Evolution Bundle. Thomas Thiemeyer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Evolution Bundle - Thomas Thiemeyer страница 42

Evolution Bundle - Thomas Thiemeyer

Скачать книгу

über Arthurs Schulter.

      Jem schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Sie ist total fertig. Ich fürchte leider, dass Connie etwas zugestoßen ist.«

      »Um Gottes willen«, flüsterte Olivia.

      »Frag sie, was es mit diesen Farben auf sich hat«, drängte Paul. »Und wenn du schon dabei bist, frag sie auch gleich nach den Zähnen.«

      »Und nach dem Lächeln des Todes«, sagte Arthur. »Ich finde, das klingt am gruseligsten.«

      Jem schüttelte den Kopf und stand auf. »Leute, so hat das keinen Sinn. Am besten, ihr geht alle mal raus. Lucie braucht jetzt Ruhe. Außerdem gibt es genug zu tun. Ihr könnt doch schon mal das Rad austauschen. Arthur kann die Computerdateien auswerten, der Rest holt den Proviant aus dem Bahnhof.«

      »Wieso?«, fragte Zoe. »Willst du zurückfahren?«

      »Je eher, desto besser«, stieß Jem aus. »Irgendetwas stimmt hier nicht. Überlegt doch mal: Wir wurden alle unabhängig voneinander angegriffen. Bennett und Jaeger, wir und jetzt vermutlich auch noch Lucie. Das sieht mir sehr nach einem koordinierten Angriff aus.«

      »Aber von wem?«, fragte Olivia.

      »Keine Ahnung, aber das ist doch kein Zufall! Wir warten noch kurz, ob irgendjemand zurückkehrt, dann machen wir hier den Abgang. Diese Stadt ist eine gottverdammte Todeszone, das spüre ich.«

      »Klingt ausnahmsweise mal vernünftig«, brummte Marek. »Also raus mit euch.« Er schob die anderen vor sich her und endlich kehrte Ruhe ein.

      Jem stand da und betrachtete Lucie. Sie lag immer noch da und sprach kein Wort. Er überlegte, wie er wohl am besten an sie herankam. Seine bisherigen Versuche waren allesamt gescheitert. Vielleicht sollte er sie irgendwie ablenken? Ihm fiel bloß nicht ein, wie. Doch dann kam ihm der Gedanke. Er war ihr ja noch etwas schuldig. Eine Geschichte.

      Seine Geschichte.

      Er setzte sich neben sie. Je länger er darüber nachdachte, desto weniger wusste er, wie er anfangen sollte. Er war nicht mal sicher, ob diese Geschichte überhaupt geeignet war, um Lucie aus ihrem Schockzustand zu erlösen. Da ihm aber nichts Besseres einfiel, fing er einfach an.

      »Du erinnerst dich doch bestimmt, dass ich dir noch etwas erzählen wollte«, sagte er. »Über mich und meine Vergangenheit. Nun ja …« Er räusperte sich. »Ich hab schon ein paar krasse Dinge abgezogen – Klauen, Schlägereien, all so was. Aber eine Sache war echt heftig. Also richtig heftig. Willst du wissen, was das war?« Er lächelte gequält. »Klar willst du das wissen. Das war ja der Deal. Du erzählst mir deins, ich erzähl dir meins. Also …«, er atmete tief durch, »mit zwölf bin ich mal auf jemanden mit einem Messer los. Und zwar nicht auf irgendwen. Es war mein Vater.«

      Er bemerkte, dass ihre Augen nicht länger ziellos durch die Gegend wanderten, sondern ihn jetzt ansahen. Ihr Atem ging ruhiger und sie schien zu lauschen.

      »Es ist jetzt knapp vier Jahre her, dass ich meinem Dad ein Küchenmesser hier reingejagt habe.« Er deutete auf das linke Schulterblatt. »Hat nicht viel gefehlt und ich hätte ihn umgebracht. Zum Glück ist das Messer am Schulterknochen abgebrochen. Nur die Spitze steckte noch drin. Was schlimm genug war.«

      Lucies Augen waren weit aufgerissen. Vermutlich war sie total geschockt. Ihm kamen starke Zweifel, ob er nicht einen riesigen Fehler machte, ihr das zu erzählen. Vor allem jetzt. Vielleicht hatte sie damit gerechnet, dass er ein paar kleinkriminelle Taten gestehen würde, Diebstähle oder so. Aber sicher nicht, dass er tatsächlich versucht hatte, seinen Vater umzubringen.

