Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten. Jonathan Swift

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Inselabenteuer. Von Schatzsuchern und Gestrandeten - Jonathan Swift

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mit der gehörigen Genauigkeit beobachtet.

      Hier unterbrach mich mein Herr mit den Worten: »Wie schade, daß Personen, die nach deiner Beschreibung der Rechtsgelehrten notwendig so wunderbare Geistesfähigkeiten besitzen müssen, nicht lieber angestellt werden, um andere in Weisheit und Kenntnissen zu unterrichten!« Ich erwiderte, mit Ausnahme ihres eigenen Geschäfts seien sie die unwissendsten, dümmsten Bewohner meines Vaterlandes, im gewöhnlichen Gespräch durchaus verächtlich, erklärte Feinde aller Wissenschaft und Gelehrsamkeit, überall geneigt, den gesunden Verstand auf den Kopf zu stellen und jeden Gegenstand, worüber man spreche, in derselben Weise wie in ihrem Geschäft zu verdrehen.

      12 Der spanische Erbfolgekrieg unter Königin Anna.

      13 Der Leser wird leicht bemerken, daß Swift seine Erzählung in die Zeit vor dem Utrechter Frieden verlegt.

      14 Nach dem englischen Recht gilt keine Verjährung in bezug auf das Grundeigentum. Ein Besitztitel ist ungültig, sobald sich irgendein Fehler in der Urkunde findet, und wird er auch erst nach Jahrhunderten entdeckt.

      Sechstes Kapitel

      Die Beschreibung des Zustandes von England unter der Königin Anna wird fortgesetzt. Der Charakter eines Premierministers an europäischen Höfen.

      Mein Herr konnte durchaus nicht begreifen, aus welchen Gründen dieses Geschlecht von Rechtsgelehrten sich solche Verdrießlichkeit, Unruhe und Zänkerei unter ihrer eigenen Gilde errege und sich zu einem Bunde, der Ungerechtigkeit bezwecke, vereinige, und zwar ausschließlich, um den Nebentieren Unrecht zuzufügen; auch konnte er den Sinn meiner Worte nicht verstehen, als ich sagte, sie täten dies, gemietet für ein Honorar. Es machte mir somit viel Mühe, ihm den Gebrauch des Geldes und die Stoffe, woraus es verfertigt wird, zu beschreiben. Ich sagte: Habe ein Yähu genügenden Vorrat an dieser kostbaren Substanz, so sei er imstande, sich alles anzuschaffen, was er zu besitzen wünsche: die schönsten Kleider, die prächtigsten Häuser, große Landstrecken, kostbare Speisen und Getränke; er könne unter den schönsten Frauen wählen. Da nun das Geld allein imstande sei, alle diese Wünsche zu befriedigen, so glaubten unsere Yähus, sie könnten nie genug haben, um es auszugeben oder zu sparen, je nachdem sie durch ihren natürlichen Charakter Neigung zur Verschwendung oder zum Geize besäßen. Der Reiche genieße die Früchte von der Arbeit des Armen, und die Zahl der Reichen verhielte sich zu der der Armen wie eins zu tausend. Die Masse unseres Volkes werde gezwungen, jeden Tag um geringen Lohn zu arbeiten, damit wenige im Überfluß leben könnten.

      Ich sprach weitläufig über diese und manche andere hierhergehörigen Gegenstände, mein Herr konnte mich aber durchaus nicht verstehen, denn er ging von der Ansicht aus, daß alle Tiere Anteil an den Produkten der Erde besäßen, besonders aber die herrschenden. Deshalb bat er mich, ihm zu sagen, worin jene kostbaren Speisen beständen und weshalb denn irgend jemand ihrer bedürfe. Hierauf zählte ich ihm alle Gerichte auf, die mir gerade einfielen, sowie auch die Arten ihrer Zubereitung. Letzteres könne nicht geschehen, ohne daß Schiffe nach verschiedenen Teilen der See ausgesendet würden, um Flüssigkeiten sowohl zum Getränk als zu Soßen und unzähligen anderen Delikatessen herbeizuholen. Ich gab ihm die Versicherung, der ganze Erdkreis müsse dreimal umschifft werden, bevor ein vornehmer weiblicher Yähu ein Frühstück oder ein Geschirr zu demselben bekommen könne. Mein Herr antwortete, mein Vaterland müsse ein sehr elendes sein, da es seinen Einwohnern keine Nahrung verschaffen könne. Am meisten aber erstaunte er über den Umstand, daß die ungeheuren von mir erwähnten Landstriche gänzlich ohne frisches Wasser wären und daß unser Volk über die See schicken müsse, um Getränk herbeizuholen. Ich erwiderte, England, mein teueres Vaterland, bringe ungefähr das Dreifache an Früchten mehr hervor, als seine Einwohner verzehren könnten, sowie auch Flüssigkeiten, die man aus Korn sowie aus Früchten gewisser Bäume herstelle; so bereite man ein vortreffliches Getränk. Dasselbe gelte auch für alle anderen Bequemlichkeiten des Lebens.

