Die Sternschnuppenkinder - Band 5. Rebecca Netzel

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Sternschnuppenkinder - Band 5 - Rebecca Netzel страница 5

Die Sternschnuppenkinder - Band 5 - Rebecca Netzel

Скачать книгу

Die Flensburger Reiter haben gute Kontakte zu einem Reiterhof in der Provence und wollen in der Camargue auf den legendären weißen Camargue-Pferden ausreiten! Da fällt Renate die Wahl nicht schwer: Natürlich entscheidet sie sich für die Exkursion in Südfrankreich, anstatt nur am »Teutonengrill« in der Sonne zu braten! Die Naturschönheit der Kanaren kann sie sich ja auch später noch angucken – die Gelegenheit zu Reitausflügen wie diesem aber kommt so nie mehr!

      Sie war noch nie in Südfrankreich gewesen, doch hat sie schon von den Flamingo-Kolonien dort gehört. Die will sie unbedingt sehen. Onkel Herbert hatte ihr mal ganz begeistert von Flamingos vorgeschwärmt, die er in Südspanien, im Nationalpark von Coto Doñana, beobachtet hatte: »Die fliegen über dir, mit ihren feuerroten Flügeln am knallblauen Himmel – einfach großartig!« Flamingos in freier Wildbahn – das wollte sie auch einmal selbst erleben! Und papageienbunte Vögel, die blaugelben Bienenfresser, sollte es da auch geben, wie in Afrika!

      Na, und sich mit alten Freunden vom norddeutschen Reiterverein zu treffen, ist doch auch super! Gabi aus Flensburg hatte ihr in einem Anruf diese Möglichkeit mitgeteilt, und die Aussicht auf gemeinsame Reiterferien hatte Renate sofort zusagen lassen! Nun würden die Eltern auch noch den Reiterausflug sponsern! Toll!

      Gabi teilt ihr daraufhin noch telefonisch mit, wann und wo genau sich die Reitfans treffen wollen. Renate macht mit ihrer Freundin aus, sich schon in Avignon zu treffen. Beide reisen per Zug an, wie auch die meisten anderen. Von dort aus wollen sie gemeinsam zu dem Reiterhof hinfahren. Der liegt im Herzen der Camargue, am Étang de Vaccarès. Dort gibt es urtümliche Sumpflandschaften mit noch schier endloser Weite, nicht verbaut und voller wilder Tiere: weißer Pferde, schwarzer Stiere, rosa Flamingos und einer Unzahl weiterer, seltener Wasservögel. Renate freut sich schon unbändig.

      In Avignon traf Renate dann tatsächlich bereits auf ein munteres Grüppchen norddeutscher Reitfans. Gabi winkte ihr schon auf dem Bahnsteig heftig zu. Zwar hatte der Zug Verspätung gehabt, doch was machte das schon! Es gab ein lautes Hallo voller Wiedersehensfreude. Gemeinsam ging es weiter mit Bus und Bahn. Gabi und Renate hatten sich natürlich besonders viel zu erzählen. Auch Herr Nissen, Renis damaliger Reitlehrer, und Herr Jensen, der Junior-Chef des Vereins, waren mit von der Partie. »Leider hab’ ich in Göttingen keine Gelegenheit mehr gehabt, meine Übung im Reiten weiter auszubauen!«, gestand Reni.

      »Na, da wird es ja höchste Zeit, dass du mal wieder in den Sattel kommst!«, rief Herr Nissen.

      »Du wirst aber ganz schön blaue Flecken am Po kriegen!«, kicherte Gabi.

      »Selbst ein wund gescheuertes Hinterteil kann mir meine Freude nicht trüben!«, sagte Renate überzeugt. »Ich hab’ mich doch schon viel zu sehr auf unsere Exkursion gefreut!«

      Der Reiterhof war ein rustikaler Gebäude-Komplex: ein ehemaliger Bauernhof, der sich nun auf den Reit-Tourismus eingestellt hatte. Er lag abseits für sich in der sumpfigen Ebene, umrahmt von zarten Tamarisken-Sträuchern, die vom Mistral zerzaust waren. Das Gehöft war aus cremefarbenen Steinen gemauert und hatte buntscheckige Dachziegeln, weil immer wieder alte Ziegel gegen neue ausgetauscht worden waren, so dass neue rote und verblichene orangegelbe ein lustiges Muster bildeten. Neben dem alten Bauernhof wuchsen eine turmhohe, schlanke Zypresse und ein üppiger Feigenbaum. Leider waren die Feigen noch nicht reif, denn es war ja erst Mai. Dafür blühte schon der kleine Bauerngarten hinterm Haus in allen Farben. Es duftete würzig nach Kräutern.

      »Toll ist’s hier!«, rief Gabi und Reni reckte wohlig seufzend ihre Arme.

      »Und wo sind die Pferde?«, fragte Arne, der Flensburger Stallmeister, unternehmungslustig.

