Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift

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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift

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einem kleinen und verhaßten Tiere, das wir töten wollen, zu tun pflegen. Allein mein guter Stern wollte diesmal, daß der Riese an meiner Stimme und meiner Bewegung Gefallen fand; er betrachtete mich mit Aufmerksamkeit und schien erstaunt, daß ich in artikulierten Tönen sprach, obgleich er kein Wort von dem, was ich sagte, verstehen konnte. Mittlerweile konnte ich es nicht unterlassen, zu seufzen und zu weinen und meinen Kopf, so weit wie möglich, nach beiden Seiten zu drehen. Dadurch wollte ich ihm nämlich andeuten, der Druck seiner Finger mache mir furchtbare Schmerzen. Er schien meine Andeutung zu verstehen und steckte mich sanft in seine Tasche. Hierauf lief er sogleich zu seinem Herrn, einem wohlgenährten Pächter, derselben Person, die ich zuerst auf dem Felde gesehen hatte.

      Der Pächter schien sich von seinem Knecht einen Bericht über mich geben zu lassen. Dann nahm er das Ende eines Strohhalmes, von der Größe eines Spazierstocks, und hob damit meine Rockschöße in die Höhe; er schien nämlich zu glauben, mein Rock sei eine Art Haut, die mir die Natur verliehen habe. Hierauf blies er meine Haare seitwärts, um mein Gesicht besser betrachten zu können. Darauf rief er seine übrigen Leute herbei und fragte sie, wie ich nachher erfuhr, ob sie sonst noch so ein kleines Geschöpf, wie ich sei, auf dem Boden hätten laufen sehen. Hierauf legte er mich auf den Boden, und zwar auf alle viere; ich stand jedoch sogleich auf und ging langsam vorwärts und rückwärts, um diesen Riesen anzudeuten, ich wolle durchaus nicht davonlaufen. Alle setzten sich nieder, indem sie mich in einem Kreis umringten, um meine Bewegungen besser beobachten zu können; ich nahm meinen Hut ab und machte dem Pächter eine sehr tiefe Verbeugung. Ich fiel auf die Knie, erhob meine Hände und Augen und sprach mehrere Wort so laut wie möglich; dann nahm ich eine Geldbörse aus der Tasche und reichte sie ihm demütig dar. Er nahm sie auf die Handfläche, hielt sie dicht vor die Augen, um zu sehen, was es sei, und drehte sie dann mehreremal mit der Spitze einer Nadel um, die er aus seinem Ärmel nahm; er konnte aber die Bedeutung meiner Börse nicht begreifen. Darauf gab ich ihm durch ein Zeichen zu verstehen, er möge seine Hand auf den Boden legen; dann nahm ich meine Börse und schüttete mein Geld auf seine Hand. Es bestand aus vier spanischen Quadrupeln und zwanzig bis dreißig kleineren Münzen. Ich sah, wie er die Spitze seines kleinen Fingers auf der Zunge naß machte, um eines meiner größten Geldstücke aufzunehmen; er schien jedoch nicht zu wissen, was dies sein könnte. Dann gab ich ihm ein Zeichen, ich wollte das Geld wieder in meine Börse und die Börse in meine Tasche stecken; ich hielt es nämlich für das beste, mein Geld zu behalten, nachdem ich es ihm mehreremal angeboten hatte.

      Mittlerweile hatte der Pächter sich davon überzeugt, daß ich ein vernünftiges Geschöpf sein müsse. Er redete mich mehreremal an, allein der Schall seiner Stimme durchdrang meine Ohren wie das Klappern einer Wassermühle, obgleich die Töne artikuliert waren. Ich antwortete so laut wie möglich in mehreren Sprachen, und er hielt sein Ohr oft nur zwei Ellen von meinem Munde entfernt; alles war jedoch vergeblich; wir konnten einander in keiner Weise verstehen. Hierauf sandte er seine Knechte an die Arbeit, zog sein Schnupftuch aus der Tasche, breitete es doppelt auf seiner linken Hand aus, legte diese auf den Boden, die innere Fläche nach oben gekehrt, und gab mir ein Zeichen, hinaufzusteigen. Dies war mir nicht schwer, denn die Dicke der Hand betrug nicht mehr als einen Fuß. Ich hielt es für meine Pflicht zu gehorchen und legte mich, um nicht zu fallen, der Länge nach auf sein Schnupftuch hin, dessen Zipfel er der größeren Sicherheit wegen über meinem Haupte zusammenband, worauf er mich so nach Hause trug. Dort rief er seine Frau herbei und zeigte mich; sie aber schrie auf und lief in derselben Art fort, wie es die Weiber in England beim Anblick einer Spinne oder Kröte zu tun pflegen. Als sie jedoch mein Benehmen einige Zeit beobachtet hatte und wie genau ich die Zeichen ihres Gatten beobachtete, wurde sie bald wieder ausgesöhnt und sogar außerordentlich zärtlich gegen mich.

