Vor Dem Fall. L. G. Castillo

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Vor Dem Fall - L. G. Castillo Gefallener Engel

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sie blieb einen Moment lang reglos stehen. Sie sah Raphael an und dann hinab auf Jeremiel, bevor sie seinen Gruß erwiderte.

      »Luzifer«, sagte sie.

      Er trat an Jeremies Bett. »Du bist das Ebenbild deines Vaters.« Er zerwuschelte dem Jungen das Haar.

      »Kommst morgen mit uns zum Fischen?«, fragte Jeremiel und rieb sich mit dem Handrücken die Augen.

      Luzifer drehte sich zu Raphael um und hob eine Braue. »Ich glaube nicht.«

      Jeremiel wurden die Lider schwer. »Du kannst mitkommen. Kann er doch – oder, Vater?«

      Rebecca warf Raphael einen Blick zu, aber bevor er etwas sagen konnte, warf Luzifer ein: »Diesmal nicht. Ich habe andere Pläne.«

      Jeremiel runzelte die Stirn und seine Lider senkten sich. »Kann ich mit euch aufbleiben?«

      »Nein, Jeremiel«, erklärte Rebecca. »Es ist Schlafenszeit für dich. Außerdem hast du morgen einen großen Tag mit deinem Vater vor dir. Du willst doch nicht, dass er dich zurücklassen muss, wenn er aufbricht, oder? Jeremiel?«

      Er stieß ein leises Schnarchen aus.

      Sie lächelte und küsste ihn auf die Stirn.

      »Er ist endlich eingeschlafen.« Sie erhob sich vom Bett und trat mit Bedacht um Luzifer herum, der immer noch auf Jeremiel hinabblickte. »Euer Abendessen ist gleich fertig.«

      Als sie aus dem Raum eilte, hielt Raphael sie am Arm fest.

      »Geht es dir gut?«, fragte er und suchte ihren Blick.

      »Natürlich«, entgegnete sie. Ihre haselnussbraunen Augen nahmen einen sanften Ausdruck an, als sie eine Hand an seine Wange legte. »Bitte genieß den Besuch deines Freundes.«

      Als sie das Zimmer verlassen hatte, wandte sich Luzifer mit leiser Stimme an Raphael. »Hat er Gaben?«

      Raphael sah kurz in die Richtung, in der Rebecca verschwunden war, trat ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. »Luzifer, ich habe dir schon zuvor erklärt, dass das nicht zur Diskussion steht.«

      »Sicher hast du dich auch schon gefragt, ob dein Sohn dieselben Gaben besitzt wie wir.« Luzifer setzte sich auf die Bettkante. Seine schlanken Finger strichen über Jeremiels Gesicht. »Er hat das Aussehen eines Engels.«

      »Seine Gaben sind mir nicht wichtig.«

      »Das sollten sie aber.«

      »Ich sehe nicht ein, weshalb.«

      »Denk nur daran, was es bedeuten würde, wenn er welche hätte. Halb Mensch, halb Engel. Er könnte ein Gott unter den Menschen sein.«

      Raphaels Nasenflügel weiteten sich. »Ich werde meinen Sohn dazu erziehen, alle als seinesgleichen zu achten.«

      »Du bist ein Narr, Raphael. Wenn dein Sohn die Gaben der Engel hat, bedeutet das, dass andere Nachkommen von dir sie auch haben können. Stell dir das mal vor. Mit deinen Söhnen an deiner Seite könntest du ein Heer aufstellen, das unbesiegbar wäre.«

      Raphael knirschte mit den Zähnen. »Du vergisst dich, Luzifer.«

      »Vergib mir. Ich meinte, kein menschliches Heer. Wenn du dir wegen der anderen Erzengel Sorgen machst – darüber musst du dir keine Gedanken machen. Sie hätten schon längst etwas unternommen.«

      »Im Himmel ist erst wenig Zeit verstrichen – erst Tage, seitdem wir fortgegangen sind. Du weißt, dass die Zeit dort langsamer verstreicht.«

      »Ja, ja.« Luzifer winkte ab. »Wenn unser Verschwinden ein Problem wäre, hätte Michael in dem Moment etwas dagegen unternommen, in dem wir ohne seine Erlaubnis fortgegangen sind. Und selbst jetzt, wo Uriel durch die Gegend zieht und, wie es scheint, die Hälfte der weiblichen Bevölkerung der Erde schwängert, würde man eigentlich mit einem Eingreifen irgendeiner Art rechnen.«

      Rachels Gesicht blitzte in Raphaels Gedanken auf. Er fühlte einen Schmerz in der Brust, als vor ihm das Bild aufstieg, wie sie von der Brücke aus nach Uriel Ausschau hielt. Uriel war selbstsüchtig und verdiente ihre Liebe nicht. Dann wiederum – er war es auch.

