Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland
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„Dann bin ich ja gut beschäftigt, Chefin.“
„Denke ich auch, vor allem eine Dobbbertinfreie Tätigkeit.“
Tine schluckte.
Annika Stierle wunderte sich, als sich Lene selbst zum Kaffee einlud, versprach aber, ihren leicht zerstreuten Göttergatten notfalls gewaltsam an den Kaffeetisch zu schleifen.
„Yoghurt-Kirschtorte mit Anissahne?“
„Mit Vergnügen, Annika.“
Fünftes Kapitel
Harald Stierle versuchte gar nicht erst, den Harmlosen zu spielen:
„Natürlich möchte Yvonne Dubois endlich herausbekommen, was damals zu der Stillen Migration geführt hat. Du weißt, welche Probleme die hohe Geburtenrate vielen afrikanischen Staaten bereitet?“
„Natürlich.“
„Yvonne hat bei ihren Recherchen nach Ende der großen Dürre festgestellt, dass in manchen Regionen die Geburtenrate signifikant gesunken ist, aus denen besonders viele Menschen aus bis jetzt unerklärlichen Gründen abgewandert sind.“
„Als Folge der Dürre?“
„Das hat sicher eine Rolle gespielt. Aber welche?“ Stierle musterte Lene amüsiert: „Vergiss die auf der Hand liegenden Gründe, regionale Seuchen und Epidemien, Kriege, Unwetter und dergleichen. Das hat Yvonne schon vor Jahren immer wieder geprüft. Aber sie hat erst vor Kurzem erfahren, dass ihre Recherchereise nach der großen Dürre vom französischen Außenministerium finanziert und bei den lokalen Behörden der Sahelstaaten organisiert worden ist, wahrscheinlich, damit sie als harmlose Doktorandin ahnungslos etwas untersuchte, woran die Pariser Politik zwar höchst interessiert war, das aber nicht zugeben wollte.“
„Ohne es ihr mitzuteilen?“
„Natürlich, Yvonnes Ahnungslosigkeit war doch die beste Tarnung, die sich Paris ausdenken konnte.“
„Und? Bist du dahintergekommen, was die französische Politik auf diesem Wege erfahren wollte?“
„Nein, noch nicht. Das wird, wenn überhaupt, auch noch etwas dauern. Stell dir mal vor, du gehst wegen undefinierbarer Beschwerden, Schlappheit und Müdigkeit zum Arzt und der soll nun den Grund herausfinden, kann und will aber aus Höflichkeit nicht fragen, ob du deine Leber nicht mit zu viel Rotwein verfettest. Deine Blutwerte sind alle in Ordnung, Darm- und Magenspiegelung haben nichts ergeben, keine Nieren- oder Gallensteine. Zähne, Augen in Ordnung, nun muss der arme Mann im weißen Kittel aus deinen wirren Erzählungen etwas herausfischen, was auf die Ursache deiner merkwürdigen Beschwerden hindeuten könnte.“
„Dafür wird er bezahlt.“
„Richtig, was aber, wenn es deine Beschwerden gar nicht gibt, sondern die meisten unter deinem Schädeldach entstehen und nur dort existieren?“
Lene wusste, dass man leicht in der Psychiatrie landen konnte, wenn die Ärzte mit ihrem Schulmedizin-Latein am Ende waren.
„Yvonne ist keine Medizinerin?“
„Nein, ihr Vater hat Tropenmedizin gelehrt. Seit Madame Yvonne ihre Arbeiten zu dieser stummen Migration publiziert hat, sind viele Menschen aus vielen nicht immer humanen Gründen hinter dem Geheimnis her.
„Und dieser arme Mann im weißen Kittel bist du im Moment?“
„Du sagst es, teure Lene. Angeblich hat sie auch andere ehemalige Verehrer und Schüler eingespannt. Wir werden gnadenlos ausgebeutet.“
Anika zwinkerte Lene zu. Was lernten Ehemänner als Erstes? „Lerne zu klagen, ohne zu leiden.“
Lene stimmte zu: „Wenn Männer die Kinder bekommen müssten, wäre die Spezies längst ausgestorben.“
Stierle entdeckte jeden Fettnapf zur rechten Zeit. „Sabine ist übrigens schwanger.“
„Großartig.“ Lene war Trauzeugin bei der Tochter Stierle gewesen.
