Leni Behrendt Classic 52 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Classic 52 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt Classic

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toten Herrn, und Hellersen schoß es durch den Sinn, wie schwer es sein würde, den treuen Gesellen von diesem Platz zu bekommen. Sein Blick ging wieder zu dem Toten hin, der so friedlich aussah.

      Lieber Onkel Leopold, dachte er traurig. Warum hast du mich nicht früher zu dir gerufen? Nun habe ich dich kennengelernt, um dich gleich wieder zu verlieren.

      Niedergedrückt schlich er leise durch das Zimmer, öffnete die Tür zur Halle – und schrak zurück. Vor ihm standen die Herren Glang, Melch und Wieloff und hinter ihnen Gestalten in Dienstkleidung, wohl das Schloßpersonal. Alle sahen sie mit atemloser Spannung zu ihm hin, und Swen mußte heftig schlucken, bevor er sprechen konnte. Und als er es endlich tat, klang seine Stimme dennoch heiser und gepreßt.

      »Mein Onkel ist tot. Eben jetzt verschieden.«

      Da senkten sich die Köpfe gottergeben, und hie und da wurde unterdrücktes Schluchzen laut.

      »Also doch«, sagte der Sanitätsrat traurig. »Wir haben es stündlich erwartet. Hat er wenigstens einen leichten Tod gehabt?«

      »Er schlief mir unter den Händen ein.«

      »Wie gut, daß Sie noch zur Zeit kamen, Herr Baron«, sagte der Arzt. Er betrat leise das Sterbezimmer, und die anderen folgten ihm.

      Hellersen blieb in der Halle zurück und ließ sich in den nächsten Sessel sinken. Seine Gedanken hasteten hinter der Stirn wie aufgescheuchte Vögel und kehrten doch immer wieder zu der Frage zurück: Warum hat man mich hierhergerufen?

      Diese Männer und Frauen, die jetzt im Sterbezimmer weilten und über den Tod des Schloßherrn so erschüttert waren, mußten dem Verstorbenen doch nahegestanden haben. Er jedoch war ihm ein Fremder. Und doch hatte Onkel Leopold so merkwürdig gut über ihn Bescheid gewußt. Immer rätselhafter erschien ihm das alles, immer verworrener und geheimnisvoller.

      Eben kehrten die Trauernden aus dem Sterbezimmer in die Halle zurück. Die Dienerschaft zog sich leise zurück, und die vier Herren beratschlagten, wo sie den Hund hinschaffen könnten. »Man müßte Harras zu dem Oberförster bringen«, sagte der Sekretär. »Dort kann er bleiben, bis hier alles vor­über ist. Aber er wird sich kaum dorthin führen lassen. Und fort muß er, weil er niemand an den Toten heranläßt.«

      »Man müßte ihn betäuben«, schlug der Baron vor, und dieser Vorschlag konnte in die Tat umgesetzt werden, da der Arzt ein geeignetes Betäubungsmittel in seiner Medikamententasche mit sich führte. Es gab nun noch ein schweres Stück Arbeit, bis man den betäubten Hund zur Oberförsterei schaffen konnte. So schwer es allen auch fiel, man mußte die Läufe fesseln und dem Tier einen Maulkorb umbinden, damit man es, wenn es aus der Betäubung erwachte, bändigen konnte. Erst als der treue Wächter entfernt war, konnte man den Toten hinlegen.

      Mittlerweile war es Abend geworden, und der Diener Christian bat die Herren zu Tisch. Man begab sich nach dem sogenannten kleinen Speisesaal, und Hellersen, der von den Erlebnissen des Tages halb betäubt war, konnte nicht verstehen, wie man jetzt an Essen denken konnte.

      In dem kleinen Speisesaal, der kaum den Namen verdiente, denn er erschien Swen riesengroß, stand in einem Erker ein runder Tisch mit Speisen bestellt.

      Vier Gedecke lagen darauf, und die drei Herren schienen hier ihre Stammplätze zu haben, denn sie traten hinter die Stühle und warteten, daß der Gast sich setzen solle. Der blickte zögernd auf den wuchtigen Lehnsessel, der noch frei war.

      »Bitte Platz zu nehmen, Herr Baron!« ermunterte der Justizrat und zeigte auf den Ehrensitz. »Hier hat immer unser lieber Freund Leopold gesessen.«

      Hellersen wollte erwidern, daß ihm der Platz gar nicht zukäme.

      Aber wozu? Auf mehr oder weniger ungeklärte Dinge kam es hier kaum an. Er mühte sich, etwas zu essen, ließ zwischendurch seine Blicke umherschweifen und war entzückt von der Vornehmheit, die im Saale herrschte.

