Der Hammermord am Hansering. Bernd Kaufholz

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Der Hammermord am Hansering - Bernd Kaufholz

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      4Der Autor dankt der Staatsanwaltschaft Halle sowie der Stasi-Unterlagen-Behörde, Außenstelle Magdeburg für ihre Unterstützung.

       Mit Sternchen (*) versehene Namen in den Kriminalfällen wurden vom Autor geändert.

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       INHALT

      1 Wo ist Christel?

      2 Der Sadist von Dessau

      3 Tod auf dem LPG-Hof

      4 Der Hammermord am Hansering

      5 Der Mord des Schweineprinzen

      6 Der Tod kam mit dem Vater

      7 Endstation Schwertmaschine

      8 Enthauptet

      9 Tante Rotraut

      10 Die Tote in der Saale

      11 Abkürzungsverzeichnis6

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       WO IST CHRISTEL?

      Franz Teichert* sitzt am 24. September 1959 Polizeileutnant Kunte gegenüber. Es geht um ein Kind, das seit dem Nachmittag des Vortags in Dessau-Großkühnau verschwunden ist. Der Landwirt gehört zu den 40 Menschen, die sich am 23. September in der Gegend aufgehalten haben, in der auch die acht Jahre alte Christel Kohnert* gewesen sein soll.

      „Ich habe gegen 17.15 Uhr meine Kühe von der Weide geholt“, beginnt der 53-Jährige seine Aussage. „Das Vieh stand nördlich von Kühnau, genauer gesagt zwischen Großkühnau und der Elbe am sogenannten Oderbruch.“

      Auf der Seebrücke habe er mehrere Kinder getroffen. Kurz darauf seien ihm ein Mann und eine Frau aufgefallen, die einen Handwagen zogen und offensichtlich nach Großkühnau wollten. „Aber aufgrund der Entfernung kann ich das ältere Paar nicht näher beschreiben.“ Dann sei er auf einen Mann „mittleren Alters“ aufmerksam geworden, der an einer Weide „an einem Handwagen hantierte“. Kurz darauf sei der Betreffende mit seinem Wagen in Richtung Kühnau gegangen. „Auf dem Weg zur Koppel kam mir mein Nachbar Otto Kemmer* entgegen, der auf sein Grünland wollte.“ Er selbst habe sich etwa eine Stunde in der Gegend aufgehalten. Dabei seien ihm noch ein Lkw aufgefallen, den „vier, fünf Mann hinter der Seebrücke mit Kies beluden, und ein Pferdegespann“.

      Befragt wird Waltraud Krull*. Sie war gegen 16.30 Uhr mit dem Fahrrad vom Kartoffelacker zwischen Großkühnau und Dessau-Ziebigk losgefahren, um auf der Koppel im Oderbruch Kühe zu melken. „Ich fuhr längs des Waldes und habe auf dem Weg mehrere Personen gesehen. An den Prinzeneichen stand ein 15, 16 Jahre altes Mädchen. Sie schaute gespannt in Richtung Elbe.“

      „Können Sie das Mädchen beschreiben?“, fragt Leutnant Kunte.

      8Die Hausfrau überlegt einen Augenblick und antwortet dann: „Lange rote Hose, schwarzer Pullover … ach ja, sie hatte ein Fahrrad bei sich, wenn mich nicht alles täuscht. Es könnte sich um Fräulein Lohmann* gehandelt haben, die beim Pfarrer wohnt.“

      Kunte schreibt in sein Notizheft: „Kann das vermisste Kind nicht gewesen sein.“ Zum einen passe das Alter nicht und auch die Bekleidung stimme nicht überein.

      Ernst Kohnert* hatte bei seiner Vermisstenanzeige am 24. September ab 13 Uhr angegeben, dass seine acht Jahre alte Tochter mit dem dunkelblonden Bubikopf am Tag ihres Verschwindens ein dunkelgrünes Kleid mit braunen Tupfen, braune lange Strümpfe und braune Halbschuhe angehabt hat. Weiterhin hatte der 39-Jährige zu Protokoll gegeben, dass Christel gegen 16 Uhr mit ihrem Fahrrad losgefahren sei, um, wie schon am Vortag, im Wald Eicheln zu sammeln. „Die wollte sie verkaufen und so ihr Taschengeld aufbessern.“