„Sag mal, du armer Mann, dir ist doch sicher aufgefallen, dass diese BB recht hübsch ist?“
„Doch ja, etwas.“
„Kannst du dir vorstellen, dass die blonde Schönheit einem deiner Studenten so den Kopf verdreht hat, dass der sich eine Pistole und Schalldämpfer besorgt hat, um einen vermeintlichen Nebenbuhler aus dem Weg zu räumen?“
„Ausgeschlossen. So aktiv und zielstrebig sind meine Studenten nicht mehr. Werther ist Vergangenheit. Und Lotte hat Weimar vor dem Mauerbau besucht.“
„Prima, dann bedanke ich mich für eine wie immer ausgezeichnete Yoghurt-Kirsch-Torte und will nicht länger stören.“
Sechstes Kapitel
Lene Schelm hatte den Rest des Tages genutzt, um Namen und Anschriften zu sammeln. Sie war schon in der Tellheimer Zentrale der Leininger Handelsbank angemeldet, sodass alles für sie bereit lag, als sie dem Vizepräsidenten die Hand schüttelte. Der war ein gut aussehender Mann in ihrem Alter, der ihr gefiel.
„Das war ja wirklich eine böse Überraschung“, stimmte sie zu. „Wie viel haben der oder die Täter denn erbeutet?“
„Etwas über 180.000 Euro in bar. Was die von den Schließfachmietern eingelagerten Schätze wert sind oder waren, wissen wir nicht. Das binden uns die Kunden auch nicht auf die Nase.“
„Verstehe“, sagte Lene trocken. „Man soll keinen schlafenden Finanzbeamten aufwecken.“ Sie hatte sich einmal sehr unbeliebt gemacht, als sie bei einem Empfang des Bürgermeisters einen Witz erzählte, der ihr sehr gefallen hatte. „Mikado wurde von Beamten erfunden. Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.“ Sie war nie wieder ins Rathaus eingeladen worden, was sie nicht wirklich schmerzte.
Der Vize hüstelte nervös. „Der Fiskus macht uns im Moment die geringsten Sorgen.“
„Sondern wer?“
„Wir hatten als Beitrag der LHB zur Renovierung des Landesmuseums gebührenfrei den „Keltenkönig“ zur Verwahrung während der Bauarbeiten übernommen, und zwar in der Filiale Bühler Markt.“
„Um Himmels willen“, sagte Lene ehrlich entsetzt. Der „Keltenkönig“ war die wissenschaftlich völlig unbegründete, aber in Leiningen populäre Bezeichnung für einen fast ausschließlich aus Goldteilen bestehenden Grabfund, der bei Straßenbauarbeiten zufällig ans Tageslicht gekommen war. Ein fantasiereicher Journalist, der von Früh- und Vorgeschichte keine Ahnung hatte, war darauf gekommen, wegen der ungewöhnlichen Kostbarkeit der Grabbeigaben aus zweifelsfrei keltischer Zeit den Bestatteten zum „Keltenkönig“ zu befördern, und mittlerweile wurde der gesamten Fund als der „Keltenkönig“ oder King Lear südlich des Mains geführt. Er war der ganze Stolz des Museums für Leininger Landesgeschichte, das jetzt unbedingt renoviert werden musste, und für Leiningen so wertvoll wie mal die Krone und Zepter für alle Teile des Reiches. Lene kannte beruflich einen alten Kustos des Museums Dr. Klaproth, der sich in Tränen auflösen würde, sollte „sein Keltenkönig“ nicht wieder auftauchen. Er hatte gegenüber Lene den „Keltenkönig“ als eine Art Existenzberechtigung