Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz Große verfilmte Geschichten

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       Mittlerweile begab sich der Kastellan in das anstoßende Zimmer, um dem in der Schrift geübten Gerichtsschreiber den Urteilsspruch über Zbyszko zu diktieren.

       Manche von den Rittern näherten sich unterdessen dem Kreuzritter mit den Worten: »So mag das jüngste Gericht dem Verurteilten gnädig sein.«

       Aber Lichtenstein kümmerte sich nur um Zawisza, weil dieser wegen seiner Kriegsthaten, wegen seiner Kenntnisse der Rittergesetze und wegen der Strenge, womit er diese aufrecht zu erhalten suchte, in der ganzen Welt bekannt war. In Betreff der verwickeltsten Angelegenheiten, bei denen es sich um die Ritterehre handelte, kam man aus fernen Gegenden zu ihm, und niemand wagte, sich ihm zu widersetzen, nicht allein darum, weil ein Zweikampf mit ihm ein Ding der Unmöglichkeit war, sondern auch darum, weil er als »Spiegel der Ehre« betrachtet ward. Ein Wort des Lobes oder des Tadels aus seinem Munde verbreitete sich rasch unter den polnischen, ungarischen, böhmischen und deutschen Rittern und genügte, um den guten oder schlechten Ruf eines Ritters zu begründen.

       Ihm nun näherte sich Lichtenstein, und wie wenn er sich wegen seiner Rachsucht rechtfertigen wolle, sagte er: »Allein nur der Großmeister samt dem Kapitel könnte ihm Gnade erweisen – ich aber vermag dies nicht.«

       »Wo unsere Gesetze Kraft haben, steht Euerem Meister keine Macht zu, einzig nur unser König kann den Schuldigen begnadigen,« erwiderte Zawisza.

       »Als Gesandter mußte ich die Strafe beantragen.«

       »Wurdest Du nicht zuerst Ritter und dann erst Gesandter, Lichtenstein?«

       »Willst Du damit sagen, daß ich nicht ehrenhaft gehandelt habe?«

       »Du kennst unsere Rittergesetze und weißt, daß sie dem Ritter gebieten zwei Tieren nachzuahmen: dem Löwen und dem Lamm. Welchem von diesen Tieren hast aber Du in diesem Handel nachgeahmt?«

       »Nicht Du bist mein Richter.«

       »Du fragst, ob Du nicht ehrenhaft gehandelt hast, deshalb sage ich Dir, was ich denke.«

       »Schlimmes sagst Du mir, und das kann ich nicht hinunterwürgen.«

       »An Deiner eigenen Bosheit wirst Du dann ersticken, nicht an der meinen.«

       »Aber Christus wird es mir anrechnen, daß die Würde des Ordens mir mehr am Herzen liegt, als Dein Lob.«

       »Er wird richten über uns alle.«

       Hier ward das Gespräch durch den Eintritt des Kastellans und des Gerichtsschreibers unterbrochen. Obwohl alle schon im voraus gewußt hatten, daß das Urteil ungünstig lauten werde, trat dennoch plötzlich eine angstvolle Stille ein. Der Kastellan ließ sich an dem Tische nieder, und nachdem er das Kruzifix in die Hand genommen hatte, befahl er Zbyszko niederzuknieen. Der Gerichtsschreiber begann das in lateinischer Sprache abgefaßte Urteil vorzulesen. Weder Zbyszko noch die anwesenden Ritter verstanden es, aber alle errieten, daß es ein Todesurteil war. Als der Gerichtsschreiber geendigt hatte, schlug sich Zbyszko an die Brust: »Gott sei mir armen Sünder gnädig!« rief er aus.

       Dann erhob er sich und fiel Macko um den Hals. Schweigend küßte dieser die Stirne des Jünglings.

       Am Abend desselben Tages verkündete der Herold unter lautem Trompetenschall an den vier Ecken des Marktplatzes den Rittern, Gästen und Bürgern, daß der edelgeborene Zbyszko aus Bogdaniec von dem Kastellangericht zur Enthauptung verurteilt worden war.

