Der Hammermord am Hansering. Bernd Kaufholz
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Er habe nicht gewusst, so der ehemalige Reichsbahner, dass er die sowjetischen Soldaten angeben darf. „Ich dachte, dass ich nur deutsche Personen angeben soll.“ Erst als er das seiner Tochter erzählt und die ihm geraten habe, das zu erwähnen, habe er es getan.
Doch Wolter widerspricht sofort: „Von allen Menschen, die sich am 23. September dort aufgehalten haben, hat niemand uniformierte Personen gesehen.“ Kramer streitet sowohl ab, Christel gesehen zu haben, als auch den Weg genommen zu haben, den der Zeuge Lutz beschrieben hat.
Am 3. November um 2 Uhr wird der Witwer ins Dessauer Untersuchungsgefängnis gebracht. Die Strafkammer des Kreisgerichts erlässt umgehend einen Haftbefehl.
Selbst als Kramer am 5. November dem Hauptbelastungszeugen Lutz gegenübergestellt wird, bleibt er bei seiner Aussage: „Die Angaben des Zeugen können nicht stimmen“, meint er.
Kramer wird zehnmal als Beschuldigter vernommen. Das letzte Mal am 12. Januar 1960. Stück für Stück rückt er mit der 25Wahrheit heraus. Meistens kommt es nach seinen Aussagen zur Gegenüberstellung mit Zeugen, die die Lügengebäude des Kindermörders immer wieder zum Einsturz bringen. Erst nachdem Kramer am 7. Januar 1960 den Ermittlern bei einem Ortstermin die Tat detailgetreu „nachgespielt“ hat und am Ende weinend zusammenbricht, sind sich die Dessauer Kriminalisten sicher, dass er die Wahrheit gesagt hat …
… Am 23. September 1959 steht Friedrich Kramer gegen 5.30 Uhr auf. Nachdem er sein Vieh versorgt hat, fährt er kurz vor 7 Uhr nach Dessau, um dort Ziegenmilch abzuliefern. Zuvor besucht er Anuschka Koczinsky und „gebraucht“ sie, wie er sich später beim Verhör ausdrückt. „Wenn ich zu ihr gekommen bin, wusste sie, was ich will. Die Sache hat nur fünf Minuten gedauert.“
Nachdem er gegen 9 Uhr zurück in Kühnau ist, kümmert er sich um den Haushalt. Seine Tochter teilt ihm mit, dass er am Mittag aus Dessau Futter abholen soll. Gegen 13.30 Uhr ist er wieder zu Hause.
Nach dem Mittagessen entschließt sich Kramer, Futter für seine Ziegen zu holen. Er fährt zur Lache an der Elbe gegenüber dem Hydrierwerk und schneidet Futter. Nachdem er den Sack gefüllt und auf dem Gepäckhalter geschnallt hat, fährt er auf dem Hauptweg zur Schleuse. Es ist kurz vor 16 Uhr. Er will Regenwürmer suchen. Er legt sein Fahrrad ab und stopft sich die Pfeife. Kurz darauf knattert ein Angelbekannter mit seinem Fahrradanbaumotor an ihm vorbei. Die Ausbeute an Würmern ist aufgrund der Trockenheit nicht sehr groß und seine Blechbüchse bleibt fast leer. Kramer entschließt sich daraufhin, Buschobst zu sammeln. Er geht ins Unterholz in Richtung Kühnau.
Zurück an der Schleuse zündet er sich die nächste Pfeife an. In einiger Entfernung fährt eine „Frauensperson“ vorbei. „Ob die sich wohl mit einem Kerl treffen will?“, schießt es dem Spanner durch den Kopf. Er steigt aufs Rad und nimmt die Verfolgung auf. Doch er sieht die Radfahrerin, bei der es sich um Christel Kohnert handelt, vorerst nicht wieder. Kramer fährt den Elbweg 26entlang. Am Waldrand unweit der Elbe setzt er sich hin und beobachtet das Gelände. Rund dreißig Meter weiter stehen zwei Eichen. Dort sammelt Christel Eicheln. Sie ruft dem Rentner zu: „Sie suchen wohl auch?“. Kramer antwortet: „Ja, aber es muss erst Frost kommen oder ein starker Wind.“
Tatrekonstruktion: Nachdem der Täter am Bruchgraben nach Regenwürmern gesucht hat, schiebt er sein Fahrrad entlang des Grabens zu einem Buschäpfelbaum
Völlig arglos geht das Mädchen zu dem Mann, den sie kennt, und setzt sich zu ihm. Kramer ist geschlechtlich erregt. Wörtlich sagt er bei seiner zehnten Vernehmung: „Ich war in Uffregung, und ich dachte, ich kann es bei dem Kind mal machen.“
Kramer greift der Achtjährigen unter den Rock und fasst mit der anderen Hand an Christels Hals. Er drückt ihr die Kehle zu. Sie wehrt sich mit Händen und Beinen. Er drückt stärker zu. Dann vergewaltigt er das Kind. Christel rührt sich nicht mehr.
