You for Future. Günther Wessel

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You for Future - Günther Wessel

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klar geworden:

      Meist – oder sogar immer?

      Der Schweizer Mediziner Remo H. Largo sagt:

      Ein toller Satz, aber auch einer, der einen unter großen Druck setzen kann. Trotzdem: Er stimmt schon. Zum Erwachsenwerden gehört nämlich oft das Einüben von Entschuldigungen, warum man so und nicht anders handelt. Dass man unbedingt ein Auto braucht, weil … Dass man ja nichts überstürzen dürfe beim Kampf gegen den Klimawandel … Dass alles so kompliziert sei … Dass man doch auch an die Wirtschaft denken müsse … Dass man … – Beispiele finden sich massenweise.

      Man kann natürlich so lange über die möglichen Folgen einer Handlung nachdenken, bis man glaubt, dass die Handlung falsch ist. Obwohl es – moralisch gesehen – ganz eindeutig ist, dass man handeln muss. Ein Beispiel mag das erklären: Bei der Seenotrettung im Mittelmeer ist eigentlich klar, was moralisch richtig ist: die Menschen, die vielleicht ertrinken oder auf offener See verdursten, zu retten. Nun gibt es zahlreiche Argumente, die dagegen sprechen können (jedenfalls aus Sicht derjenigen, die diese Seenotrettung ablehnen): dass die Rettung auf dem Mittelmeer mehr Menschen dazu bringen würde, ihre Heimat zu verlassen und zu uns zu kommen – die Reise sei dadurch nicht mehr so riskant. Dass wir nicht alle aufnehmen können. Dass es ja nicht alles echte Flüchtlinge seien, die vor Krieg oder Unterdrückung fliehen würden, sondern oft nur Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen kämen. Hunger sei aber nun mal kein Asylgrund.

      Für uns beide zumindest sind diese Argumente alle nicht überzeugend: Sollen wir lieber den Tod von vielen Menschen in Kauf nehmen, als das vage Risiko einzugehen, dass noch mehr Menschen an Europas Grenze stehen könnten? Wägt man die Folgen einer Handlung ab, ist es doch klar, was man tun muss.

      Achtung: Hier wird es jetzt etwas theoretisch, aber vielleicht ist es trotzdem interessant: Als bloße Gesinnungsethik würde manch ein Politiker, manch eine Politikerin unsere Haltung bezeichnen. Sie aber stünden in der Verantwortung, die Zukunft zu bedenken. Und aus der Verantwortungsethik heraus müssten sie Seenotrettung ablehnen.

      Das Begriffspaar Gesinnungsethik und Verantwortungsethik geht auf den deutschen Sozialwissenschaftler Max Weber (1864-1920) zurück.

      Ein Beispiel: Darf man Menschen töten? Gesinnungsethisch würde man das immer verneinen, verantwortungsethisch betrachtet man aber die Umstände genauer: wen und wann? Einen Diktator beispielsweise, um Schlimmeres zu verhindern?

      Gesinnungsethik und Verantwortungsethik schließen sich nicht aus. Denn alle verantwortungsvollen oder guten Politiker und Politikerinnen folgen bestimmten Idealen. Die Frage ist nun, ob sie, um diese zu erreichen, eher einer Verantwortungsethik (die Folgen des Handelns bedenken) oder einer Gesinnungsethik (das moralisch Richtige tun) folgen sollten. Weber beantwortet die Frage nicht, auch weil er die Positionen nicht als unvereinbar ansieht. Für ihn muss man im politischen Prozess immer wieder herausfinden, inwieweit man seiner Gesinnung oder aber der Verantwortung folgt. Ist es wichtiger, moralisch richtig zu handeln oder die Konsequenzen der Entscheidung zu bedenken?

      Manchmal führt genau dieses Abwägen zum Nichtstun. Die Klimakrise ist ein Beispiel dafür: Seit Jahrzehnten weiß man davon, und gehandelt hat man wenig. Immer war etwas anderes wichtiger: dass genug Autos gebaut und verkauft werden und zuletzt noch, dass 40.000 Arbeitsplätze in der Kohleindustrie subventioniert und dadurch erhalten werden (dabei hat man einige Jahre zuvor die Subventionen für die Solarindustrie gestrichen und damit 80.000 Arbeitsplätze vernichtet).

      Als die Kohlekommission der Bundesregierung im Frühjahr 2019 ihren Bericht vorlegte, in dem stand, dass man erst 2038 die letzten Kohlekraftwerke abschalten wolle (was nach Meinung der allermeisten Experten viel zu spät ist), habe ich, Franziska, nur gedacht:

      Ich, Günther, der ich auch nicht jünger bin als viele Mitglieder dieser Kommission, finde, dass das ein gemeines Argument ist. Aber es ist eines, das sticht. Genau wie das Argument, dass viele Jugendliche mehr Durchblick in politischen Fragen haben als manch ein Rentner, manch eine Rentnerin – sie aber im Unterschied zu diesen nicht wählen dürfen. Im Kern heißt das ja nichts anderes als:

      Auch wenn Jugendliche noch nicht wählen dürfen, haben viele sich entschieden, sich einzumischen. Ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, ihre Meinung zu äußern und zu versuchen, die Zukunft mitzugestalten. So, wie zahlreiche andere Jugendliche weltweit.

      Wir wollen in diesem Buch ein paar von ihnen vorstellen. Ein paar Bewegungen, in denen Menschen die Welt verbessern wollen. Ein paar Tipps dazu geben, wie Veränderungen erreicht werden können. Anhand von erfolgreichen Beispielen. Wo man sich was abgucken kann, was man tun und was man besser lassen sollte. Warum man langen Atem braucht. Und wir wollen Gespräche anregen – zwischen Jugendlichen und Erwachsenen. Darüber, warum Engagement so wichtig ist, warum es Kraft verleiht, auch wenn es mitunter welche kostet.

      Der vielleicht wichtigste Tipp hier schon mal vorweg: Denk daran, dass DU wichtig bist.

      Nicht nur berühmte und gefeierte Menschen wie Mahatma Gandhi, Marie Curie, Albert Einstein, Bertha von Suttner oder Nelson Mandela haben Einfluss auf die Geschicke der Welt. Auch du hast es. Auch du kannst dich einmischen und so handeln, dass die Welt besser und schöner wird.

      „Inzwischen renne ich von Termin zu Termin, um dann zwischendrin in der S-Bahn einige Mails zu beantworten. Wenn mein altes Handy mit der müden Batterie mitspielt. Heute früh habe ich erst eine Prüfung in der Schule geschrieben, danach ging es zu der Veranstaltung nach Leipzig und jetzt wieder zurück. Abends findet noch ein Treffen mit den anderen Aktiven statt, und nachts, vor dem Schlafen, werde ich die wichtigsten Mails beantworten.

      Ein normaler Tag.“

      Und es werden noch viele gute Tage folgen.

      Alter Songtext. „Die Ärzte“, 2004. Deine Schuld.

      Wir wissen schon lange, dass unsere Art zu leben unser Leben selbst bedroht. Seit knapp 50 Jahren warnen uns Forschung und Wissenschaft, dass wir langsam, aber sicher die Welt zerstören, auf der wir leben. Passiert ist seither – nicht viel.

      Schauen wir zum Beispiel auf den Straßenverkehr: Als Günther so alt war, wie Franziska heute ist, also im Jahr 1974, gab es in Deutschland etwa 15–16 Millionen privater Autos. Inzwischen tummeln sich 46 Millionen privater Autos auf Deutschlands Straßen. Das sind dreimal so viele

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