Sophienlust Classic 40 – Familienroman. Bettina Clausen

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Sophienlust Classic 40 – Familienroman - Bettina Clausen Sophienlust Classic

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zu spät«, belehrte ihn die alte Frau.

      Wie unter einer zentnerschweren Last erhob er sich, um zum Friedhof zu gehen.

      Der Pfarrer sprach gerade die letzten Worte, als Marc und die Haushälterin an dem offenen Grab ankamen.

      Ein überraschtes Murmeln ging durch die Reihen der Trauergäste, als Marc zum Rand des Grabes vordrang. Erstaunte und neugierige Blicke folgten ihm. Doch Marc nahm nichts davon wahr. Er hörte nicht die letzten Worte des Pfarrers, bemerkte nicht, wie die Menge sich auflöste, sondern starrte nur unentwegt auf das sich allmählich mit Erde füllende Grab. Er schaute erst auf, als er vorsichtig am Arm berührt wurde. Neben ihm stand ein kleiner Junge und schaute ihn mit großen Augen fragend an.

      Sekundenlang starrte Marc in die bekannten Gesichtszüge. Mein Sohn, durchzuckte es ihn dann. »Rolf!« Er beugte sich hinab und nahm den Jungen auf den Arm.

      Rolf schlang seine Arme um den Hals des Vaters und murmelte unter Tränen immer nur das eine Wort, das er so lange hatte entbehren müssen: »Papi, Papi, Papi!«

      Während Marc das Haar seines Sohnes streichelte, sah er Liza auf sich zukommen. Er stellte Rolf auf den Boden, um sein Töchterchen in die Arme schließen zu können. Erst als er sie auf dem Arm hielt, sah er, dass ihre hübschen blauen Augen vom vielen Weinen verquollen waren und sich auch jetzt wieder mit Tränen füllten. »Mein Liebling«, flüsterte er und hielt sie fest umfangen.

      »Ich möchte weg von hier«, flehte Liza.

      Erst da gewahrte Marc, dass außer ihnen und einer jungen Frau niemand mehr am Grab stand. Er behielt Liza auf dem Arm und führte Rolf mit der anderen Hand. Langsam gingen sie dem Ausgang des Friedhofes zu.

      Ramona ging drei Schritte vor ihnen. Sie wollte das Wiedersehen zwischen dem Vater und den Kindern nicht stören. Erst bei ihrem Wagen, der gleich beim Ausgang stand, blieb sie stehen und wartete auf Marc und die Kinder.

      Wie um sich zu ihr zu bekennen, ließ Rolf die Hand seines Vaters los und trat zu seiner großen Schwester. »Ramona«, sagte er.

      Überrascht schaute Marc auf. Das ist also meine Stieftochter, dachte er. Er trat zu Ramona und hielt ihr seine Hand entgegen. »Ich bitte um Verzeihung, dass ich dich nicht sofort begrüßt habe«, murmelte er.

      Ramona ergriff die dargebotene Hand. »Das macht doch nichts«, erwiderte sie tonlos. »Steigst du mit ein?«

      Marc nickte und setzte sich mit Liza auf den Rücksitz. Rolf nahm neben Ramona Platz.

      Schweigend legten sie den Weg nach Hause zurück. Sie trafen gleichzeitig mit der alten Haushälterin ein. Ramona ließ den Wagen vor der Garage stehen und stieg aus.

      Während die Haushälterin Marc und den Kindern im Wohnzimmer eine Erfrischung servierte, begab sich Ramona auf ihr Zimmer. Als sie von draußen einen Laut vernahm, trat sie zum Fenster.

      Ihr Stiefvater ging mit Liza und Rolf langsam durch den Garten. Ramona fiel auf, wie groß und breitschultrig er war. Seltsamerweise war er rein äußerlich nicht das, was man sich unter einem Familienvater vorstellte. Er hätte viel eher in ein Modejournal gepasst. Doch als Ramona dann seine gequälten Züge sah und die fürsorgliche Art, mit der er Liza und Rolf behandelte, schämte sie sich solcher Gedanken. Bestimmt hatte er ihre Mutter geliebt, und sie selbst hatte ihm all die Jahre hindurch Unrecht getan.

      Ramona löste sich vom Fenster und ging nach unten. Fast gleichzeitig mit ihr betrat Marc das Wohnzimmer. Liza und Rolf waren im Garten geblieben, um von dem Goldregen einige Zweige abzubrechen.

