Lennox und die letzten Tage von Riverside: Das Zeitalter des Kometen #15. Jo Zybell

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Lennox und die letzten Tage von Riverside: Das Zeitalter des Kometen #15 - Jo Zybell

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Ahnung«, sagte er. Vielleicht zu sich selbst, vielleicht zu der leeren Flasche zwischen Konservendose, Knochen und Kartoffelschalen.

      »Keine Ahnung, wirklich nicht.«

      Er ließ den Deckel der Mülltonne zufallen, drehte sich um und zog die Los Angeles Times aus der Röhre.

      Seit dreiunddreißig Jahren war er mit Eve verheiratet. Wahrscheinlich würde er am Morgen seines Scheidungstages einen Psychiater anrufen, um einen Termin zu vereinbaren. Möglichst gleich nach dem Scheidungstermin. Er blickte auf die Armbanduhr.

      Viertel nach neun; wahrscheinlich hatte Tim es jetzt schon hinter sich. Tim und Liz!

      »Morgen, Simon!« Pete Armagosa, sein Nachbar schwenkte die Zeitung. »Er wird jetzt wohl doch früher vorbeirauschen!« Der Saum seines Morgenmantels flatterte im Ostwind.

      Pete war der gleiche Jahrgang wie Simon.

      Hatte sein Leben lang Autos verkauft, Toyotas. Nachbar seit tausend Jahren.

      »Schon möglich.« Simon winkte zurück.

      »Hauptsache, er rauscht vorbei!« Er spähte auf die Schlagzeile, während er zum Haus zurück ging. Slumbewohner stürmen Präsidentenpalast in Rio de Janeiro, titelte die Los Angeles Times.

      »Was soll er sonst tun?«, krähte Armagosa ihm hinterher. »Uns den Mond vom Himmel fegen?« Pete wusste genauso gut wie er, wie die Chancen standen: Acht zu zwei für einen Einschlag. So standen die Aktien, so und nicht anders. Aber wer wollte das schon so genau wissen?

      »Er könnte uns beispielsweise auf unsere verdammten Dickschädel fallen!«, rief Simon.

      »Wir sehen uns später!« Er stieg die Treppe hoch.

      Verfluchter Komet! Nicht nur am Himmel spukte er herum. Auch in allen Köpfen. Die harte Stelle in seiner Brust tat weh, richtig wund fühlte sie sich an.

      Brüllender Motorradlärm näherte sich. Simon drehte sich zur Straße um. Die Maschine hielt mit kreischenden Bremsen vor Petes Gartentor.

      Der Fahrer trug rotes Lederzeug. Blondes Langhaar hing aus dem Helm auf den Rücken herunter. Die Haustür öffnete sich, ein Bursche mit Rucksack und in schwarzem Trenchcoat rannte an Pete vorbei über den Gartenweg, schwang sich über das Tor und dann auf den Rücksitz. Rudy Armagosa, Petes jüngster Enkel. Der Junge hatte sich heillos mit seinen Eltern zerstritten. Seit anderthalb Jahren wohnte er bei den Großeltern. Simon mochte ihn nicht.

      Der Motor heulte auf, das Motorrad schoss zurück auf die Lincoln Avenue.

      »Morgen, Simon.« Colin Ashton stand unter seinem Garagentor, in der Rechten einen Lötkolben, in der Linken eine Zigarette. »Frage mich, ob der Bursche jemals pünktlich auf dem College erscheint.«

      Colin war gut zwanzig Jahre jünger als Pete und er. Seine Frau Gina war die Leiterin der Primary School und er Captain des Polizeireviers von Riverside. Wenn er keinen Dienst hatte, schraubte er an einem Wagen herum oder fuhr zur Jagd in die San Bernardino Mountains. Oldtimer und Waffen – Colins Leidenschaften.

      »Was für einen hast du in der Mache?«, erkundigte Simon sich.

