Vor Dem Fall. L. G. Castillo

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Vor Dem Fall - L. G. Castillo Gefallener Engel

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irgendeinem Grund musste er an Luzifer denken, als er das sagte. Er schüttelte den Gedanken ab.

      Raguel hörte auf, mit den Flügeln zu schlagen.

      »Was ist los?«

      »Nichts«, sagte sie.

      Er ging um sie herum und legte ihr von hinten die Hände auf die Schultern. »Es ist leichter, wenn du stillstehst. Jetzt streck deine Schultern durch und dreh die Schulterblätter nach innen, so, als ob du wolltest, dass sie einander berühren.«

      »So?« Ihre kleiner Busen schob sich vor, als sie die Schultern nach hinten zog.

      »Ja. Sehr gut. Spann deinen Rücken ein wenig an und deine Flügel sollten – «

      Mit einem lauten Rauschen stolperte sie nach vorn. Ihre Flügel klappten in ihren Körper.

      »Autsch! Tut das immer so weh?«

      Er lachte leise und streckte die Hand aus, um ihr auf die Beine zu helfen. »Du hast dich ein bisschen zu sehr verspannt. Mit ein wenig Übung wirst du dich daran gewöhnen.«

      »Du sagst das, als wäre das hier nicht das letzte Mal, dass ich menschliche Gestalt annehmen muss.«

      Vielleicht müssen wir das öfter, als wir denken, dachte er.

      »Was kommt als nächstes?«

      »Konzentriere dich auf den Kern deines Wesens. Genau hier.« Er legte zwei Finger auf die Mitte ihres Unterbauchs. »Jetzt drück nach außen, als ob du versuchen wolltest, meine Finger von deinem Körper wegzustoßen.«

      »So… whoa! Da ist was Matschiges unter meinen Füßen.« Sie hob einen Fuß und starrte auf den Boden.

      »Das ist Sand.«

      »Fühlt sich alles Land so an?«, fragte sie, stellte ihren Fuß wieder auf den Boden und wackelte mit den Zehen.

      »Nein, nur der Sand«, antwortete er und ging in Richtung der Zelte. »Komm. Dein erster Kontakt mit Menschen ist etwas, das du nie vergessen wirst.«

      3

      Als sie sich der Ansammlung von Zelten näherten, fiel Raphael eine junge Frau ins Auge, die sich damit abmühte, einen großen Topf über ein Feuer zu stellen. Ein kleiner Junge mit dichtem, dunklen Haar hing an ihrem Bein und erschwerte ihr die Arbeit. Sie trug ein langes Gewand, das zwar sauber war, aber kleine Risse aufwies, die eigentlich geflickt werden mussten. Sie trug einen Schleier, den sie um ihren Hals und über die untere Hälfte ihres Gesichts geschlungen hatte. Lebhafte braune Augen lugten über dem Schleier hervor. Als sie sich bewegte, rutschen die Ärmel ihres Gewandes nach oben und enthüllten die Geschwüre auf ihren Armen.

      »Warte, ich helfe dir«, sagte Raphael und eilte zu ihr, um ihr zu helfen.

      »Danke, guter Mann.«

      »Du kannst mich Raphael nennen«, sagte er und stellte den Topf über das Feuer.

      »Ich bin Miriam. Bitte glaub nicht, dass ich für deine Hilfe nicht dankbar wäre, aber du musst sofort von hier weg.« Sie sah ihn und Raguel an. »Wisst ihr nicht, was das für ein Ort ist?«

      Raphael warf einen Blick auf den kleinen Jungen. »Doch, das wissen wir. Wir sind hier, um euch zu helfen und euch Trost zu spenden.«

      »Welchen Trost könnt ihr schon spenden? Man wird euch auch ausstoßen wie uns andere, wenn die Menschen von Ai euch hier sehen.«

      »Wir bringen euch die Botschaft, Seine Botschaft, dass ihr geliebt werdet und nicht verlassen seid.«

      Miriam sah ihn traurig an. »Das ist schwer zu glauben, wenn alle sich von uns abwenden und es keine Rolle spielt, dass wir nichts Böses getan haben.« Sie schlang die Arme um ihren Sohn.