       Doch Macko bat um Aufschub der Exekution, und dies ward ihm um so leichter, als den Verurteilten jener Epoche stets eine gewisse Zeit bewilligt ward, ihre Angelegenheiten zu ordnen, sich mit ihren Familien ins Einvernehmen zu setzen und mit Gott zu versöhnen. Selbst Lichtenstein drang nicht auf rasche Urteilsvollstreckung, weil er sich sagte, nun dem beleidigten Orden Genüge geschehen sei, dürfe er den mächtigen Monarchen nicht reizen, zudem man ihn auch als Vertreter des Bezirkes von Dobrzyn, nicht nur als Teilnehmer an den Tauffeierlichkeiten gesandt hatte. Die Rücksicht auf die Gesundheit der Königin gab indessen vor allem den Ausschlag. Von einer Exekution vor der Entbindung wollte der Bischof Wysz nichts hören, weil er die Unmöglichkeit einsah, etwas Derartiges vor der Herrin zu verheimlichen, und wußte, daß diese dadurch allzu sehr erregt, ja schwer geschädigt werden könne. Auf diese Weise ward des Zbyszko Leben um einige Wochen, vielleicht auch um etwas mehr, verlängert, so daß er seine letzten Anordnungen zu treffen und Abschied von den ihm Befreundeten zu nehmen vermochte.

       Macko besuchte ihn täglich und tröstete ihn, so gut er es verstand. Gar häufig sprachen die beiden voll Betrübnis von dem unvermeidlichen Tode Zbyszkos, und ihre Betrübnis ward noch größer, wenn die Rede darauf kam, daß ihr Geschlecht wohl aussterben werde.

       »Es geht nicht anders, Ihr müßt Euch ein Weib nehmen,« sagte Zbyszko eines Tages.

       »Viel lieber möchte ich unsere Blutsverwandten aus der Ferne herbeirufen,« entgegnete Macko niedergeschlagen. »Wie kann ich jetzt, da man Dir den Hals abschneiden will, an eine Vermählung denken? Und wenn ich mich auch schließlich dazu verstünde, würde ich es doch nicht thun, bevor ich Lichtenstein meine Forderung geschickt und meiner Rache Genüge gethan habe, dessen kannst Du sicher sein.«

       »Gott lohne Euch dafür! So habe ich wenigstens diese Genugthuung! Aber ich wußte, daß Ihr mich nicht verlassen werdet. Wie wollt Ihr gegen ihn vorgehen?«

       »Sobald er nicht mehr Gesandter ist, wird es Krieg oder Frieden bei uns geben – verstehst Du? Falls es zum Kriege kommt, fordere ich ihn noch vor der Schlacht zum Zweikampfe heraus.«

       »Auf festgetretener Erde?«

       »Auf festgetretener Erde, zu Pferde oder zu Fuß. Um Leben oder Tod, nicht um Gefangenschaft wird es sich da handeln. Kommt es aber nicht zum Kriege, dann reite ich nach Marienburg, schlage die Burgthore mit der Lanze ein, und lasse den Trompeter durch Trompetenschall verkünden, daß ich Lichtenstein zum Kampfe auf Leben und Tod fordere. Da kann er sich nicht verstecken.«

       »Das ist sicher, daß er sich dann nicht verstecken kann. Und Ihr werdet ihm etwas zu raten aufgeben. Wie gerne möchte ich dabei sein!«

       »Ihm etwas zu raten aufgeben? Ja! Zawisza gegenüber würde ich es nicht wagen, Paszko und Powala gegenüber ebenso wenig, aber ohne mich selbst zu loben, mit zweien wie der, nehme ich es vollständig auf. Mag des Kreuzritters Mutter sich vorsehen! Ist jener Friesenritter vielleicht nicht stärker gewesen? Und habe ich ihm nicht den Helm von oben bis unten durchhauen, bis das Beil stecken blieb? In seinem Kiefer blieb es stecken – oder ist es nicht so gewesen?«

       Zbyszko atmete erleichtert auf und sagte: »So wird der Tod mir leichter werden.«

       Und beide seufzten tief. Mit zitternder Stimme hub dann der alte Edelmann wieder an: »Härme Dich nicht zu sehr. Fürs jüngste Gericht wird man Deine Knochen nicht zusammenlesen müssen. Einen Sarg aus Eichenholz habe ich Dir machen lassen. Nein, wie ein Bauer oder wie ein Neugeadelter wirst Du nicht zu Grunde gehen. Und in einem Rocke wie ihn die Bürger tragen, sollst Du nicht enthauptet werden. Das gebe ich nicht zu. Mit Amylej habe ich schon verabredet, daß Du einen ganz neuen und so kostbaren Rock haben sollst, daß er sogar dem König als Pelzfutter genügen würde. Und auf eine Messe für Dich soll es mir auch nicht ankommen. Nein, fürchte nichts.«

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