      »Ein Mercedes Cabriolet, Baujahr 1965. Bringt ‘ne Menge Kohle, aber vielleicht behalt ich‘s als Drittwagen.« Er grinste und nahm einen Zug von seiner Zigarette. Colin Ashton war einen halben Kopf größer als Simon und fast doppelt so breit. So vierschrötig sein Körperbau, so knorrig war seine Art: Er dachte nicht besonders schnell, aber wenn er fertig war mit Denken, pflegte er das Ergebnis hartnäckig in die Tat umzusetzen. »Übrigens – Kathleen kommt zurück.«

      »Schon? Ich dachte, sie will ein ganzes Jahr drüben bleiben.« Kathleen Ashton, Colins und Ginas einziges Kind, hielt sich seit dem Sommer zu einem Schüleraustausch in Deutschland auf. Ach ja – Colin hatte noch eine dritte Leidenschaft: seine Tochter.

      Colin zuckte mit den Schultern. »Panik, schätz ich.« Mit einer Kopfbewegung deutete er zum Himmel und dann auf die Zeitung.

      »Siehst ja, was los ist in der Welt.« Mit dem Lötkolben tippte er sich an die Stirn. »Komm gegen Abend mal auf‘n Bier vorbei, Simon«. Er zog sich in seine Garage zurück.

      Simon bückte sich nach der Milchflasche und ging ins Haus. Kathleen Ashton gehörte eigentlich nicht zu den hysterischen Typen. Der verfluchte Komet, dachte Simon, er macht die Leute vollkommen meschugge!

      Es roch nach Kaffee. Aus der Küche hörte er Musik. Stand by me – wie lange hatte Marc den Song nicht mehr gespielt? Simon konnte sich schon nicht mehr an den Namen der Gruppe erinnern.

      »Bist du auf, Eve?« Er lief in die Küche.

      Im Morgenmantel lehnte sie gegen die Frühstückstheke, das blonde Haar offen, die Arme vor der Brust verschränkt, blass und dunkle Ringe unter den Augen. So sah sie ihm entgegen. »Ich hab die ganze Nacht kein Auge zugemacht.«

      »Wegen Tim und Liz?« Simon stellte die Milch neben die Kaffeemaschine und warf die Zeitung daneben. »Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.« Ein Blick auf die Armbanduhr: gleich halb zehn.

      »Sie müssten es jetzt hinter sich haben.« Er nahm zwei Kaffeebecher aus dem Regal über der Theke.

      »Vielleicht auch wegen Tim.« Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. »Halt mich fest, Darling.«

      Er stellte die Tassen ab und nahm sie in die Arme. Sie schwiegen, hörten dem Song zu, hielten sich umschlungen.

      Marc Shindlers Stimme überblendete die Musik. »Was haltet ihr von Alexander-Jonathan, ihr Leute aus dem sonnigen Kalifornien? Am Telefon hab ich jetzt Jane aus Fontana. Hi, Jane, wie geht‘s so? Was glaubst du – ist das Ende der Menschheit gekommen?«

      Es klang, als würde er feixen, während er sprach.

      »Blödsinn!«, sagte eine weibliche Telefonstimme. »Absoluter Blödsinn! Die Sache ist doch die, Marc: Jedes Jahr zischen so und so viele Asteroiden und Kometen durchs Sonnensystem. Und wann hat mal einer getroffen? Vor tausend Jahren? Vor hunderttausend Jahren?«

      »Vor hundertdrei Jahren!«

      »Vor Millionen Jahren?«

      »Hey Jane, vor hundertdrei Jahren in Sibirien!«

      »Der gilt nicht, Marc, das war doch nur ein Kieselstein.«

      »O nein, Lady Jane!«

      »Und wenn schon, was hat Amerika nicht schon alles …«

      Simon schaltete ab. Er ließ Eve los und zog sich einen der Barhocker unter der Theke heraus. Eve schenkte Kaffee ein und schraubte die Milchflasche auf.

      »Der Aufstand in Brasilien, die Unruhen überall, Ausnahmezustand in so vielen Staaten, sogar in Europa – ich hab die ganze Nacht davon geträumt.« Eve seufzte. »Die Leute scheinen tatsächlich zu glauben, dass er mit der Erde zusammenstößt.« Sie schob die Kanne zurück in die Maschine und setzte sich auf den Barhocker neben ihn. Eine Zeitlang sprachen sie kein Wort, rührten einfach nur in ihren Tassen herum und schlürften die dampfende Brühe. »Was glaubst du, Simon?«, fragte Eve plötzlich.

      »Wie

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