Circonia Teen. Nicolas Scheerbarth

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Circonia Teen - Nicolas Scheerbarth

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Leser. Circonia war ein Fantasy-Universum, in dem auf unzähligen Welten eine unerschöpfliche Zahl von intelligenten Rassen lebte, von denen die meisten neben den üblichen fünf Sinnen weitere, fantastische Fähigkeiten besaßen. Man reiste in riesigen Raumschiffen in wenigen Tagen quer durch die Galaxis, doch Kämpfe wurden - aus rituellen wie praktischen Gründen - oft mit antiken Waffen ausgetragen.

      So weit unterschied sich Circonia nicht von anderen, ähnlich gestrickten Reihen. Den Unterschied, so fand Valeria schnell und mit wachsender Faszination heraus, machten die Details. Zum einen erschienen ihr die Figuren hier lebendiger, differenzierter als in den Romanen, die sie früher gelesen hatte. Zum anderen waren die Geschichten mit einer gehörigen Portion Humor und Erotik gewürzt ... eine unwiderstehliche Mischung für eine Vierzehn- und Fünfzehnjährige, deren Sexualität in heftigen Schüben erwachte, die jedoch die rohe Schulhofaufklärung ihrer Altersgenossen verabscheute.

      Nach einigen Anfangsjahren als Geheimtipp hatte Circonia inzwischen Fans in aller Welt. Die Bücher wurden in sämtliche gängigen Verkehrssprachen übersetzt, es gab Internetforen, Fanclubs, Rollen- und Computer-Spiele, um noch tiefer in die Welt von Circonia einzutauchen. Und es gab in vielen Ländern einmal im Jahr einen CirCon - das Treffen der Circonia-Fans, mit Vorträgen, Tauschbörse, Autogrammstunden der Autoren, Live-Rollenspielen und ... natürlich ... einem großen Kostümwettbewerb.

      Seit Valeria von den CirCons wusste, war es ihr sehnlichster Wunsch, dorthin zu fahren. Zu ihrem sechzehnten Geburtstag hatte ihre Mutter endlich nachgegeben. In diesem Sommer würde sie zum ersten Mal den nationalen CirCon in Leipzig besuchen dürfen. Ein Busunternehmen bot für die Fans der Stadt eine günstige Fahrt an, und in Leipzig sollte Valeria bei der Familie einer Freundin aus dem Forum unterkommen, deren Eltern selbst ebenfalls Circonia-Fans waren. Hätte Valerias Mutter allerdings auch nur entfernt geahnt, welchen Plan ihre Tochter tatsächlich verfolgte, hätte sie Valeria vermutlich bis nach dem Termin eingesperrt und zur Sicherheit noch fest angebunden ...

      ***

      Vor rund einem Jahr etwa hatte der Verlag offenbar beschlossen, Circonia wieder etwas erotisch aufzupeppen. Elfen gab es schon lange in der Reihe, doch bisher hatten sie meist nur kurze Auftritte. Sie galten als geheimnisvolle Außenseiter mit geradezu unglaublichen Fähigkeiten, und ihr ständiger Einsatz hätte konsequenterweise die meisten Romanstories auf wenige Seiten reduziert: Ein Bösewicht heckt eine üble Tat aus. Die Guten kommen dahinter. Sie bitten einen Elf um Hilfe. Und fertig.

      Dann betrat Naked Elvin die Bühne. Sie musste aus nicht näher bekannten Gründen ihre Heimatwelt Jetago verlassen und schlug sich nun als Söldnerin und freischaffende Beschützerin der Schwachen durchs Leben. Sie war etwas über einen Meter sechzig groß ... acht "giist", wie es in Circonia hieß ... schlank, von golden und leicht grünlich schimmernder Hautfarbe, mit festen Muskeln, einer schmalen Hüfte und flachen, aber durchaus erkennbaren Brüsten, einem interessanten Gesicht mit hohen Wangenknochen, großen Augen, den typischen langen Spitzohren ihrer Art und einer blonden Wuschelmähne. Als Jetago-Elfe konnte sie ihre besonderen Fähigkeiten am besten ohne jede Kleidung einsetzen. Naked Elvin war also grundsätzlich nackt, und in keinem Roman fehlte es an anschaulichen Szenen, um die Fantasie der Leser auf diesen Aspekt hinzuweisen.

      Valeria war vom ersten Moment an fasziniert von Naked Elvin. Eine perfekte Kriegerin, die mit den Waffen ihres Geschlechts so gut kämpfte wie mit Stahl oder Strahl. Nach einigen Prinzessinnen, Hexen und Kämpferinnen glaubte Valeria, endlich die Figur gefunden zu haben, die ihrem sich entwickelnden Selbst perfekt entsprach. Naked Elvin war Einzelgängerin sogar unter ihresgleichen, und wenn sie in den Romanen die Menschenwelten betrat, war dies immer wieder Anlass zu Verwunderung und lustigen, manchmal sogar gefährlichen Irrtümern. Kurz, Valeria fiel es leicht, sich mit dieser Amazone zu identifizieren, und sobald eine neue Folge der Naked Elvin Geschichten erschien, war sie unansprechbar, bis sie das Buch mindestens zwei Mal vom ersten bis zum letzten Buchstaben verschlungen hatte.

