Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann. Franziska Steinhauer

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Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann - Franziska Steinhauer

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Theo klang ziemlich aufgeregt. War offensichtlich von diesem Weg aus der elterlichen Fürsorge begeistert.

      »Welche Art Arbeit soll das sein?«, staunte Ludwig. Überlegte kurz und meinte dann überzeugt: »Eine legale sicher nicht! So viel Geld zu verdienen, dass es drei Leute ernährt und den Betrieb rettet, das kann doch nicht gehen! Wie kommst du überhaupt auf so eine Idee?«

      »Ach, naja. Heute in Hannover. Da habe ich einen auf dem Bahnhofsklo getroffen. Der hat mich angesprochen und gesagt, ich sähe aus wie ein aufgeweckter Kerl. Und falls ich auf der Suche nach einer guten Anstellung sei, wäre er bereit, mir zu helfen. Kein Problem für ihn. Und junge Männer, intelligent und gut gebaut, fänden in der Stadt immer eine gut bezahlte Arbeitsmöglichkeit.«

      »Hm«, murrte Ludwig. »Klingt nicht seriös. Der wollte gar nichts von dir wissen? Schule, Ausbildung und solche Dinge?«

      »Nein. Er hat nur gesagt, er würde für mich was finden.«

      »Hast du ihn gefragt, um was für eine Art Stellung es sich handelt?«

      »Auch nicht. Aber der war von der Polizei, verstehst du? Ich habe seinen Ausweis gesehen. Solche Leute überreden dich nicht zu was Ungesetzlichem!«

      »Vielleicht nicht«, räumte der andere ein. »Hatte der Herr von der Polizei auch einen Namen? Der muss doch auf dem Ausweis gestanden haben.«

      »Den auf diesem Ding habe ich so schnell nicht lesen können«, gab Theo zurück, »aber sein Name war Fritz oder so ähnlich. Er versicherte mir, wenn ich ihn ernsthaft suchte, würden mir die jungen Leute am Bahnhof schon den Weg zu seiner Wohnung weisen.«

      »Ehrlich gesagt glaube ich, dass dich jemand aufs Kreuz legen will. Niemand hat in diesen Zeiten Geld zu verschenken.« Hätte Ludwig um die Nachrichten der kommenden Tage gewusst, seine Warnung wäre viel entschiedener ausgefallen. Doch er wollte nicht altklug, rechthaberisch oder überheblich und selbstgerecht wirken. Daher beließ er es bei dieser allgemeinen Belehrung, die bei Theo ohnehin nicht gut ankommen wollte.

      Wortlos rollte sich der Freund wieder in die Decke ein. Sein regelmäßiges tiefes Atmen zeigte, dass er wenig später eingeschlafen war.

      Zum nackten Entsetzen Ludwigs war Theo beim Aufwachen verschwunden!

      Decke, Gepäck, Rad – als wäre Theo nie hier gewesen. Einzig der Anhänger stand noch an seinem Platz neben dem Baum.

      Kopflos und verzweifelt suchte Ludwig in der Nähe des Zelts, lief zur Leine, rief, suchte unter jedem Busch. Kein Theo.

      Was ist nun zu tun, überlegte er, soll ich die Polizei verständigen? Seine Eltern antelegrafieren? Doch was, wenn Theo nur für die letzten zwei Tage seine Ruhe haben wollte?

      Noch einmal kehrte er an den Baum zurück, an dem sie die Räder abgestellt hatten.

      Der Platz, an dem das zweite gestanden hatte, war völlig nass vom Regen.

      »Dann bist du wohl aufgebrochen, kaum, dass ich eingenickt war, hast nur so getan, als schliefest du schon fest.«

      Und wenig später: »Ich Vollidiot. Warum habe ich mir nichts dabei gedacht? Das Zelt war so aufgeräumt. Ich dachte, er ordnet schon alles für den Heimweg. Nein! Er hatte, was er brauchen würde, in den Tornister und die große Tasche gesteckt. Mensch, Theo! Wie um Himmels willen erkläre ich deinen Eltern, dass ich dich ›verloren‹ habe? Warum bringst du mich in eine derartige Situation?«

      Ludwig setzte sich auf einen Stein, barg das Gesicht in beiden Händen. Konnte nicht fassen, dass der Freund wirklich so egoistisch gehandelt hatte.

