Der Arzt vom Tegernsee 51 – Arztroman. Laura Martens
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»Das wird es ganz bestimmt, Frau Hofer«, erwiderte die Zehnjährige. »Auf Wiedersehen.« Eilig verließ sie das Geschäft.
Guido Schneider stieß heftig den Atem aus. »Ich möchte Sie in meinem Büro sprechen, Frau Hofer«, sagte er, drehte sich um und verschwand.
»Das sieht nach dicker Luft aus, Frau Hofer«, flüsterte das Lehrmädchen und machte sich daran, die Lampen abzustauben, die rechts von ihr in einem Regal lagen.
Gisela Hofer trat in das Büro ihres Chefs. »So vergrault man Kunden, Herr Schneider«, meinte sie ärgerlich. »Sie wissen, daß Simones Mutter und auch ihr Verlobter alle Elektrowaren bei uns kaufen.«
Guido Schneider preßte die Hände auf seinen Magen. Seit dem frühen Morgen hatte er entsetzliche Schmerzen und sich auch schon mehrmals übergeben müssen. »Was noch lange nicht heißen muß, daß mein Geld zum Fenster rausgeworfen werden darf«, stieß er scharf hervor. »Ich verstehe diese Geldverschwendung durchaus nicht. Ich dachte, nach all den Jahren, die Sie bereits für mich arbeiten, hätten Sie es endlich gelernt, mit allem sparsam umzugehen.«
Es gab einiges, was ihm Frau Hofer daraufhin hätte sagen können, doch sie verzichtete darauf, weil sie wußte, daß sie ohnehin in den Wind reden würde. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie einen so geizigen Menschen erlebt wie Guido Schneider. Sein Geiz richtete sich nicht nur gegen andere, sondern in erster Linie auch gegen sich selbst. Sie merkte, daß er wieder heftige Magenschmerzen hatte, wie so oft in den letzten Jahren. Wider besseres Wissen schlug sie ihm vor, Dr. Baumann aufzusuchen.
Der Geschäftsinhaber sah sie empört an: »Wollen Sie mich denn völlig in den Ruin treiben?« fragte er. »Sie wissen ganz genau, daß ich privat versichert bin und einen so hohen Selbstbehalt habe, daß ich mich bei einem Arztbesuch dumm und dämlich zahlen muß.«
»Das müßten Sie nicht, wenn Sie zu höheren Beitragszahlungen bereit wären, Herr Schneider«, erwiderte Gisela und straffte die Schultern.
»Meine Privatangelegenheiten gehen Sie überhaupt nichts an«, brauste Guido Schneider auf.
Frau Hofer arbeitete seit über zehn Jahren für ihn. Sie wußte, daß sie sich einiges erlauben konnte, weil er sie auf keinen Fall entlassen würde. Außerdem würde er für eine Fachkraft, wie sie es war, bei Neueinstellung bedeutend mehr bezahlen müssen.
»Wenn Sie nicht zum Arzt gehen wollen, Herr Schneider, könnte es womöglich schon helfen, ab und zu mal etwas Vernünftiges zu essen, statt nur von Päckchensuppe und altem Brot zu leben«, erklärte sie.
Das Gesicht des Geschäftsinhabers lief rot an. Bevor er noch etwas sagen konnte, hörten sie, wie die Ladentür ging und hintereinander drei Kunden kamen. Gisela Hofer ließ ihn einfach stehen und ging in den Verkaufsraum hinüber. Kurz darauf folgte er ihr.
Im Laufe des Nachmittags wurden Guidos Schmerzen so schlimm, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als in der Praxis von Dr. Baumann anzurufen. Tina Martens sagte ihm, daß er um fünf Uhr kommen sollte.
Guido Schneider wußte, daß es ihm unmöglich sein würde, mit seinem eigenen Wagen zu Doktor Baumann zu fahren. Ein Taxi war ihm jedoch zu teuer, deshalb bat der Frau Hofer, ihn zum Arzt zu bringen. »Sie können dann gleich zum Geschäft zurückfahren«, sagte er. »Wenn ich fertig bin, werde ich Frau Martens bitten, Sie anzurufen.«
»Wie Sie wünschen, Herr Schneider«, erwiderte Gisela und holte ihren Wagenschlüssel. Sie dachte an die junge Frau, die sie am Montagabend vor dem Geschäft gesehen hatte. Noch hatte sie ihrem Chef nichts davon erzählt und sie war sich nicht sicher, ob sie es tun sollte. Immerhin konnte es sein, daß sie sich irrte und es sich bei dieser Frau nicht um seine Tochter handelte.
