Fürstenkrone 80 – Adelsroman. Gabriela Stein

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Fürstenkrone 80 – Adelsroman - Gabriela Stein Fürstenkrone

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erleichtert dachte Gloria, dass sich damit das Vordringen in dieses Reich der Unantastbarkeit erledigt hatte. War dieses geschlossene Tor nicht ein Zeichen, die Vergangenheit ruhen zu lassen?

      Nachdenklich stand sie da und blickte durch das filigrane Gitterwerk auf die makellose Schlossanlage. Und doch hätte sie ihn gern einmal gesehen, ihren leiblichen Vater.

      Als die vornehme Stille durch das Geräusch eines Rasenmähers aufgehoben wurde, füllte sich die verträumte Schönheit der Anlage mit Normalität. Nach einer Weile sah sie ihn, den Rasentraktor – und wie er gleichförmig seine Bahn auf einer der beiden Grünflächen zog. Es war eine Art Aufsitzmäher. Der Mann, der darauf saß, schien ganz auf seine Arbeit fixiert.

      Als er zum dritten Mal Glorias Blickrichtung kreuzte, hielt er das Fahrzeug jedoch an und kam mit langen Schritten auf sie zu. Auf eine junge Frau in weißen Jeans und farbiger Bluse.

      Etwas Zielstrebiges, Energisches ging von ihm aus. Gloria war sich nicht sicher, ob sie eine höfliche Anrede zu erwarten hatte oder eine barsche Zurechtweisung, dass ungebetene Besucher hier nichts zu suchen hätten.

      »Kann ich helfen?«, fragte er knapp, als er heran war.

      Andeutungsweise lüftete er dabei seinen verwitterten Allwetterhut, der aussah, als hätte er schon wiederholt alle Klimazonen dieser Welt bereist. Aber auch seine khakifarbene Kleidung trug diesen Stempel erdverbundenen Wirkens.

      Der Mann aber, der in dieser Kleidung steckte, kam schlank und voll drahtiger Energie daher. Ganz und gar unkonventionell wirkend, strahlte er eine gewisse Direktheit aus. Das schmale Gesicht im Schatten des breitkrempigen Huts war von harter Kantigkeit. Die größte Wirkung aber ging von seinen Augen aus. Ein heller, beobachtender Blick.

      Gloria de Vries musste unwillkürlich an ungezügelte Präriereiter denken, welche körpergestählt mit ihren Pferden verwachsen zu sein schienen – dabei von verwegener Unerschrockenheit, die ledernen Gesichter geprägt von Hitze und Staub, von Anstrengung und Schweiß.

      Aber wieso vermittelte ausgerechnet ein Gärtner auf dem zivilisierten Schloss Thornbach solch einen Eindruck?

      Den Blick hell auf sie gerichtet, auf ihre makellose Gepflegtheit und städtische Schönheit, öffnete er jetzt das Tor, welches zwar geschlossen – aber nicht verschlossen gewesen war.

      Und während er hindurchtrat, groß und verschwitzt, wandte sich Gloria halb dem Plakat zu und sagte:

      »Ich sehe, die Ausstellung ist bereits zu Ende gegangen …«

      Ein unsicheres Lächeln galt ihm, die Stimme seltsam matt und das schlechte Gewissen pochend wie ein Uhrwerk. Sah man ihr an, dass etwas ganz anderes sie herführte als die Ausstellung ›Prähistorischer Kunst im Kontinentvergleich‹?

      Er nahm ihre Feststellung hin, das Bedauern, welches sie enthielt. Einen gewissen Zweifel drückte dann allerdings seine höfliche Nachfrage aus:

      »Sie interessieren sich für vorgeschichtliche Forschungen?«, wünsch­te er zu wissen, dabei in unverfälschter Natürlichkeit den Hut lüftend und sich mit der großen Hand über die Stirn fahrend.

      Gloria registrierte dunkelblondes Haar, eine hohe Stirn und erste Lebenslinien, welche von Anstrengungen sprachen.

      »Ja«, sagte sie karg und befürchtete eine vertiefende Nachfrage, die aber nicht kam.

      Nun ja, weshalb sollte ein Gärtner sie derart befragen? Aber kam doch noch das Interesse an ihrer fachlichen Qualifikation:

      »Sie sind Archäologin?«, wollte er wissen, ihren unsicheren Blick festhaltend.