      Um jedoch die Unmäßigkeit und den Luxus unserer männlichen und die Eitelkeit unserer weiblichen Einwohner zu befriedigen, schickten wir den größten Teil unserer Erzeugnisse in andere Länder und erhielten dafür Materialien für Krankheiten, Laster und Torheit zum Verbrauche. Daraus ergebe sich als notwendige Folge, daß ein großer Teil unseres Volkes gezwungen werde, seinen Lebensunterhalt durch Betteln, Rauben, Stehlen, Betrügen, Kuppeln, Schmeicheln, Verführen, Falschschwören, Fälschen, Spielen, Lügen, Kriechen, Bramarbasieren, Skribeln, Prophezeien, Vergiften, Buhlen, Schwatzen, Klatschen, durch Freidenkerei und andere Beschäftigungen zu erlangen. Es war jedoch viele Mühe erforderlich, einen jeden dieser Ausdrücke meinem Herrn verständlich zu machen.

      Wein, fuhr ich fort, wurde aus fremden Ländern bei uns eingeführt, nicht um den Mangel an Wasser oder anderen Getränken zu ersetzen, sondern weil dieser aus einer Flüssigkeit besteht, die uns munter macht, indem sie uns den Verstand nimmt, alle melancholischen Gedanken zerstreut, wilde und ausschweifende Ideen im Hirn erzeugt, unsere Hoffnung erhöht und unsere Furcht bannt, jede Wirkung der Vernunft auf einige Zeit unterbricht und uns an dem Gebrauch unserer Glieder verhindert, bis wir in einen tiefen Schlummer fallen. Wir erwachen jedoch jedesmal krank und entmutigt, und der Gebrauch dieses Getränkes erweckt bei uns Krankheiten, die unser Leben unangenehm machen und verkürzen.

      Außerdem ernährt sich die Volksmasse durch das Mittel, daß sie die Bequemlichkeiten des Lebens den Reicheren liefert und sich gegenseitig damit versorgt. Zum Beispiel, wenn ich zu Hause bin und mich nach meinem Stande kleide, so trage ich an meinem Leibe die Arbeit von hundert Handwerkern. Der Bau und die Möblierung meines Hauses erfordern dieselbe Anzahl; die fünffache Zahl ist jedoch notwendig, um meine Frau zu schmücken.

      Dann erzählte ich von einer anderen Art Leute, die sich ihren Lebensunterhalt dadurch erwerben, daß sie sich mit den Kranken abgeben. Vorher hatte ich nämlich meinem Herrn schon gesagt, ein großer Teil meiner Matrosen sei an Krankheit gestorben. Hier konnte ich ihm jedoch nur mit größter Schwierigkeit meine Worte verständlich machen. Er hatte den Begriff, ein Hauyhnhnm könne wenige Tage vor seinem Tode alt und schwach werden oder durch irgendeinen Zufall sich ein Glied verletzen; er hielt es aber für unmöglich, daß die Natur, die doch bei allen Dingen Vollkommenes hervorbringt, es leiden sollte, daß Krankheiten sich in unseren Körpern erzeugen. Er wünschte deshalb die Ursache von diesem unnatürlichen Übel zu erfahren.

      Ich sagte ihm, wir nährten uns von tausend Dingen, die einander entgegenwirkten; wir äßen, ohne hungrig zu sein, und tränken, ohne Durst zu fühlen. Wir wachten oft in Nächten und genössen starke Getränke, ohne etwas zu essen; dies erwecke Trägheit, entzünde unsere Körper und beschleunige oder verhindere die Verdauung. Verdorbene weibliche Yähus bekämen eine gewisse Krankheit, die Fäulnis der Knochen bei denjenigen bewirke, die sich mit ihnen abgäben; diese Krankheit sowie manche andere gingen vom Vater auf den Sohn über.

      Somit kommen, fuhr ich fort, viele Yähus auf die Welt mit komplizierten Krankheiten; ich kann hier unmöglich den ganzen Katalog menschlicher Krankheiten anführen, denn diese bestehen aus fünf- bis sechshundert, die sich auf jedes Glied und Gelenk verteilen; kurz jeder innere und äußere Teil hat sein eigentümliches Übel. Um diesem abzuhelfen, wurde bei uns eine gewisse Menschenklasse, in dem Geschäft oder zu dem Vorwande, die Kranken zu heilen, aufgezogen.

      Weil ich in diesem Geschäfte einige Geschicklichkeit besitze, kann ich Euer Gnaden das ganze Geheimnis und die Methode darlegen, nach der die Leute zu verfahren pflegen.

      Ihr Hauptgrundsatz besteht darin, daß alle Krankheiten in Überfüllung bestehen. Daraus schließen sie, eine große Ausleerung des Körpers sei notwendig, entweder aus dem natürlichen Kanale oder aus dem Munde. Ihr zweites Geschäft besteht darin, daß sie aus Kräutern, Mineralien, Gummi, Ölen, Wurzeln, Salzen, Pflanzensäften,

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