      Der alte Jean, der immer einen Zigarettenstummel in seinem Mundwinkel trug, führte sie zum Corral. Dort stand eine kleine Herde der berühmten Camargue-Pferde, die eigentlich große, weiße Ponys sind. Sie sind derb und robust und an das halb amphibische Leben in der Rhône-Mündung bestens angepasst. Sie traben, ohne zu zögern, durch hohes Wasser und finden trittsicher auch in rutschigem Gelände ihren Weg. Seit vielen Generationen sind sie schon darauf gezüchtet, einen besonders feinen Instinkt für die herbschöne, aber harte Landschaft der Camargue zu entwickeln. Voller Begeisterung gingen die Reitgäste auf die gutmütigen Tiere zu, um Bekanntschaft mit ihnen zu schließen und ihnen die struppigen Mähnen zu kraulen. Die Pferde spitzten bereits neugierig die Ohren und sahen den Neuankömmlingen entgegen. Sie waren es gewohnt, stets fremde Reiter zu tragen, genau wie die Pferde des Reitsport-Vereins.

      Jeder durfte sich ein Pferd aussuchen, sofern es keinen Streit darum gab. Renate und Arne hatten es auf dieselbe Stute abgesehen, und da musste das Los entscheiden. Jean warf eine Münze, und Arne bekam die Stute. Doch dann freundete sich Renate mit einem vierschrötigen Wallach an, der einen rosa Streifen auf der grauen Nase hatte. Sie wusste: Wäre er kein Schimmel gewesen, dann hätte an jenem rosa Streifen die Blesse begonnen. Aber weiß auf weiß sieht man den Unterschied ja nicht. An diesem rosa Streifen war ihr Pferd gut zu erkennen, so konnte sie es sich gleich gut merken.

      Alle fütterten ihre Pferde nun mit Apfelstückchen, um sie an sich zu gewöhnen. Denn Liebe geht ja nun mal bekanntlich durch den Magen! Dann halfen sie Jean und seinem Sohn, die Tiere zu versorgen, und begaben sich zum Abendessen. Denn schon war der Ankunftstag fast vorbei!

      Zum Abendessen beköstigte Jeans Frau Magali die ganze Mannschaft mit selbst gekochter Ratatouille. Dazu gab’s krosse Baguette und kleine Camembert-Stückchen, und leichten Landwein. »Einfach köstlich!«, meinte Herr Nissen, als alle zufrieden schmausten. Noch lange saßen sie in geselliger Runde beisammen, bis sich die ersten verstohlen die Augen rieben.

      Sie schliefen im umgebauten Heuschober des Bauernhofes. Der neue Heuschober war ein Stück weiter errichtet und nicht so schön rustikal. Der alte war jetzt ein großer Schlafsaal, und es herrschte eine Stimmung wie in einer Jugendherberge. Man war ja unkompliziert. Wenn nur manche nicht so schnarchen würden!

      Reni und Gabi hatten sich von der Bauersfrau kleine selbst genähte Säckchen mit Lavendel geben lassen, die legten sie sich nun unter die Kopfkissen in der Hoffnung, mit dem angenehmen Duft des Lavendels besser zu schlafen. Denn die Nachtlager waren sehr einfach und die braunen Wolldecken doch nicht so weich wie die Daunendecken daheim! Aber das gehörte eben dazu.

      Am anderen Morgen blinzelte Reni verständnislos um sich. Ach ja! Sie war ja in der Provence! Mit einem Ruck fuhr sie hoch. Mussten sie sich nun alle an der Hofpumpe waschen? Doch während sie noch überlegte, erwachte auch Gabi, und beide begannen, zu wispern. »Nee, Quatsch!«, sagte Gabi leise. »Hier gibt’s doch ’nen Waschraum – haste den gestern Abend gar nicht mehr gesehen?«

      »Nee, ich dachte, das sei ein weiterer WC-Raum«, flüsterte Reni. »So genau hab’ ich mir gestern Abend hier alles gar nicht mehr angeguckt! Ich war ja zum Umfallen müde!«

      Bald saßen alle frisch und vergnügt am Frühstückstisch. Auf dem groben, aber blank polierten Tisch aus Pinienholz lag eine saubere Leinendecke, darauf standen Körbe mit geschnittener Baguette, Keramiktiegel mit selbst gemachter Pfirsich-Marmelade und Tellerchen mit Butter. Alle langten herzhaft zu. »Schmiert euch gleich noch jede Menge Brote für unterwegs, denn wir wollen den ganzen Tag unterwegs sein!«, rief Herr Nissen.

      Dann ging’s los! Auf der heutigen, ersten Tour wollten sie erst mal die Umgebung erkunden. Es sollte eine Rundtour entlang der großen Lagune sein, an der sie die Flamingos sehen sollten. Besonders die Tierfreundin Reni war schon ganz aufgeregt. Flamingos! Und das hier in Frankreich! So was gab’s sonst fast nur noch an der Südküste Spaniens, hatte sie gelesen. Und natürlich in Afrika!

      Jeans Sohn führte die Reiterschar an. Sein Vater, der mit seiner Baskenmütze, den weißen Bartstoppeln und dem verkniffenen, zerknitterten Mund selbst aussah wie ein Stück Urgestein, nickte den Davonreitenden nach. Sohn Luc kannte die Gegend, ebenso wie sein Vater,

Скачать книгу