Future History 2050. Thomas Harding
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Andere Länder folgten dem Vorbild der USA. Die Schweiz, Norwegen, Brasilien, Indien, China. Die Menschen nannten Zuchthäuser und Gefängnisse jetzt „mittelalterlich“ oder „sadistisch“ und fragten sich, wie sie – als eine zivilisierte Gesellschaft – so viele Menschen einfach wegschließen konnten. War persönliche Freiheit denn kein wesentliches Menschenrecht?
Bis 2035 hatte sich die Bevölkerung der Gefängnisse weltweit halbiert, und sie sollte sich im folgenden Jahrzehnt noch einmal halbieren. Das bedeutete mehr persönliche Freiheit für viele, aber auch – und das war die Voraussetzung dafür – mehr staatliche Kontrolle über uns alle. Überwachungskameras gab es nun an jeder Ecke, und das Monitoring unserer privaten Kommunikation war die Regel. Wie viele andere war ich erstaunt, wie schnell das System revolutioniert worden war. Und ich fand das sehr gut.
Aber – wichtige staatliche Maßnahmen wie diese können sehr wohl auch persönliche Auswirkungen haben, wie wir sehen werden.
Notiz Nr. 3
Noch nie vorher habe ich Großma Nancy von Quentin sprechen hören. Nie! Ich bin jetzt fast fünfzehn Jahre alt, und sie hat noch nie seinen Namen erwähnt. Jedenfalls nicht, wenn ich in der Nähe war.
Eine Träne rann von Großmas Wange herab, als sie von ihm sprach. Sie entschuldigte sich, und ich sagte, dass ich froh wäre, von meinem Onkel zu erfahren. Ich fände es aber etwas seltsam, weil ich nicht einmal wüsste, wie Quentin aussah.
Als ich später in meine Schlafkapsel steige, finde ich ein Foto von Quentin auf meinem Kopfkissen. Auf dem Bild ist er ein Teenager wie ich. Kurze Haare, Jeans und ein kariertes Hemd. Er guckt aufmerksam in die Kamera. Er strahlt Energie aus. Auf einmal wird er wirklich. Plötzlich spüre ich, wie seltsam es ist, dass meine Familie alle Erinnerungen an Quentin verdrängt hat.
Was Großma Nancy über den SHOCK erzählt hat, hat mich ganz verrückt gemacht. Wenn die Menschen doch wussten, was passieren würde, warum haben sie dann nichts unternommen, um es zu verhindern? Ich fange an, mich darüber aufzuregen. Und frage mich, wie das für Großma Nancy zu der Zeit war.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie es ist, in einem Gefängnis zu leben. Wie kann jemand damit einverstanden sein, dass jemand anderes weggeschlossen wird? Ich finde, das ist völlig falsch. Ich will checken, ob die Bibliothek irgendwelche alten Videos von Gefängnissen und Interviews mit Gefangenen hat.
Diese Unterhaltungen mit Großma Nancy sind interessanter, als ich es in meinen kühnsten Träumen zu hoffen gewagt habe. Ich bin gespannt, worum es in unserer nächsten Sitzung gehen wird.
2025
Sie hatte sich schon lange angekündigt, aber schließlich kam sie. Wovon ich rede? Von der Automatisierung natürlich.
Wir hatten gedacht, sie würde über Jahre langsam nach und nach kommen, sich sozusagen evolutionär ausbreiten. Aber nein, tatsächlich dauerte es nur 36 Monate, um die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir arbeiteten. Das Problem war anscheinend nicht die Technologie. Die gab es schon seit Langem. Es ging eigentlich nur darum, inwieweit die Menschen akzeptieren würden, dass Nicht-Menschen menschliche Arbeiten übernahmen. Die Chefs der großen Konzerne und die Politiker mussten sich zusammengesetzt, Umfragen studiert und beschlossen haben, dass wir bereit waren. Und dann regnete es die neuen Maschinen nicht nur; es war ein Wolkenbruch.
