Gesammelte Erzählungen und Gedichte. Joachim Ringelnatz

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Gesammelte Erzählungen und Gedichte - Joachim  Ringelnatz

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warte ich auf gigantisches Weltgeschehn.

      Wenn’s mich – zusammen mit den andern – zerfleischt,

      Wenn das Sterben der anderen, Glücklichen mich umkreischt,

      – Dann –

      Dann will ich mir eine Zigarette drehn!

      Nachtgalle

      Weil meine beiden Beine

      Erfolglos müde sind,

      Und weil ich gerade einsam bin,

      Wie ein hausierendes Streichholzkind,

      Setz ich mich in die Anlagen hin

      Und weine.

      Nun hab ich lange geweint.

      Es wird schon Nacht; und mir scheint,

      Der liebe Gott sei beschäftigt.

      Und das Leben ist – – alles, was es nur gibt:

      Wahn, Krautsalat, Kampf oder Seife.

      Ich erhebe mich leidlich gekräftigt.

      Ich weiß eine Zeitungsfrau, die mich liebt.

      Und ich pfeife.

      Ein querendes Auto tutet. –

      Nicht Gold noch Stein waren echt

      An dem Ring, den ich gestern gefunden. –

      Die nächtliche Straße blutet

      Aus tausend Wunden.

      Und das ist so recht.

      Wenn ich allein bin

      Wenn ich allein bin, werden meine Ohren lang,

      Meine, meine Pulse horchen bang

      Auf queres Kreischen, sterbenden Gesang

      Und all die Stimmen scheeler Leere.

      Wenn ich allein bin, leck ich meine Träne.

      Wenn ich allein bin, bohrt sich meine Schere,

      Die Nagelschere in die Zähne;

      Sielt höhnisch träge sich herum die Zeit. –

      Der Tropfen hängt. – Der Zeiger steht. –

      Einmal des Monats steigt ein Postpaket

      Aufrührerisch in meine Einsamkeit.

      So sendet aus Meran die Tante Liese

      Mir tausend fromme, aufmerksame Grüße;

      Ein’ jeden einzeln sauber einpapiert,

      Mit Schleifchen und mit Fichtengrün garniert,

      Vierblätterklee und anderm Blumenschmuck –

      Ich aber rupfe das Gemüse

      Heraus mit einem scharfen Ruck,

      Zerknülle flüchtig überfühlend

      Den Alles-Gute-Wünsche-Brief

      Und fische giftig tauchend, wühlend,

      Aus all den Knittern und Rosetten

      Das einzige, was positiv:

      Zwei Mark für Zigaretten.

      Die Bilder meiner Stube hängen schief.

      In meiner Stube dünsten kalte Betten.

      Und meine Hoffart kuscht sich. Wie ein Falter

      Sich ängstlich einzwängt in die Borkenrinde.

      Wenn ich allein bin, dreht mein Federhalter

      Schwarzbraunen Honig aus dem Ohrgewinde.

      Bin ich allein: Starb, wie ein Hund verreckt,

      Hat mich ein fremdes Weib mit ihren Schleiern

      Aus Mitleid oder Ekel zugedeckt.

      Doch durch die Maschen seh ich Feste feiern,

      Die mich vergaßen über junger Lust. –

      Ich reiße auseinander meine Brust

      Und lasse steigen all die Vögel, die

      Ich eingekerkert, grausam dort gefangen,

      Ein Leben lang gefangenhielt, und nie

      Besaß. Und die mir niemals sangen.

      Wenn ich allein bin, pups ich lauten Wind.

      Und bete laut. Und bin ein uralt Kind.

      Wenn ich –

      Das Geseires einer Aftermieterin

      Meine Stellung hatte ich verloren,

      Weil ich meinem Chef zu häßlich bin.

      Und nun habe ich ein Mädchen geboren,

      Wo keinen Vater hat, und kein Kinn.

      Als mein Vormund sich erhängte,

      Besaß ich noch das Kreppdischingewand,

      Was ich später der Anni schenkte.

      Die war Masseuse in Helgoland.

      Aber der bin ich nun böse.

      Denn die ließ mich im Stich.

      Und die ist gar keine Masseuse,

      Sondern geht auf den –.

      Mir ist nichts nachzusagen.

      Ich habe mit einem Zahnarzt verkehrt.

      Der

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