      »Diese Frauen und ihre Kinder, sind sie – ?« Raphael konnte nicht leugnen, dass er neugierig war. Jeremiel war noch klein, aber an ihm zeigten sich bereits die Gaben, die auch Engel besaßen. Er war stärker als andere Kinder seines Alters, größer, schneller – und bei der Geschwindigkeit, mit der er wuchs, würde er noch vor seinem zehnten Lebensjahr in der Lage sein, es mit der Kraft erwachsener Männer aufzunehmen.

      »Alles Mädchen. Nutzlos.« Luzifer spuckte aus. »Sie alle sind wenige Stunden nach ihrer Geburt gestorben, und ihre Mütter mit ihnen.«

      »Sie sind bei der Geburt gestorben?« Er dachte an Rebecca und daran, wie sie sich bei der Geburt verausgabt hatte. Er hatte sich gesorgt, dass sie es nicht überleben würde.

      »Es war ein Akt der Gnade. Die Frauen wären wegen einer Geburt außerhalb der Ehe gesteinigt worden.«

      »Und was ist mit Uriel? Wie konnte er weiterhin all diesen Frauen beiliegen in dem Wissen, dass sie bei der Geburt seiner Kinder sterben würden?«

      »Er hat nicht einmal gewusst, dass sie mit seinen Kindern schwanger waren. Unwissender Narr. Er war fort, bevor überhaupt die Sonne über ihren Betten aufging. Uriel schuldet mir viel, denn ich habe die Sauereien, die er zurückgelassen hat, beseitigt. Sobald eine Familie erfährt, dass ihre Tochter unverheiratet ein Kind empfangen hat, wird sie verstoßen. Ich habe ihnen eine Unterkunft bis zur Geburt ihres Kindes verschafft.«

      »Wieso? Weshalb solltest du so etwas tun?« Raphael sah ihn misstrauisch an. Luzifer hatte immer deutlich gezeigt, wie sehr er auf die Menschen herabsah.

      Luzifer winkte bei seiner Frage ab. »Sagen wir, ich habe Uriel einen Gefallen getan. Nun, wo war ich stehen geblieben… Ah ja, dein Sohn und seine Engelsgaben.«

      »Ich habe nicht gesagt, dass er welche hat.«

      »Ich kann in deinem Gesicht gut lesen, mein alter Freund. Du solltest stolz sein. Stell dir vor: Mit mehr Söhnen könntest du über die Welt herrschen.«

      »Ich bin nicht hierhergekommen, weil ich Söhne zeugen wollte. Ich betrachte das, was ich habe, als einen Segen. Ich will nur mit meiner Familie in Frieden leben. Der Traum vom Herrschen ist deiner, nicht meiner. Ich werde damit nichts zu tun haben.«

      Luzifer schüttelte den Kopf. »Nach all dieser Zeit betrachtest du die Menschen immer noch als uns gleichgestellt.«

      »Ja. Das ist etwas, was ich immer glauben werde.«

      Luzifer lachte. »Mein lieber Raphael, eines Tages wirst du den Fehler in deinem Denken erkennen. Du wirst einsehen, dass wir dazu bestimmt sind, über die Menschen zu herrschen. Nicht heute, aber eines Tages wirst du es. Jetzt lass uns essen. Ich bin am Verhungern.«

      Nach der Mahlzeit und lange, nachdem Luzifer sie verlassen hatte, schloss Raphael Rebecca in seine Arme, als sie auf dem Dach lagen und zu den Sternen aufsahen.

      »Du hast heute Abend nicht viel gesagt«, begann er.

      Einen Moment lang versteifte sich ihr Körper. Dann entspannte sie sich. »Nicht weniger als sonst auch. Ich wollte dein Gespräch

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