      »Mein Alter war ein Trinker«, sagte er zur Erklärung. »Er hat sich regelmäßig zugesoffen und dann angefangen, auf meine Mutter loszugehen. An mich hat er sich nicht rangetraut. Ich war mit zwölf schon ziemlich kräftig. Mixed Martial Arts, Streetfights und so.« Er schüttelte den Kopf. »An einem Abend war es besonders schlimm. Ich hörte, wie Mom und Dad sich wieder in der Küche stritten. Es ging mal wieder um Geld. Ich wollte mich heimlich in mein Zimmer schleichen, aber dann habe ich durch den Türspalt gesehen, wie er ausholte und sie schlug. Nicht einfach nur so eine kleine Ohrfeige, sondern richtig heftig und mit voller Wucht.«

      »Oh nein.«

      Jem blickte überrascht auf. Lucie hatte ihre Stimme wiedergefunden! Sie hing jetzt förmlich an seinen Lippen.

      »Hallo Lucie«, sagte er. »Wie geht es dir? Magst du einen Schluck Wasser?« Er hielt ihr seine Trinkflasche vor die Nase.

      »Nicht aufhören«, flüsterte sie mit rauer Stimme. »Erzähl weiter. Du hast auf deinen Vater eingestochen.«

      »Ja«, sagte er. Er hatte einen Kloß im Hals. »Aber nur, weil ich Angst um meine Mutter hatte. Zu Dads Ehrenrettung muss ich sagen, dass er das bis dahin noch nie gemacht hat. Geflucht, geschrien, Geschirr zerdeppert – ja –, aber noch nie richtig zugeschlagen.«

      »Und dann?«

      Jetzt, da er über seinen Schatten gesprungen war und darüber zu reden begonnen hatte, fiel es ihm leicht weiterzuerzählen. Außerdem fühlte er sich wohl in Lucies Nähe, er wusste, dass sie sein Geheimnis für sich behalten würde. »Keine Ahnung, was in diesem Moment mit mir passiert ist, aber ich habe einfach nur noch rot gesehen. Ich bin in die Küche gestürzt. Meine Mutter lag am Boden, mein Vater stand mit erhobener Hand über mir und da … da …«

      »Und da hast du ein Messer genommen und auf ihn eingestochen.«

      Er nickte. »Ja.«

      »Aber du hast doch nur deine Mutter verteidigt.« In Lucies Gesicht war wieder ein wenig Farbe zurückgekehrt. Außerdem schien ihr langsam wärmer zu werden. Sie zog die Decke runter.

      »Ich glaube, du hast richtig gehandelt.«

      »Ich bin mir da nicht so sicher.«

      »Du hattest nicht viel Zeit zum Nachdenken und wolltest helfen.«

      »Vielleicht.« Er nickte nachdenklich. »Andererseits hätte ich ihn auch einfach wegstoßen oder ihn irgendwie anders aufhalten können …«

      Sie schüttelte den Kopf. »Du warst in Panik. Du warst zwölf.« Sie sprach ruhig und deutlich. Fast schon wieder normal. »Und was ist dann passiert?«, fragte sie zaghaft.

      Jem zuckte die Schultern. »Er musste natürlich ins Krankenhaus. Die Polizei kam und nahm alles auf, aber es wurde nichts unternommen. Nach deutschem Recht ist man erst ab vierzehn schuldfähig. Das Familiengericht hat mich aber zu einem Anti-Aggressivitäts-Kurs, gemeinnütziger Arbeit und einem Besuch beim Psychiater verdonnert.«

      »Echt jetzt?« Lucie sah ihn mit großen Augen an. »Und weiter?«

      »Viel ist da nicht mehr zu erzählen. Die Therapeutin diagnostizierte ein Frustrations-Aggressions-Trauma ausgelöst durch eine frühkindliche Depression. So stand es im Bericht.

      Mein Vater und meine Mutter haben sich kurze Zeit später getrennt. Er ging zurück in die USA, Mom mietete uns eine kleinere Wohnung und da wohnen wir seitdem. Ich glaube übrigens, dass die Therapie tatsächlich etwas gebracht hat. Ich habe mich inzwischen viel besser im Griff. Keine Einbrüche mehr, keine Diebstähle.« Er versuchte zu lächeln, spürte aber, wie schwer ihm das fiel. Die Geschichte zerrte immer noch ganz schön an seinen Nerven. Aber wenigstens hatte er es geschafft, Lucie aus ihrem Schockzustand zu erlösen.

      »Danke,

Скачать книгу