      Als Marc Ramona so unverhofft vor sich stehen sah, machte er unwillkürlich eine Bewegung auf sie zu und blickte sie lange an.

      Ramona erwiderte fragend seinen Blick.

      »Verzeih«, murmelte er schließlich und fuhr sich mit der Hand über die Augen, als wollte er ein imaginäres Bild fortwischen. Er schaute sie wieder an, und diesmal galt sein Blick ihr. Das spürte Ramona, und ihre Wangen begannen sich zu röten.

      Als er endlich zu sprechen begann, klang seine Stimme wie rostiges Eisen: »Es ist erschreckend, aber wenn ich dich ansehe, glaube ich, Marianne zu sehen. Hat dir noch niemand gesagt, dass du ihr wie aus dem Gesicht geschnitten bist? Die gleichen Augen, das gleiche Haar und derselbe Gesichtsschnitt. Sogar ihre Art zu gehen und dich zu bewegen hast du.«

      Ramona wandte sich ab und ging zur Couch. Sicher, es war ihr schon des öfteren bestätigt worden, dass sie ihrer Mutter sehr ähnlich sehe. Aber noch keinen hatte diese Ähnlichkeit erschreckt oder durcheinandergebracht. »Ich bin schließlich ihre Tochter«, platzte sie heraus.

      »Natürlich«, murmelte er und fuhr sich wieder übers Gesicht. »Es hat mich nur so erschüttert, weil ich nicht darauf vorbereitet war«, entschuldigte er sich.

      Da betraten Liza und Rolf das Haus. Beide trugen eine Handvoll gelber Zweige. »Sind sie nicht schön?«, fragte Liza zaghaft.

      »Sehr schön«, bestätigte Ramona und nahm den Kindern die Zweige ab, um sie in eine Vase zu stellen.

      Marc schaute ihr nach, als sie aus dem Zimmer ging. So musste Marianne als junges Mädchen ausgesehen haben, dachte er. Doch damals hatte er sie noch nicht gekannt. Der Gedanke an die geliebte Frau stürzte ihn wieder in Hilflosigkeit und Verzweiflung.

      Vorsichtig kam Liza zu ihm und streichelte mit ungeschickten Kinderhänden seinen gebeugten Kopf. »Bist du traurig, Papi?«, fragte sie leise.

      Er schaute auf. »Nicht, wenn du bei mir bist, Liza«, sagte er zärtlich und zog sie auf seinen Schoß.

      Dankbar kuschelte sie sich an seine Brust. »Bleibst du jetzt immer bei uns?«

      »Aber natürlich! Wie könnte ich euch jemals wieder allein lassen?«

      »Ramona hat auch versprochen, nie mehr von uns fortzugehen«, sagte das Mädchen ernst.

      Nachdenklich blickte der Vater sie an.

      »Magst du Ramona nicht?«, fragte Liza ängstlich.

      Da wurde ihm klar, wie sehr die Kinder an der großen Schwester hingen. Aber noch bevor er Lizas Frage beantworten konnte, öffnete sich die Tür, und Ramona trat wieder ein.

      Marc erhob sich. »Ich habe noch einige Formalitäten bezüglich meines Passes zu erledigen«, sagte er und holte seinen Mantel. »Ich bin bald wieder da.« Er bat Ramona um die Autoschlüssel und verließ das Haus.

      »Glaubst du, dass es Papi zu Hause besser gefällt als in Afrika?«, fragte Liza ihre große Schwester.

      »Das glaube ich bestimmt«, erwiderte Ramona. Doch wenn sie ehrlich sein sollte, dann musste sie sich eingestehen, dass sie dessen gar nicht so sicher war. Ihr Stiefvater benahm sich sehr seltsam und machte nicht den Eindruck, als fühle er sich in seinem eigenen Haus wohl. Doch es war ja schließlich auch keine normale Situation, in der sie sich alle befanden. »Er hat uns versprochen, immer bei uns zu bleiben.« Liza schaute Ramona mit einem Blick an, der weit über ihr Alter hinauszugehen schien.

      »Das wird er auch. Aber deswegen muss er tagsüber trotzdem arbeiten. Alle Väter müssen das und kommen erst abends nach Hause«, erklärte Ramona.

      »Dann sind wir ja den ganzen Tag allein«, entgegnete Liza hilflos.

      »Ramona

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