      Es war ungefähr zwölf Uhr mittags, und ein Diener trug das Essen auf. Es bestand ausschließlich aus einem nahrhaften Fleischgericht, wie es sich für den einfachen Stand und die Beschäftigung eines Bauern ziemt; die Schüssel aber hatte vierundzwanzig Fuß im Durchmesser. Die Gesellschaft bestand aus dem Pächter, seiner Frau, drei Kindern und einer alten Großmutter. Als diese sich sämtlich um den Tisch gesetzt hatten, der ungefähr dreißig Fuß hoch war, stellte mich der Pächter in einiger Entfernung von sich selbst darauf. Ich zitterte aus Furcht und hielt mich, aus Besorgnis herabzufallen, so weit wie möglich von dem Rande des Tisches entfernt. Die Frau des Pächters zerschnitt ein kleines Stück Fleisch, zerkrümelte etwas Brot auf einem hölzernen Teller und stellte diesen vor mich hin. Ich machte ihr eine tiefe Verbeugung, zog Messer und Gabel aus der Tasche und begann zu essen, worüber sich alle außerordentlich freuten. Die Herrin ließ ein kleines Likörglas, das ungefähr vier Maß enthalten konnte, durch eine Magd holen und füllte es mit Getränk. Mit einiger Schwierigkeit hob ich das Glas mit beiden Händen, trank auf die Gesundheit Ihrer Gnaden mit der höflichsten Verbeugung, indem ich, so laut es mir möglich war, die Worte auf englisch ausrief: Hierüber aber lachte die Gesellschaft so herzlich, daß ich durch den Lärm beinahe taub geworden wäre. Das Getränk schmeckte wie dünner Zider, aber durchaus nicht unangenehm. Hierauf gab mir der Herr ein Zeichen, ich möchte an seinen Teller hintreten; als ich nun auf dem Tische umherging (und die ganze Zeit hindurch war ich, wie der nachsichtige Leser wohl vermuten und entschuldigen wird, in höchster Aufregung), stolperte ich zufällig über eine Brotkruste und fiel flach auf mein Gesicht, jedoch ohne mich zu beschädigen. Sogleich stand ich wieder auf; da ich nun bemerkte, daß die guten Leute meinetwegen sehr besorgt waren, schwenkte ich meinen Hut, den ich der Höflichkeit gemäß unter dem Arme hielt, mehreremal über meinen Kopf und rief ein dreimaliges Hurra, um zu zeigen, daß ich durch meinen Fall keinen Schaden erlitten habe. Als ich jedoch auf meinen Herrn zuging (so werde ich ihn in Zukunft immer nennen), ergriff sein jüngster Sohn, ein mutwilliger Knabe von ungefähr zehn Jahren, mich bei den Beinen und hielt mich so hoch in die Luft empor, daß ich an allen Gliedern zitterte; sein Vater aber riß mich aus seiner Hand und gab ihm zugleich einen so heftigen Schlag auf das linke Ohr, wie er eine Schwadron europäischer Kavallerie zu Boden geworfen haben würde. Dann befahl er dem Knaben, vom Tische aufzustehen. Ich aber besorgte, der Knabe werde Groll gegen mich hegen, und erinnerte mich, wie ungezogene Kinder bei uns sich gegen Sperlinge, Kaninchen, junge Hunde und Katzen benehmen. Deshalb fiel ich auf die Knie, zeigte auf den Knaben und gab meinem Herrn so gut wie möglich zu verstehen, ich wünsche, er möge seinem Sohn verzeihen. Der Vater erfüllte meinen Wunsch, der Knabe setzte sich wieder an den Tisch, worauf ich auf ihn zuging und ihm die Hand küßte, die mein Herr ergriff und mich sanft damit streichelte.

      Während des Essens sprang die Lieblingskatze meiner Herrin ihr auf den Schoß. Ich hörte hinter mir ein solches Schnurren, wie es bei uns einige Dutzend Strumpfwirker zu erregen pflegen, und bemerkte bald, daß dieses vom Spinnen jenes Tieres entstand, das dreimal größer als ein Ochse zu sein schien, wie ich nach dem Aussehen seines Kopfes und seiner Pfote berechnete, während die Herrin es fütterte und streichelte. Die Wildheit, die im Gesicht der Katze lag, brachte mich außer Fassung, obgleich ich am anderen Ende des Tisches, fünfzig Fuß von ihr entfernt, stand, und obgleich meine Herrin sie in Besorgnis festhielt, das Tier könnte plötzlich vorspringen und mich mit seinen Pfoten erschlagen. Es war jedoch durchaus keine Gefahr vorhanden; denn die Katze nahm von mir nicht die geringste Notiz, als mich mein Herr in der Entfernung von drei Ellen vor ihr niedersetzte. Da ich nun immer gehört und auf meinen Reisen auch bemerkt hatte, daß Flucht oder Furcht vor einem wilden Tiere dieses stets zur Verfolgung oder zum Angriff reizt, so beschloß ich, in dieser Gefahr vollkommene Gleichgültigkeit zu zeigen. Unerschrocken ging ich fünf- bis sechsmal vor dem Kopfe der Katze auf und nieder und kam bis auf eine halbe Elle in ihre Nähe, worauf sie sich zurückzog, als sei sie vor mir erschrocken. Vor den Hunden, fürchtete ich mich weniger, als drei oder vier in das Zimmer kamen, wie dies in Pächtershäusern gewöhnlich ist; einer davon war eine Dogge, so groß wie vier Elefanten, und ein anderer war ein Windhund, etwas größer als die Dogge, allein nicht von derselben Stärke.

      Als das Mittagessen beinahe vorüber war, trat eine Amme mit einem einjährigen Kinde herein, das mich sogleich bemerkte und dann so stark zu schreien begann, daß man dies von der Londonbrücke bis nach Chelsea, also mehr als eine halbe Stunde weit, hätte hören können. Es wollte mich nämlich nach gewöhnlicher Kinderart als Spielzeug haben. Die Mutter war zu nachgiebig, ergriff mich und reichte mich dem Kinde, das mich sogleich in den Mund steckte. Ich aber

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