      Naked Elvin kam wieder zu sich. Sie fand sich aufrecht stehend, mit gespreizten Beinen und ausgestreckten Armen, an Hand- und Fußgelenken durch Energieklammern gefesselt, gegen die ihr Körperfeld machtlos war. Sie war in Den Ring gebunden, und sie wusste, was das bedeutete. Holo hatte vor, sie dem Prostrogator zu überlassen, dem Elfenquirl, einem der wenigen Instrumente, eine Jetago-Elfe trotz Körperfeld sicher vom Leben zum Tode zu beförderten. Und einem der hässlichsten obendrein: Der Quirl hatte seinen Namen von der Mischung aus brutalem mechanischem Druck und Energiefeldern, die das Körperfeld überlasteten und dann den Körper des Elfs mit gemächlicher Grausamkeit zu Brei zermahlten.

      Doch so weit war es noch nicht. Kaum hatte sie durch ihr Blinzeln und Heben des Kopfs gezeigt, dass sie wieder bei Bewusstsein war, als vor ihr eine Holografie entstand. Holo in all seiner lächerlichen Pracht, mit dem Goldperlengewand eines Kochiku-Hochfürsten, der Glorienkrone und einem Paar Schmuckflügeln von überdimensionalem Format.

      "Hallo, meine Schöne!" begrüßte er sie. "Wie ich sehe, hast du dein Bewusstsein wiedererlangt. Das ist sehr erfreulich! Ich stehe ein wenig unter Zeitdruck, musst du wissen. Und es wäre zu schade, wenn ich diesen wunderbaren Körper zerstören müsste, bevor ich dir Gelegenheit gegeben hätte, deinen Tod etwas ... angenehmer zu gestalten."

      Die Umgebung war ihr unbekannt und so schlecht beleuchtet, dass sie außer einem grauen Metallboden keine Einzelheiten erkennen konnte. Es sprach jedoch einiges dafür, dass sie sich an Bord eines Schiffs in der Umlaufbahn befand. Und es roch nach Tod. Irgendwo vor ihr in der Dunkelheit verbarg sich der an einen Tunnelbohrer erinnernde Prostrogator. Im ersten Moment war sie versucht, einfach zu schweigen und Holo seine dürftigen Sprüchlein ohne jeden Kommentar abspulen zu lassen. Doch sie wollte Zeit gewinnen. Der beste Weg dazu war, Holo zu weiteren Tiraden zu provozieren. Seine Eitelkeit und Egomanie waren in diesem Moment ihre zuverlässigsten Verbündeten.

      "Gib dir keine Mühe, du Stehleuchte! Mein Tod wird angenehm genug bei dem Gedanken, welches Schicksal dich erwartet, wenn die Estra' dich in die Hände bekommen."

      "Wenn, ja, wenn! Nur wird dieser Tag nicht kommen. Oder hast du gedacht, ich hätte eure kleine Aufführung nicht durchschaut? Was denkst du, weshalb ich lediglich einige Horden Mocas gegen den Gahai-Turm geschickt habe? Inzwischen sind sie gewiss alle tot, doch das war uns von vornherein klar, oder nicht? Deine humanen Freunde waren jedenfalls beschäftigt, und ich wusste, dass du es nicht über dich bringen würdest, gemeinsam mit ihnen zu kämpfen. Nein, unsere tapfere Jetago-Elfe musste die große Fallenstellerin spielen und ist dabei leider selbst in die Falle getappt!"

      "Sei dir da mal nicht allzu sicher! Ist dir schon der Gedanke gekommen, dass ich nicht die Falltüre, sondern der Köder bin? Es wäre auch zuviel erwartet gewesen - dass du auf den Versuch verzichtest, mich zu fangen."

      "Für eine Elfe, die bereits im Ring steckt, führst du ja noch recht muntere Reden! Doch meinst du ernsthaft, du könntest mich damit beeindrucken? Selbst wenn es auch nur den Hauch einer Chance gäbe, dass ich dir ein Wort glaube - der Köder überlebt das Fischen nie, oder solltest du das vergessen haben? Du bist nur noch einen Knopfdruck vom Tode entfernt. Jetzt liegt es an dir. Gib mir den Befehlscode der Estra', öffne dein Feld und stirb schnell und ohne Schmerzen. Sonst ich müsste diesen wunderschönen Körper leider dem Prostrogator überlassen."

      Mit diesen Worten trat das Hologramm dicht an sie heran und ließ seine Hände über ihr Körperfeld gleiten. Sie spürte sie nicht, doch die Absicht der Erniedrigung war klar und hätte bei jedem anderen Jetago auch ihren Zweck erreicht. Trotz oder gerade wegen ihrer Nacktheit waren Jetago-Elfen 'unberührbar', und außer einem Intimpartner durfte es niemand wagen, das Tabu ungestraft zu brechen. Doch Holo vergaß, dass Naked Elvin schon lange nicht mehr auf Jetago lebte. Längst hatte sie sich an die Gewohnheiten der Humanen angepasst und empfand zumindest flüchtige oder versehentliche Berührungen ihres Körpers kaum noch als irritierend, geschweige denn als todeswürdige Verletzung ihrer Würde. Ungeachtet dessen wanderten die Hände weiter hinab,

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