Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift

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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift

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uns gegenseitig verständlich zu machen suchten, bemerkte ich, daß eine Kuh vorbeiging; ich zeigte auf diese und drückte meinen Wunsch aus, sie melken zu dürfen. Dies hatte die richtige Wirkung. Das Pferd führte mich ins Haus zurück und befahl einer Stute-Magd, mir ein Zimmer zu öffnen, wo ein ziemlicher Vorrat von Milch in irdenen und hölzernen Gefäßen reinlich und ordentlich verwahrt war. Die Magd gab mir hierauf eine große Schale voll Milch, die ich mit großem Appetit trank und wodurch ich sehr erfrischt wurde.

      Gegen Mittag sah ich eine Art Fuhrwerk, einem Schlitten ähnlich, das von vier Yähus gezogen wurde, vor dem Hause anlangen; darin befand sich ein altes Pferd, das eine Person von Stande zu sein schien. Es stieg mit den Hinterfüßen herunter, da es unglücklicherweise am linken Vorderfuße verletzt worden war. Es wollte mit unserem Pferde zu Mittag speisen und wurde von diesem mit großer Höflichkeit empfangen. Man speiste im besten Zimmer und erhielt Hafer in Milch gekocht als zweiten Gang der Tafel. Das alte Pferd aß diese Speise warm, die übrigen kalt. Die Tröge wurden im Kreise aufgestellt und in mehrere Abteilungen geschieden. Die Pferde saßen dabei mit ihren Hinterschenkeln auf Strohbündeln. In der Mitte befand sich eine große Krippe mit Winkeln, die jeder Abteilung der Tröge entsprachen, so daß jedes Pferd sein ihm bestimmtes Heu nebst dem Gemisch von Milch und Hafer sehr anständig und ordnungsgemäß aß. Das Benehmen der männlichen und weiblichen Füllen war sehr bescheiden und das des Herrn und seiner Gemahlin außerordentlich heiter und gefällig gegen den Gast. Der Braune befahl mir, mich an seine Seite zu stellen; er und sein Freund hielten über mich eine lange Unterredung, wie ich aus den Blicken des Fremden und aus der häufigen Wiederholung des Wortes Yähu bemerken konnte.

      Ich trug zufällig meine Handschuhe. Als dies der Braune, das Herr-Pferd, bemerkte, schien er sehr erstaunt und gab mir durch Zeichen seine Verwunderung zu verstehen, was ich mit meinen Händen angefangen habe; er legte seinen Huf drei- oder viermal darauf, als wolle er mir andeuten, ich solle ihnen die frühere Form wiedergeben. Das tat ich auch; denn ich zog sogleich meine Handschuhe aus und steckte sie in die Tasche. Dies veranlaßte ein ferneres Gespräch, und ich sah, daß die Gesellschaft mit meinem Betragen zufrieden war. Auch bemerkte ich bald die guten Folgen. Mir wurde befohlen, die wenigen Worte, die ich verstand, auszusprechen. Während die Gesellschaft bei Tische saß, lehrte mich der Herr die Namen für Hafer, Milch, Feuer, Wasser und einige andere Gegenstände, diese konnte ich ihm sehr bald nachsprechen, da ich von früher Jugend an viel Gewandtheit im Erlernen fremder Sprachen besessen habe.

      Als das Mittagessen vorbei war, nahm das Herr-Pferd mich beiseite und gab mir durch Zeichen und Worte zu verstehen, es tue ihm sehr leid, daß ich nichts zu essen habe. Hafer wird in der Sprache der Hauyhnhnms Hlunnh genannt. Obgleich ich diese Speise zuerst zurückgewiesen hatte, so fiel mir doch gleich darauf ein, ich könne daraus eine Art Brot herstellen, das nebst der Milch genügen würde, mich am Leben zu erhalten, bis ich in ein anderes Land und zu Geschöpfen meines eigenen Geschlechts fliehen könnte. Das Pferd befahl sogleich einer weißen Magd-Stute aus seiner Familie, mir eine Masse Hafer in einer Art hölzernen Mulde zu bringen. Dieses Getreide erhitzte ich so gut wie möglich am Feuer, bis die Hülsen absprangen, worauf ich diese vom Korn zu sichten suchte; letzteres mahlte und zerquetschte ich zwischen zwei Steinen, vermischte es mit Wasser und machte daraus einen Teig oder Kuchen, den ich am Feuer röstete und warm mit Milch aß. Anfänglich schien mir dies eine sehr unschmackhafte Speise, obgleich sie in vielen Teilen Europas üblich ist; sie wurde mir aber mit der Zeit erträglich, und da ich schon oft in meinem früheren Leben zu magerer Kost genötigt war, so bemerkte ich hier nicht zum erstenmal, wie leicht man die Natur befriedigen kann. Auch muß ich erwähnen, daß ich mich nie auch nur eine Stunde lang unwohl befunden habe, solange ich auf der Insel blieb. Allerdings bemühte ich mich, Kaninchen oder Vögel mit Schlingen aus Yähuhaar zu fangen; oft auch sammelte ich gesunde Kräuter, die ich kochte oder als Salat zum Brote aß. Bisweilen machte ich mir ein wenig Butter und trank die Molken; auch war mir der Mangel an Salz sehr empfindlich, allein die Gewohnheit söhnte mich bald mit dieser Entbehrung aus. Ich habe jetzt die Überzeugung, der häufige Gebrauch von Salz sei bei uns eine Folge des Luxus und sei zuerst als ein Reizmittel zum Trinken eingeführt worden, mit Ausnahme des Falles, wenn es dazu dient, das Fleisch auf langen Reisen oder in den Orten, die von großen Märkten entfernt liegen, vor Fäulnis zu bewahren. Wir wissen ja, daß kein Tier, außer dem Menschen, das Salz liebt, und was mich betrifft, so hat es mich viel Mühe gekostet, den Geschmack des Salzes in irgendeiner Speise zu ertragen, nachdem ich das Land der Hauyhnhnms verlassen hatte.