      »Nein, Kunsthistorikerin.«

      »In welchem Bereich arbeiten Sie?« Sein Interesse hielt an.

      »Ich bin Kunsthändlerin in Hamburg.«

      Er hob die Brauen. »Und in dem Zusammenhang interessieren Sie sich für die Urgeschichte menschlicher Existenz?«

      »Entschuldigen Sie – aber was spricht dagegen?«

      »Nun, ich denke, eine heutige Kunsthändlerin hat mit der Primitiv-Kultur aus den Anfängen der Menschheit gar nichts mehr zu tun.«

      »Was heißen soll, ich darf mich auch nicht dafür interessieren?« Gloria schnappte nach Luft. »Hängen Sie die Wissenschaft nicht ein bisschen zu hoch? Schließlich haben wir alle auf diese urgeschichtlichen Anfänge aufgebaut.«

      Er lachte. Ja, er lachte tatsächlich – und sein aufregend hageres Gesicht gewann überraschend an Charme.

      Dann aber sagte er: »Sie sind nicht der Typ. Sie haben die Kultur heutiger Zeit schon zu sehr verinnerlicht, um die Anfänge vorgeschichtlicher Zeit noch genug bestaunen zu können.«

      Gloria begann sich jetzt wirklich zu ärgern, bevor sie zurückschlug: »Sie, als Gärtner, müssen es ja wissen.« Damit wandte sie sich ab, um zu ihrem Wagen zurückzugehen. Hinter sich hörte sie ein amüsiertes Lachen.

      »Kommen Sie«, lenkte er ein, »ich zeige Ihnen die Ausstellung – oder vielmehr das, was noch nicht für den Transport verpackt ist. Das Ziel der nächsten Präsentation ist Berlin.« Er stand da, die Hand einladend ausgestreckt und faszinierend in seiner ganzen eindrucksvollen Männlichkeit.

      Und Gloria folgte ihm. Mit klopfendem Herzen betrat sie das Schlossgelände. Ließ sich über die Zufahrt führen, dabei immer das prachtvolle Gebäude vor Augen, dessen abgehobene Schönheit und unantastbare Erhabenheit.

      Das Schloss ihres Vaters!

      »Was ist der Fürst für ein Mensch?«, fragte sie aus ihren Empfindungen heraus – und erntete einen erstaunten Blick ihres Begleiters.

      »Interessiert Sie nun die älteste Periode der Menschheitsgeschichte – oder aber deren heutiger Stand?« Ironie schwang in seiner Gegenfrage mit.

      »Entschuldigen Sie meine Neugier, aber der Gedanke stellt sich ganz automatisch ein, wenn man solch ein Anwesen betritt.« Ihre Stimme klang unsicher, beklommen und seltsam unglücklich.

      Er schien ihre Befangenheit herauszuhören, denn er raffte sich schließlich zu einem burschikos hingeworfenen: »Der Fürst ist okay« auf, bevor er am Ende des linken Seitenflügels eine Tür öffnete. Auf ihr klebte das gleiche Plakat wie draußen neben dem Tor.

      Eine Reihe hoher, saalartiger Räume gliederte den Schlossflügel auf. Zwischen aufgestellten Vitrinen, Tischen und Stellwänden häufte sich überall Verpackungsmaterial. Ja, hier befand sich etwas in Auflösung. »Das Ziel der nächsten Präsentation ist Berlin«, hatte er gesagt.

      Ihr Begleiter bewegte sich selbstbewusst in diesem Durcheinander. Er gab Anweisungen an die Packer, prüfte den Inhalt der Kisten und deren zeitliche Zusammenfassung.

      Erklärend wandte er sich ihr zu: »Die Ausstellung setzt sich aus Leihgaben verschiedenster Museen zusammen, um ein möglichst aussagekräftiges Bild über die menschliche Vorgeschichte zu bekommen. Steinzeit, Bronze- und Eisenzeit zeigen die fortschreitenden Entwicklungsstufen von Homo erectus bis Homo sapiens, von ersten Steinwerkzeugen bis zur Höhlenmalerei.«

      Gloria ließ sich von seiner Begeisterung anstecken, von der Bewunderung und Achtung, mit denen er diese urzeitlichen Belege menschlicher Existenz handhabte.

      Und

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