Am 12. Januar, bei seinem letzten Verhör bei der Morduntersuchungskommission, wird er von Hauptmann Düben gefragt: „Warum fassten Sie das Kind an den Hals und würgten es, obwohl 27Sie durchaus die Möglichkeit hatten, den Mund des Kindes zuzuhalten und somit das Schreien zu verhindern?“
Tatrekonstruktion: Das Kind (dargestellt durch eine Puppe) setzt sich völlig arglos zu dem „freundlichen Onkel“
Kramer: „Ich habe so lange den Hals zugedrückt, dass das Kind gestorben ist. Ich hatte kein Interesse daran, dass die Tat bekannt wird, und habe deshalb so lange zugedrückt.“
Nachdem sich der Invalidenrentner an dem Kind vergangen hat, rafft er die Bekleidung des Mädchens zusammen, säubert sich damit und trägt sie zum nahegelegenen Waldrand. Dabei sieht er ein rotes Mädchenfahrrad, das dort liegt. Doch das interessiert den Vergewaltiger nicht, er will schnell zurück zur leblosen Christel. Er befürchtet, dass jemand vorbeikommen und seine Tat entdecken könnte.
Er fasst das Kind unter den Kopf und an den Arm. Er schüttelt es, springt wieder auf, läuft hin und her. Langsam wird ihm klar, was er getan hat. „Was machst du nun bloß?“, hämmert es in seinem Kopf. Da fällt sein Blick auf die Elbe, die in Sichtweite vorbeifließt. Er fasst das Kind am rechten Arm und rechten Bein 28und trägt es zum Wasser. Zwischendurch muss er mehrmals kurz Pause machen. Auf einem Buhnenkopf legt er Christel ab und rollt sie von dort ins Wasser.
Tatrekonstruktion: Der Mörder würgt Christel
„Warum haben Sie das Kind in die Elbe verbracht? Wenn Sie der Meinung waren, dass es tot ist, hätten Sie es doch liegen lassen oder Hilfe holen können“, fragt Düben sein Gegenüber am 12. Januar.
„Es sollte doch niemand sehen. Ich hatte Angst, dass ich eine Strafe kriege, wenn das rauskommt“, so der Mörder. „Ich wollte, dass die Leiche untergeht oder irgendwohin abgetrieben wird.“
Kramer geht zum Tatort zurück, setzt sich hin und zündet sich eine Pfeife an. Er weiß genau, was er getan hat, kann sich seine Tat jedoch nicht erklären. Dass die Wäsche des Kindes und das Fahrrad am Waldrand liegen, hat er vergessen. Er will nur noch so schnell es geht vom Ort seiner grausamen Tat verschwinden. Er schnappt sich sein Fahrrad und geht zum Weg. Er fährt nach Großkühnau. Auf seiner Fahrt sieht er in 150, 200 Metern Entfernung einen Mann, der ebenfalls in Richtung Kühnau unterwegs ist. Es ist Otto Lutz. Kurz vor der Pappelallee 29holt er den Mann ein. Dort, wo sein Schwiegersohn und andere Kies aufladen, hält er an. Sein Enkel kommt freudig auf ihn zugelaufen. „Opa, ich habe dich schon von Weitem erkannt“, freut sich der Kleine. Kramer streichelt dem Jungen mit der Hand über den Kopf, mit der er Minuten zuvor Christel erwürgt hat.
Auf dem Weg fuhr der Täter mit dem Rad; Tafel 1 (v. l. n. r.): dort legte Kramer sein Fahrrad ab; Tafel 2: dort setzte sich der Täter hin und beobachtete das Gelände; Tafel 3: Eiche, dort bemerkte Kramer Christel beim Eichelnsammeln; Tafel 4: dort, einige Meter im Wald, versteckte der Mörder die Bekleidung des Kindes; Tafel 5: dort wurde das Mädchenfahrrad gefunden. Der Pfeil (zwischen Tafeln 3 und 4) kennzeichnet die Waldschneise zwischen „Blauen Heger“ und „Lange Hau“.
Zu Hause geht Kramer seinen normalen Tagesarbeiten nach. Er melkt seine Ziege, schaut nach dem Feuer, siebt die Milch