Als Guido Schneider die Praxis von Dr. Baumann betrat, fiel es ihm schwer, aufrecht zu gehen. Sein ganzer Körper schien nur noch ein einziger Schmerz zu sein. So starke Magenschmerzen hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Mit beiden Händen stützte er sich auf den Aufnahmetresen in der Anmeldung.
»Wäre es möglich, daß ich gleich zu Doktor Baumann ins Sprechzimmer kann?« Er griff in seine Hosentasche, nahm ein Taschentuch heraus und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
Tina Martens erkannte sofort, wie schlecht es Herrn Schneider ging. »Im Moment ist noch ein Patient bei Doktor Baumann«, sagte sie. »Nehmen Sie bitte im Gang Platz. Ich sorge dafür, daß Sie als nächster drankommen.«
»Danke«, murmelte Guido und schleppte sich zu der gepolsterten Bank, die gegenüber dem Wartezimmer stand.
Tina schaute zu ihm hinüber. Es war ihr unbegreiflich, wie ein so wohlhabender Mann wie Guido Schneider derart abgerissen herumlaufen konnte. Seine Kleidung wirkte, als hätte er sie einer Vogelscheuche ausgezogen. Sie dachte an die Gerüchte, die sie über ihn gehört hatte. Es hieß, daß er mit seinem Geiz nicht nur seine erste Frau aus dem Haus getrieben hatte, sondern auch seine zweite. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, er würde in Lebensmittelgeschäften stets nach abgelaufenen Waren suchen oder danach fragen.
Dr. Baumann begleitete Anna-Maria Cremer zur Aufnahme. Als er an Guido vorüber kam, nickte er ihm zu. »Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Medikamente regelmäßig einzunehmen, Frau Cremer«, ermahnte er seine Patientin. »Wir sehen uns nächste Woche wieder.«
Frau Cremer verabschiedete sich von dem Arzt, rief noch Tina einen Gruß zu und verließ die Praxis.
»Würden Sie bitte gleich Herrn Schneider drannehmen, Doktor Baumann?« bat Tina Martens und sagte ihrem Chef, daß sein Patient große Schmerzen hatte.
»Geht in Ordnung, Tina«, meinte Eric, ging auf Guido Schneider zu und bat ihn in sein Sprechzimmer.
Dr. Baumann untersuchte den Geschäftsinhaber sehr gründlich. Er kannte diesen Mann seit seiner Kindheit. Die Schneiders waren bereits bei seinem Vater in Behandlung gewesen. Guido Schneider litt seit Jahren an einem nervösen Magen. Eric war überzeugt, daß dabei sein sprichwörtlicher Geiz eine große Rolle spielte. All sein Denken schien sich nur darum zu drehen, wo er noch etwas einsparen konnte.
»Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Sie zu einer Gastroskopie ins Krankenhaus zu schicken, Herr Schneider«, sagte er, nachdem er seinen Patienten gebeten hatte, sich anzuziehen. »Es handelt sich um eine ambulante Untersuchung«, fügte er hinzu.
»Sie können mich nicht wegen meiner Magenbeschwerden gleich ins Krankenhaus schicken«, protestierte Guido Schneider und knöpfte sein Hemd zu. »Geben Sie mir etwas gegen die Schmerzen, das reicht.«
»Nein, Herr Schneider, das reicht nicht«, widersprach Eric. Er sah seinen Patienten eindringlich an. »Alles deutet darauf hin, daß Sie eine sehr schwere Gastritis haben. Es wäre wirklich besser, der Sache auf den Grund zu gehen, da durchaus auch der Verdacht auf ein Magengeschwür besteht.« Oder etwas Schlimmeres, fügte er in Gedanken hinzu. Die Symptome, die ihm der Mann geschildert hatte, ließen die Sache alles andere als harmlos erscheinen.
Guido Schneider schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Doktor Baumann, ich sehe diese Kosten nicht ein.«
Eric zwang sich, nicht die Geduld zu verlieren. Vergeblich versuchte er, seinen Patienten davon zu überzeugen, wie wichtig eine gründliche Untersuchung im Krankenhaus war. Schließlich gab er auf. Er konnte Guido Schneider nicht zu dieser Untersuchung zwingen. So blieb ihm nichts weiter übrig, als dem