nach dem Befinden der Königin zu fragen. Doch diesmal kehrte niemand mit guten Nachrichten zurück. Im Gegenteil, der Gesichtsausdruck der im Schlosse ein und ausgehenden Herren ward mit jedem Tage düsterer. Man erzählte sich auch, daß der Priester Stanislaus aus Skarbimierz, Magister der freien Künste in Krakau, die Königin nicht mehr verlasse, und daß diese täglich kommuniziere. Weiter erzählte man sich, bei jeder Kommunion sei ihre Kemenate von einem himmlischen Scheine erfüllt. Manche sahen den Schein sogar durch das Fenster, doch der Anblick erfüllte die der Herrin treuergebenen Herzen mit Schrecken. Betrachteten sie es doch als ein Zeichen, daß die Kranke dem irdischen Leben schon entrückt war.

       Wieder andere hingegen glaubten nicht an einen so furchtbaren Ausgang, und trösteten sich mit der Hoffnung, daß der gerechte

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