Ein Boot, ein Kuss und du. Isabella Lovegood
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Читать онлайн книгу Ein Boot, ein Kuss und du - Isabella Lovegood страница 14
Die Taschenlampe brachte nur einen schwachen Lichtkegel zustande. Vermutlich waren die Batterien beinahe leer und würden nicht mehr lange halten. Ich beschloss, ihre letzten Reserven zu nutzen, um mir die Zähne zu putzen und mich ins Bett zu verziehen. Ein heftiger Donnerschlag ließ die Fensterscheiben vibrieren. Kaum lag ich, fing auch noch der Wind an, ums Haus zu pfeifen. An Schlaf war wohl noch länger nicht zu denken.
Ich starrte im Dunkeln an die Decke, als mir einfiel, dass sich Angelina mit ihrer Freundin getroffen hatte. Ob sie es noch vor Ausbruch des Unwetters nach Hause geschafft hatte? War es aufdringlich, mich nach ihrem Befinden zu erkundigen? Schließlich waren wir Freunde, da durfte man sich doch Gedanken machen, oder? Dass mir das noch vor ein paar Tagen im Traum nicht eingefallen wäre, schob ich geflissentlich weit in die hinteren Regionen meines Gehirns, als ich nach dem Mobiltelefon tastete, um ihr eine Nachricht zu schicken. Ihre Antwort kam schnell.
›Ich bin gerade noch rechtzeitig nach Hause gekommen. Hast du auch keinen Strom?‹
›Nein, der ganze Ort ist dunkel. Sonst alles in Ordnung bei dir? Was machst du gerade?‹
›Ich liege auf der Couch und ziehe mir die Decke über den Kopf.‹
Ich runzelte die Stirn. Wozu das denn? Hatte sie am Ende Angst? ›Ist vielleicht eine dumme Frage, aber fürchtest du dich bei Gewitter?‹
›Keine dumme Frage. Ja, auch wenn ich weiß, dass mir in meiner Wohnung nichts passieren kann.‹
Ein ungewohnter Anfall von Beschützerinstinkt wallte in mir auf, als ich mir vorstellte, wie sie da so alleine in ihre Decke gehüllt auf dem Sofa kauerte. Da kam auch schon die nächste Nachricht:
›Mit dir zu schreiben, lenkt mich ab. Das tut gut.‹
Angelina wohnte nur zweimal um die Ecke von mir entfernt. Ein Katzensprung. Allerdings würde keine Katze freiwillig bei diesem Wetter draußen herumspringen. Ich lauschte. Der Regen schien nachgelassen zu haben, doch der Wind rüttelte an den Balken. Spontan drückte ich auf die Anruf-Taste. Sie hob sofort ab.
»Hola, Lorenzo. Lieb, dass du anrufst.«
Deutlich konnte ich das angstvolle Zittern in Angelinas sonst so fröhlicher, fester Stimme hören. Donner krachte und ihr entschlüpfte ein Schreckenslaut.
»Soll ich vorbeikommen?« Im selben Moment, als ich es aussprach, fragte ich mich, ob ich verrückt geworden war, doch da war es schon zu spät.
»Das würdest du wirklich tun? Danke! Das ist so lieb von dir!«
Oh, Mist. Das hatte ich nun davon. Allerdings hatte ich das Gefühl, gar keine andere Wahl zu haben. Sie klang so erleichtert, dass ich keinen Rückzieher mehr machen konnte. »Ich bin in ein paar Minuten bei dir.«
Ich tastete nach meinen Klamotten, die ich neben das Bett geworfen hatte, und zog sie wieder an. Im Schein der Taschenlampe stopfte ich ein T-Shirt und eine Jogginghose in einen Plastikbeutel und verknotete ihn, damit darin alles trocken blieb. Ein Regenschirm würde mir nichts nützen, also wählte ich eine wasserdichte Jacke und schlüpfte barfuß in Flip-Flops. Je weniger ich anhatte, umso weniger konnte nass werden. Als ich die Treppe hinunter tappte, hoffte ich, dass meine Taschenlampe durchhielt.
Kaum trat ich aus dem Haus, wollte mir der Sturm auch schon die Kapuze vom Kopf reißen. Schnell griff ich danach und zog sie mit der Kordel fest. Der Regen fiel dichter, als ich erwartet hatte, und es hatte seit dem Nachmittag empfindlich abgekühlt. Ich fröstelte.