      »Vielleicht kenne ich dich doch nicht mehr so gut, wie ich angenommen habe. Du magst dich in den letzten Jahren verändert haben und hast es bis jetzt vor mir verborgen.«

      Eine winzige Hoffnung blieb. Noch zwei Tage bis zur Heimfahrt. Am Ende würde Theo am Bahnsteig auf ihn warten, als sei nichts geschehen!

      »Verdammt, Theo!«, fluchte Ludwig. »Was soll ich denn jetzt tun?«

      14. Kapitel

      1924 im Mai Julius und Margarethe

      »Julius! So kann das doch nicht weitergehen!«

      Der Angesprochene wandte den Kopf zur Seite, als könne er so dem Schwall fordernder Worte einfach ausweichen.

      Es misslang.

      Seine Frau baute sich direkt vor ihm auf, fing seine Augen ein, klebte die ihren darauf fest und meinte kühl: »Nun glaubst du tatsächlich noch immer, du könntest mal eben abtauchen, was?« Der drohende Unterton war unüberhörbar. »Ich kann es einfach nicht fassen! In all den Ehejahren hast du nicht kapiert, dass dieser Trick bei mir nicht funktioniert.«

      »Also«, seufzte der Gatte geschlagen, »was kann so nicht weitergehen?«

      »Dieser Krach! Hörst du das denn nicht?«

      »Nun, schon. Aber es ist nicht zu ändern. Geht ja so, seit er eingezogen ist. Und beschwert haben wir uns, sogar mehrfach. Der hat immer irgendeine Erklärung. Mal muss er Schuhe besohlen, mal Möbel zusammenbauen.«

      »Wenn man sich nicht gutstellen müsste mit dem Kerl! Wenn ich mich zu deutlich beschwere, verkauft er uns kein Fleisch mehr!«, lamentierte die Ehefrau.

      »Dann wirst du wohl den Lärm ertragen müssen, Margarethe«, stellte Julius lakonisch fest. »Aufregen ist sinnlos. Er interessiert sich nicht für die Nachbarn. War schon in der Celler Straße so. Da haben sie sich auch beschwert – und genützt hat es nichts.«

      Die stattliche Frau baute sich gefährlich vor dem im Vergleich zu ihr zarten und kleinen Mann auf, die Augen zu Sehschlitzen verengt, funkelte sie ihn böse an.

      »Was hast du denn mit denen von der Celler Straße zu schaffen? Hä?«

      Julius wurde bleich. Begann zu zittern. »Gar nichts!«, beteuerte er schließlich. »Gar nichts!«

      »Und woher weißt du das dann?«

      »Ist doch nur, weil der Linderer auch …«

      »Aha?«, schnarrte sie entrüstet.

      »Klatsch und Tratsch eben. Jeder weiß was zu erzählen. Manch einer auch über den Haarmann. Und seinen sauberen Freund.«

      »Wenn du weiter Fleisch auf deinem Teller haben willst, pass besser auf, mit wem du da am Quatschen dran bist. Der Haarmann arbeitet für das Polizeipräsidium!« Dabei setzte sie ein Miene auf, die zwischen Hochnäsigkeit und Schlauheit angesiedelt sein sollte – am Ende aber nur dümmlich wirkte.

      »Ach? Dann ist das alles nicht wahr, was die Leute so sagen?« Der Gatte machte eine kurze Denkpause. »Nee!«, murrte er dann. »Kann ja nicht alles erfunden sein! Dass der ständig Jungvolk bei sich zu wohnen hat, wissen wir ja auch! Junge gut aussehende Männer! Manchmal gleich mehrere.«

      »Jaha! Ich habe ihn gefragt. Das sind entsprungene Fürsorgezöglinge. Die nimmt er für eine Nacht oder zwei bei sich auf, bevor die wieder zurückgeschickt werden. Sollen die Jungs vielleicht im Gefängnis wohnen, bei den Dieben und Mördern? Den Huren und Räubern? Nee, das wär doch nichts Gutes für so jungsche Männer. Kommen sie nur auf komische Gedanken.

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