      Zuletzt betrachtete er die Herren, die mit ihm speisten, verstohlen.

      Der Justizrat und der Sanitätsrat sahen sich merkwürdig ähnlich. Beide hatten untersetzte Gestalten, ausdrucksvolle Gesichter und kluge, scharfblickende Augen. Sie waren Swen sofort sympathisch, und doch gefiel ihm der Sekretär noch besser. Der Mann sah überraschend gut aus, vornehm, weltmännisch und elegant.

      Swen hob die Tafel auf, denn er hatte das Gefühl, daß man das von ihm erwartete, und wandte sich an den Justizrat: »Sie wissen sicherlich hier mit den Fahrgelegenheiten Bescheid, Herr Doktor. Darf ich also um freundliche Auskunft bitten? Ich möchte nämlich heute noch nach Hause zu­rück.«

      »Das wird leider nicht gehen, Herr Baron«, erwiderte der Anwalt höflich. »Nicht etwa, weil Sie um diese Abendstunde weder an Kleinbahn noch an Nebenbahn Anschluß haben. Das Auto könnte Sie ja nach Königsberg bringen – oder nach Lorren. Allein Sie können jetzt hier unmöglich fort.«

      »Ja, aber mein Himmel; was soll ich denn noch länger hier?« entfuhr es Hellersen unwillig. »Hier etwa herumsitzen? Das kann ich mir nicht leisten; ich stehe in fremden Diensten. Außerdem möchte ich mit den Erben, die ja bald hier erscheinen werden, nicht zusammentreffen. Ich habe allen Grund dazu.«

      »Das weiß ich alles, Herr Baron«, bestätigte der Justizrat und lächelte leicht, als Swen ihn verblüfft anstarrte. »Aber trotzdem können Sie hier nicht fort, wenigstens heute noch nicht. Ich habe so das Gefühl, daß Ihr Herr Onkel einige Stunden zu früh gestorben ist, daß er Ihnen nicht alles gesagt hat, was er Ihnen sagen wollte. Ich kann daher Ihren Unwillen nur zu gut begreifen. Bitte, Herr Baron, ich frage nicht aus Neugierde, aber ich möchte gerne wissen, was der Herr Onkel Ihnen alles gesagt hat.«

      »Eigentlich nichts von Bedeutung«, versetzte Hellersen kurz. »Er sprach von mir, meiner verstorbenen Frau, meiner Tochter und von meinen Eltern. Erwähnte seine Erben und starb mir dann unter den Händen weg.«

      »Dann möchte ich Sie bitten, mir zu folgen, Herr Baron«, forderte der Anwalt ihn auf, und Swen wurde nun wirklich neugierig, was er wieder erleben würde. Er ging jedoch gutwillig mit Glang, der ihn nach dem Zimmer des Verewigten führte. Der Justizrat schien hier merkwürdig gut Bescheid zu wissen, er kannte selbst das versteckt liegende Geheimfach des Schreibtisches, aus dem er einen schwerversiegelten Brief nahm und ihn Hellersen mit tiefer Verbeugung reichte.

      »Der Tote wird jetzt zu Ihnen weitersprechen, Herr Baron«, sagte er feierlich. »Sollte Ihnen manches unverständlich sein, fragen Sie mich. Ich war nicht nur der Anwalt Ihres Herrn Onkels, sondern auch sein Vertrauter und Freund. Daher kenne ich seine Angelegenheiten so gut wie meine eignen. Wenn Sie den Brief gelesen haben, dann rufen Sie mich, ich stehe zu Ihrer Verfügung.« Er verließ das Zimmer, und Swen sah ihm kopfschüttelnd nach.

      *

      In einem Königsberger Vorort wohnte die verwitwete Frau Elisa von Hellersen mit ihren vier Kindern Bolko, Gerswint, Edna und Elke. Als Kind wohlhabender Eltern geboren, hatte sie eine sorglose Kindheit und Jungmädchenzeit verlebt. Als sie dann Ewald von Hellersen heiratete, kam sie in noch bessere Verhältnisse. Daher hatte sie nicht die Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Rechnen zu müssen war ihr ein fremder Begriff. Ihre Kinder hatte Frau Elisa ganz in ihrem Sinne erzogen, und diese machten ihrer Erziehung auch alle Ehre. Waren schöne, gepflegte Menschenkinder, die selbstbewußt und hoffärtig ihren Weg gingen und sich einbildeten, vom Schicksal etwas Besonderes beanspruchen zu dürfen. Sie lebten alle bei ihrer Mutter, die auch noch nach dem Tode des Gatten ein großes Haus machte.

      Der siebenundzwanzigjährige Sohn, der das Landwirtschaftsfach studierte, war nicht energisch genug, um ernstlich vorwärts zu streben

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