»Was für ein Scheißwetter! Ich muss echt verrückt sein«, murmelte ich vor mich hin. Die wenigen hundert Meter legte ich im Laufschritt zurück, während ich den Blick auf den Boden gesenkt hielt, wo der schwache Strahl meiner Lampe eine glitzernde Spur in der Nässe zog. Ich wollte gerade nach dem richtigen Klingelknopf suchen, als die Haustür aufgerissen wurde. Angelina musste mich durch die kleine vergitterte Glasscheibe gesehen haben, die im Türblatt eingelassen war.
Schnell trat ich ein und schloss die Tür. Sie beugte sich mit langem Hals zu mir, um nicht anzustreifen, während sie mir einen Kuss auf die Wange gab. »Danke!« Ihr Lippen waren warm und bildeten einen aufregenden Gegensatz zu meiner regennassen, kühlen Haut. »Lass uns raufgehen.«
Sie ging voraus und das Licht ihrer LED-Lampe erhellte das Treppenhaus wesentlich wirkungsvoller als meine Taschenlampe. Aber immerhin funktionierte sie noch und das war schon mehr, als ich befürchtet hatte.
Wieder krachte der Donner und Angelina zuckte so heftig zusammen, dass sie beinahe die Lampe fallen ließ. Sie stieß einen wimmernden Laut aus, der so gar nicht zu der toughen Frau passen wollte, die ich zu kennen glaubte.
In ihrer Wohnung angekommen, leuchtete sie mir, während ich die Jacke auszog. Sie streckte die Hand danach aus und zog sie über einen Kleiderbügel. »Ich hänge sie in die Dusche.«
»Okay, warte einen Moment.« Meine Jogginghose war bis über die Knie nass und ich schob sie mir über die Hüften nach unten. Wortlos nahm sie sie mir ab und verschwand damit in der nächstgelegenen Tür, wo ich das Badezimmer vermutete. Rasch schlüpfte ich in die trockene Hose, die ich mitgebracht hatte. Angelina tauchte wieder neben mir auf und ich folgte ihr und dem Lichtstrahl ins Wohnzimmer, wo einige Kerzen ein heimeliges Licht verbreiteten. Ein greller Blitz erhellte den Raum für eine Sekunde, gefolgt von einem beeindruckenden Donnerschlag, der den Boden unter meinen nackten Füßen vibrieren ließ. Angelina stieß einen kleinen Schrei aus und schmiegte sich Schutz suchend an mich. Es war eine vollkommen natürliche Reaktion, meine Arme um sie zu legen. Ihr Zittern wäre der wirkungsvollste Beweis gewesen, dass sie tatsächlich Angst hatte, falls ich einen gebraucht hätte.
Sanft dirigierte ich sie zum Sofa, setzte mich und zog sie auf meinen Schoß. Angelina kuschelte sich an mich und verbarg ihr Gesicht an meinem Hals wie ein kleines Mädchen. Der erleichterte Seufzer schickte einen federleichten, warmen Hauch über meine Haut. Wieder donnerte es so heftig, dass alles vibrierte. Nach dem harten Trommelwirbel an den Fensterscheiben zu schließen, wurde auch der Regen wieder schlimmer. Zusammen mit dem Pfeifen des Windes und dem in unregelmäßigen Abständen krachenden Donner ergab das eine beeindruckende Geräuschkulisse. Während ich das eher nüchtern analysierte, zitterte die Frau in meinen Armen unkontrolliert.
»Ist ja gut. Dir kann nichts passieren«, murmelte ich an ihrem Ohr.
»Mein Verstand weiß das auch, aber ich komme einfach nicht dagegen an«, gestand sie kleinlaut. Ich spürte deutlich, wie peinlich es ihr war.
»Alles gut.« Beruhigend strich ich ihr über den Rücken und registrierte gleichzeitig den feinen Duft ihres seidigen Haares, das ihr offen über die Schultern fiel.
»Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Unwetter schon heute Abend kommt«, meinte sie und hob den Kopf, um mich anzusehen. »Am Nachmittag war doch noch keine Rede davon.«
»Stimmt, mich hat es auch überrascht, aber du weißt ja, wie das hier ist. Wenn der Wind sich dreht oder stärker wird als vorausgesagt, kann sich das Wetter schnell ändern. Ist es für dich in der Nacht schlimmer als am Tag?«
Sie nickte. »Ja, tagsüber kann ich