      Raphael streckte die Hand aus. Bei seiner Berührung keuchte sie auf. Ein Ausdruck des Friedens breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Alle sind Seine Kinder. Hab Vertrauen.«

      »Danke«, flüsterte sie.

      »Und wer ist der stramme junge Mann, der sich an dich klammert?« Raphael lächelte dem kleinen Jungen zu. Große braune Augen lugten hinter Miriams Rock hervor.

      »Das ist mein Sohn, Ethan.«

      Rapahel hockte sich hin, so dass er sich auf einer Augenhöhe mit dem Jungen befand. »Hallo, Ethan.«

      Ethan versteckte sein Gesicht erneut hinter dem Rock seiner Mutter.

      »Ethan!«, rief die Frau aufgebracht. »Vergib meinem Sohn. Er ist sonst nicht so. Erst seitdem uns befohlen wurde, die Stadt zu verlassen, ist er Fremden gegenüber ängstlich.«

      Raphael nickte. Bevor er und Raguel den Himmel verlassen hatten, hatte Michael ihnen gezeigt, wie die Kranken aus ihren Häusern getrieben und zu den Toren der Stadt hinausgejagt wurden.

      »Meine Begleiterin und ich haben gehört, was geschehen ist. Wir sind für kurze Zeit hier, um euch alle Hilfe zu bringen, die wir geben können. Gibt es etwas, das wir für dich tun können?«

      Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ja, das gibt es. Ich kann das Getreide schneller mahlen, wenn Ethan mir nicht am Rockzipfel hängt.«

      »Ich glaube, ich kann einen Weg finden, ihn zu beschäftigen«, erwiderte er. Er sah hinab auf die Geschwüre an den Armen des Jungen. Er fragte sich, wo Ethans Vater war. Aber er fragte nicht laut danach. Er vermutete, dass der Vater seine Frau und seinen eigenen Sohn verstoßen hatte. Wie konnte jemand ein Mitglied seiner Familie verstoßen?

      »Ethan, möchtest du eine Geschichte hören?« Er streckte dem Jungen seine Hand entgegen. »Es ist die Geschichte von einem Jungen, der von einem freundlichen, gutaussehenden Fremden geheilt wurde.«

      Es war Raphael nur aufgetragen worden, den Ausgestoßenen Trost zu spenden. Es war schwer, die Menschen leiden zu sehen und nicht die Erlaubnis zu haben, sie zu heilen.

      Ethan lugte vorsichtig hinter dem Rock seiner Mutter hervor. Seine Augen waren von dichten Wimpern umrahmt. Er blickte auf Raphaels ausgestreckte Hand. Dann sah er zu seiner Mutter auf.

      »Na, geh schon. Ich bin gleich da drüben.« Sie deute auf zwei Mahlsteine in der Nähe. »Und wenn du brav bist, kannst du nachher beim Essen ein paar Datteln haben.«

      Ethans Augen leuchteten auf. »Ja, Mutter.« Dann ergriff er Raphaels Hand.

      »Danke«, wandte sich Miriam an Raphael und eilte zu den Steinen hinüber. »Ich werde nicht lange brauchen.«

      »Raphael«, flüsterte Raguel, als sie zusah, wie die Frau sich über die Steine kauerte und einen von ihnen auf dem anderen bewegte. Sie rieb ihn vor und zurück erhielt so eine Art Pulver. »Was macht sie da?«

      »Sie mahlt das Korn zu Mehl.« Raphael führte Ethan zur Vorderseite eines kleinen Zeltes. »Ist das eures?«, fragte er den Jungen.

      Ethan nickte.

      Raphael ließ sich nieder und zog den Jungen auf seinen Schoß. Er berührte den Arm des Jungen und zuckte zusammen beim Anblick der rundlichen Hände, die von der Krankheit gezeichnet waren. Der arme Junge. Jemand, der so schön und so unschuldig war wie dieser Kleine sollte nicht mit einem solchen Gebrechen leben müssen.

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