      Leutnant Eschke vom Polizeikreisamt in Dessau hatte auf der Vermisstenanzeige vermerkt: „Da in der Vergangenheit schon zwei Kinder auf ähnliche Art verschwunden sind, besteht der Verdacht, dass an dem Kind ein Verbrechen begangen wurde oder zumindest ein Kindesraub vorliegt.“

      Am Tag nach der Meldung beginnt eine große Suchaktion in dem Gebiet, in dem Christel vermutet wird. Das Schnellkommando wird eingesetzt, mehrere Hundestaffeln, Bereitschaftspolizei und Soldaten der Volksarmee. Freiwillige Helfer der Polizei und Feuerwehrkameraden nehmen die nähere Gegend unter die Lupe. Im Dessauer Stadtkreis wird nach Christel und ihrem roten Kinderfahrrad gefahndet. Das weitere Umfeld wird mit Hunden der GST und der Polizeihundestaffel Pretzsch abgesucht. Meldungen sind inzwischen sowohl an die Bezirkspolizei in Halle als auch an die Hauptverwaltung der Polizei in Berlin gegangen.

      Bei ihrer Suche durchstreifen Helfer das Naturschutzgebiet im „Lange Hau“, einem Laubwalddickicht nördlich des Kühnauer Sees, gut zwei Kilometer vom Wohnort der Vermissten 9entfernt. Gegen 10 Uhr ruft einer der Männer: „Halt! Hier liegt etwas!“ Die Suchreihe bleibt wie angewurzelt stehen. Der Einsatzleiter, der einige Meter weiter hinten läuft, kommt eilig zur bezeichneten Stelle. Am Waldrand, der dicht mit hohen Gräsern, Brennnesseln und wilden Weinreben bewachsen ist, liegt ein fast neues, rotes 24er Mädchenfahrrad der Marke „Möve“.

       Fundstelle des Fahrrads der Ermordeten

      Als der Suchtrupp das Fahrrad bergen will, entdeckt er knapp neun Meter davon entfernt unter einem kleinen Laubbaum Kleidungsstücke, die auf einem Beutel liegen, in dem sich 16 Eicheln befinden: ein rosafarbener Schlüpfer und ein rosa Seidenunterrock. An der Unterwäsche werden kleine blutähnliche Flecken festgestellt. Deutlich zu erkennen ist, dass die Bekleidung gewaltsam heruntergerissen wurde. Für die Ermittler ist es nun so gut wie sicher, dass es sich nicht mehr nur um einen Vermisstenfall handelt.

      Irmgard Lohmann*, die von der Zeugin Krull in ihrer Aussage beschrieben worden war, wird am 24. September gegen 13 Uhr befragt. „Gegen 15 Uhr bin ich gestern in Richtung Kornhaus gefahren. Ich wollte dort ein bisschen herumradeln. Ich fuhr unmittelbar an der Elbe entlang.“ Dabei habe sie am Fluss 10einen jungen Mann stehen sehen. Was er dort machte, habe sie nicht erkennen können, aber sein beigefarbenes Moped. Sie schätzt den Mann auf Ende zwanzig, und er habe einen Fotoapparat umgehängt gehabt.

      „Von vorn kam mir ein Mann entgegen, ich schätze ihn auf 33 Jahre. Er hatte eine helle Windbluse an und sah ein bisschen unordentlich aus.“ Sie sei weitergeradelt und an ihm vorbeigefahren. „Kurz darauf habe ich bemerkt, dass der Mann kehrtgemacht hat und hinter mir herfuhr. Ich bekam etwas Angst, stieg ab und ließ ihn vorbeifahren. Ich wartete eine kurze Zeit und fuhr dann weiter. Doch schon ein Stück vor der Elbbiegung an einer Buhne traf ich erneut auf den Mann mit den braunen, nach hinten gekämmten Haaren. Ich fuhr in einen kleinen Weg hinein, der fast zugewachsen war. Doch der Mann ließ mir keine Ruhe. Ich wollte sehen, was er macht, und ich fuhr zur Buhne zurück.“ Sie habe beobachtet, wie der Fahrradfahrer weitergefahren sei. „Dann bin ich weiter in das Naturschutzgebiet hineingefahren und habe ‚Faust‘ gelesen“, so die 17-Jährige. Gegen 17.15 Uhr sei sie zu den Kühnauer Wiesen gefahren.

      Dort habe sie zwei Radfahrer gesehen, die aus Richtung Elbe kamen. Und auch an einen „älteren Mann“ könne sie sich

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