      Dies genüge, um meine Lebensart in bezug auf das Essen darzustellen, womit andere Reisende ihre Bücher füllen, als sei den Lesern daran gelegen, ob wir gut oder schlecht essen. Es war jedoch notwendig, den Gegenstand zu erwähnen, sonst würde die Welt es für unmöglich halten, daß ich drei Jahre lang in solch einem Lande und unter solchen Einwohnern meine Nahrung fand.

      Gegen Abend befahl das Herr-Pferd, mir einen Raum zur Wohnung einzurichten. Dieser war nur sechs Ellen vom Hause entfernt und von dem Stall der Yähus getrennt. Hier bekam ich etwas Stroh; ich deckte mich mit meinen Kleidern zu und hatte einen gesunden Schlaf. In kurzer Zeit hatte ich mich auch besser an meine Lage gewöhnt, wie der Leser später erfahren wird, wenn ich über meine Lebensart eingehender sprechen werde.

      Drittes Kapitel

      Der Verfasser versucht die Sprache der Hauyhnhnms zu erlernen; sein Herr ist ihm dabei behilflich. Beschreibung der Sprache. Mehrere Hauyhnhnms von Stande kommen aus Neugier, den Verfasser zu sehen. Er gibt seinem Herrn einen kurzen Bericht von seiner Reise.

      Meine hauptsächlichste Bemühung war die Erlernung der Sprache, worin mich mein Herr (von nun an werde ich ihn so nennen), dessen Kinder und das Gesinde des Hauses unterrichteten. Sie betrachteten es nämlich als ein Wunder, daß ein vernünftiges Tier so viel Spuren eines vernünftigen Geschöpfes offenbare. Ich zeigte auf jedes Ding, fragte nach dem Namen, zeichnete diesen in meinem Tagebuche auf, wenn ich allein war, und verbesserte dadurch meine Aussprache, daß ich die Mitglieder der Familie ersuchte, mir öfter die Worte vorzusprechen. Bei dieser Beschäftigung war mir der fuchsrote Klepper, einer der untern Bedienten, im höchsten Grade nützlich.

      Die Hauyhnhnms sprechen hauptsächlich durch die Nase und Kehle. Ihre Sprache kommt von allen europäischen, die ich kenne, dem Hochdeutschen am nächsten, sie ist aber bei weitem zierlicher und ausdrucksvoller. Kaiser Karl V. machte dieselbe Bemerkung, indem er sagte, wenn er je zu einem Pferde spreche, so geschehe dies auf hochdeutsch.

      Die Neugier und Ungeduld meines Herrn war so groß, daß er oft seine Mußestunden damit zubrachte, mich zu unterrichten. Er war überzeugt (wie er mir nachher sagte), ich sei ein Yähu; indes meine Gelehrigkeit, Höflichkeit und Reinlichkeit setzten ihn in Erstaunen; jene Eigenschaften waren nämlich denen der Yähus durchaus entgegengesetzt. Er war sehr im Zweifel in bezug auf meine Kleider und dachte öfter bei sich, sie müßten ein Teil meines Leibes sein; ich legte sie nämlich nie ab, als bis die Familie eingeschlafen war, und zog sie wieder an, bevor des Morgens jemand eintrat. Mein Herr war begierig, zu erfahren, woher ich käme, wie ich mir diesen Anschein der Vernunft erworben habe, die ich in allen meinen Handlungen zeige; ferner wünschte er auch meine Geschichte aus meinem eigenen Munde zu hören; er hoffte, ich würde bei den großen Fortschritten, die ich in Erlernung der Worte und Sätze mache, bald imstande sein, ihm diese zu erzählen. Um mein Gedächtnis zu unterstützen, schrieb ich alles, was ich erlernt hatte, in englischen Buchstaben nieder und fügte bei den Worten die Übersetzung hinzu. Es kostete viel Mühe, ihm auseinanderzusetzen, was ich vorhabe, denn die Hauyhnhnms haben nicht den geringsten Begriff von Büchern und Literatur.

      Nach ungefähr zehn Wochen war ich imstande, die meisten seiner Fragen zu verstehen; nach drei Monaten konnte ich ihm erträgliche Antworten geben. Er war außerordentlich neugierig, zu erfahren, aus welchem Teile des Landes ich gekommen sei und wie ich gelernt habe, vernünftige Geschöpfe nachzuahmen, weil die Yähus (denen ich in Gesicht, Kopf und Händen gleiche, den allein sichtbaren Teilen) die ungelehrigsten aller Tiere seien, obgleich sie einen deutlichen Eindruck von Verschlagenheit machten und die stärkste Neigung zur Bosheit zeigten. Ich erwiderte,

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