Als erste verschwanden die Apotheker. Kurz zuvor noch war ich in die Apotheke gegangen, um ein paar Pillen zu besorgen. Der Apotheker nahm mein Rezept, prüfte, ob alles seine Richtigkeit hatte, und fragte mich, ob ich verstanden habe, wie ich sie einnehmen soll. Beim nächsten Mal in der Apotheke redete ich mit einem Computer. Es war schneller, einfacher und zuverlässiger. Sobald die Verbraucher das akzeptiert hatten – und sie taten es bereitwillig, weil sich dadurch die Kosten über Nacht halbiert hatten –, waren die Schleusen geöffnet.
In den nächsten Monaten schon erlebten wir, wie Maschinen das Essen in Drive-Through-Restaurants aushändigten. Computer gaben Unterricht in Schulen und Universitäten (sehr zur Erleichterung der Schüler:innen und Studierenden, die jetzt ihre Ausbildung auf ihre Bedürfnisse und Interessen zugeschnitten bekamen). Taxis und Lastwagen, Züge und Busse waren auf einmal selbstfahrend. Arbeiter und Arbeiterinnen wie Putzfrauen und Möbelpacker, Hafenarbeiter und Sicherheitsleute, Bankkassiererinnen und Verkäuferinnen wurden nun von einer Armee von Androiden und allen möglichen anderen Robotern in vielen Formen, Farben und Größen ersetzt.
Und was geschah mit all den arbeitslos gewordenen Menschen? Die Mächtigen hatten offenbar schon lange darüber nachgedacht. Kurz bevor den Apotheken erlaubt wurde, künftig Maschinen zu nutzen, verkündete die Regierung, dass jeder Erwachsene das Recht auf eine Wohnung haben würde, auf freie Gesundheitsfürsorge und auf ein sogenanntes Anständiges Grundeinkommen (AGE).
Das AGE war deutlich höher als die alten Hartz-IV- oder Sozialfürsorge-Sätze. Jede Familie erhielt genug, um gut leben zu können. Sie konnte nicht nur das Lebensnotwendige kaufen, sondern sich auch ein wenig einfachen Luxus leisten.
Manche Menschen fragten sich, wie das AGE auf Dauer bezahlt werden könnte. Wo sollte das Geld denn herkommen? Würde das nicht die Wirtschaft zugrunderichten? Doch die Antwort war ganz einfach, wenn man darüber nachdachte. Da so gut wie alle Arbeit von Maschinen erledigt wurde, mussten fast keine Menschen dafür bezahlt werden. Eigentlich hätten die Dinge jetzt nichts mehr zu kosten brauchen. Sie waren ja einfach da, wie der Regen, der vom Himmel fällt. Doch die Menschen wussten noch sehr genau, was Kleider und Medizin und Busfahrten gekostet hatten, als dafür noch menschliche Arbeit gebraucht wurde. Und entsprechend setzte der Staat nun den gleichen Preis fest und nahm den größten Teil davon als Steuer ein. Das war der Reichtum, den der Staat an die Bürger verteilte.
Natürlich musste auch jemand für die Maschinen verantwortlich sein, die produzierten, was wir wollten und brauchten, und für ihre Produktion. Deshalb floss so viel Geld in die Taschen ihrer Besitzer, die jetzt begannen, sich Ethnarchen zu nennen.
Weil das ganze System nur funktionieren konnte, wenn es weltweit in Kraft war, musste es auch überall dieselbe Währung geben. Das Ende der nationalen Währungen war ein Nebeneffekt des AGE.
Ich weiß, heute klingt es verrückt, aber damals hatte fast jedes Land noch seine eigene Währung. Japan hatte den Yen, Kenia den Shilling, Russland den Rubel, Europa den Euro und das Vereinigte Königreich das Pfund. Doch das war jetzt nicht mehr sinnvoll. Wir bekamen eine neue Weltwährung, den sogenannten „Unified Global Dollar“. Diese Welt-Einheitsdollars werden heute, wie du weißt, einfach Globals genannt. Die Einheitswährung erleichterte den Handel zwischen den Ländern sehr. Geld musste nicht mehr an der Grenze getauscht werden. Alles war so viel einfacher geworden!
Und es gab noch eine tiefgreifende Veränderung. Heute zahlen wir ja alles mit unseren All-in-Ones. Doch als ich jünger war, kauften wir mit rechteckigen Papierstücken und kleinen Metallscheiben, sogenannten Münzen. Elektronisches Geld ist sehr viel einfacher zu handhaben. Es ist auch praktischer für die Ethnarchen, die jede