Ein Boot, ein Kuss und du. Isabella Lovegood

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Ein Boot, ein Kuss und du - Isabella Lovegood

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ich mich mit dem Gedanken anfreunden, die kinderlose Tante zu bleiben, und das Kinderkriegen meinen jüngeren Brüdern überlassen? Unbewusst seufzte ich tief auf. Eine männliche Stimme hinter mir holte mich aus meinen Gedanken.

      »Angelina? Alles in Ordnung mit dir?«

      Ich wandte mich um und sah hoch. Lorenzo stand hinter mir und beäugte mich besorgt. Wir kannten uns schon ewig, hatten aber nie besonders viel Kontakt gehabt. Erst seit Kurzem war ich ein Teil seines engeren Freundeskreises. Er trug eine schwarze Hose und ein ebensolches Hemd. Die Ärmel waren hochgekrempelt und betonten seine kräftigen, sehnigen Unterarme mit dem dunklen Flaum.

      »Ja, klar. Kommst du von der Arbeit?«, fragte ich ihn angesichts seiner Kleidung. »Es ist doch noch gar nicht so spät?«

      »Für heute ist Schluss. Es war wenig los, also hat mich mein Chef heimgeschickt.«

      Die Treppe war zu schmal, um nebeneinanderzusitzen. Stattdessen machte er Anstalten, sich auf die Stufe oberhalb von mir zu setzen. Er streckte die langen Beine rechts und links von mir aus. Dabei ließ er einen tiefen Seufzer hören. »Puh, die Saison steckt mir in den Knochen. Ich bin froh, dass sie beinahe zu Ende ist. Ein paar Tage noch.« Für ein, zwei Minuten waren wir beide still und sahen einer Llaüt zu, die an uns vorbei fuhr und dann der Hafenausfahrt zustrebte. Ich mochte diese alten, traditionellen Fischerboote. Sie waren ein Teil unserer Kultur.

      »Ich freue mich schon darauf, endlich mal wieder mit meinen Boot rauszufahren«, stellte Lorenzo sehnsüchtig fest. »Den ganzen Sommer waren nur meine Freunde damit unterwegs.«

      Ich wandte mich lächelnd zu ihm um, dabei berührte mein Rücken sein Knie. »Es ist wirklich nett von dir, es herzuleihen.«

      Er zuckte lässig mit den Schultern. »Es tut dem Boot nicht gut, immer nur im Hafen zu liegen.«

      »Wie lange hast du es jetzt schon?«

      »Drei Jahre.«

      »Hast du mal wieder etwas von ihr gehört?« Mir fiel im Moment der Name nicht ein, doch auch ohne ihn zu nennen, wusste er sofort, wen ich meinte. Die Geschichte mit dem Abschiedsgeschenk kannte schließlich unser gesamter Freundeskreis.

      »Sporadisch. Geburtstagsgrüße, Glückwünsche zum Jahreswechsel, so in der Art.«

      Nun war auch ihr Name wieder da: Juliana. Ich erinnerte mich nur dunkel an sie, obwohl wir uns in jenem Sommer einige Male über den Weg gelaufen waren. Vor allem im einzigen Supermarkt von Portocolom, in dem ich arbeitete. Lorenzo wechselte seine Freundinnen oft, aber sie war ein auffallend hübsches Mädchen gewesen, ein bisschen aufgedreht vielleicht, aber nie arrogant, trotz des vielen Geldes im Hintergrund.

      »Hast du Lust, mal mit mir rauszufahren?«

      Überrascht sah ich zu ihm hoch. »Das wäre verlockend. Bist du denn gerade solo?« Schließlich wollte ich niemandem in die Quere kommen.

      »Ja, schon eine ganze Weile. Kurz nach Saisonbeginn hat sie Schluss gemacht, weil ich nie Zeit für sie hatte. Außerdem war ich zu müde für alles.« Er zwinkerte mir zu und zuckte gleichzeitig lässig mit den Schultern. »Nach ein paar Monaten Nichtstun ist es besonders hart, von einem Tag auf den anderen voll einzusteigen. Es spielt sich dann rasch wieder ein, aber die erste Zeit falle ich einfach nur ins Bett und bin tot. Man wird ja auch nicht jünger.« Er grinste verschmitzt und ich fragte mich, ob er nach einem Kompliment fischte, doch den Gefallen tat ich ihm nicht. Allerdings stellte ich neidvoll fest, dass er, obwohl er etwas müde wirkte, zu den Männern gehörte, die mit zunehmender Reife besser aussahen als in ihrer Jugend. Wie unfair! Schlagartig fiel mir wieder ein, was mir vorhin durch den Kopf gegangen war, und offenbar spiegelte sich das in der Folge auch auf meinem Gesicht wider.

      »Was ist los?«, fragte er mich sofort.

      »Ich bin seit heute fünfunddreißig«, verkündete ich mit Grabesstimme.

      »Herzlichen Glückwunsch!« Er beugte sich vor und küsste mich auf die Schläfe. Sein Bartwuchs war ein wenig kratzig, doch seine weichen, warmen Lippen hinterließen ein wohliges Kribbeln, das mich irritierte. Wir kannten uns von Kindheit an, also was sollte das? Er lächelte mich sichtlich erstaunt an. »Dann bist du also nur zwei Jahre jünger als ich? Ich dachte, es wären mehr.«

      Ich schüttelte den Kopf. »Ich war damals dreizehn, du fünfzehn.« Als er fragend die Augenbrauen hochzog, hätte ich mich ohrfeigen können. Natürlich hatte er es vergessen. Was hatte mich geritten, es ausgerechnet jetzt aufs Tapet zu bringen? »Längst verjährt«, versuchte ich mit einer lässigen Handbewegung, meine Bemerkung abzuschwächen.

      »Was denn? Klärst du mich bitte auf?«

      »Nicht der Rede wert«, stellte ich fest und stand auf. »Ich muss dann mal nach Hause. Lässt du mich bitte vorbei?«

      Er erhob sich ebenfalls, machte aber keine Anstalten, nach oben auf den Gehweg zu steigen, und um an ihm vorbeizukommen, war die Treppe zu schmal. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen, weil er eine Stufe über mir stand.

      »Erst sagst du mir, was du gemeint hast.« Sein Tonfall ließ mich leicht erschauern. Das Timbre seiner Stimme hatte mir immer schon gefallen, doch meistens sprach er leichthin und mit einem fröhlichen Unterton. Nun klang er zwar sanft, aber dennoch bestimmend. Unwillkürlich zuckte mir der Gedanke an mit Plüsch bezogene Handschellen durch den Kopf. Wo kam denn das auf einmal her? Ich runzelte irritiert die Stirn, was er anscheinend als Verärgerung interpretierte.

      »Nun sag schon«, schlug er nun einen weicheren Tonfall an.

      »Ich war dreizehn, als ich von dir meinen ersten Kuss bekam.« Ich sah zu ihm auf. Erneut zuckten seine Augenbrauen hoch.

      »Echt?«

      Ich nickte. »Aber es wundert mich nicht, dass du es nicht mehr weißt. Am nächsten Tag war meine beste Freundin an der Reihe.« Es ärgerte mich noch heute, mehr als zwei Jahrzehnte danach, dass ich damals für knapp vierundzwanzig Stunden auf Wolke sieben geschwebt war, während es für ihn überhaupt nichts bedeutet hatte. Damals hatte ich mir geschworen, mich niemals mit Lorenzo einzulassen und wenn er der letzte Mann auf Erden wäre.

      »Autsch.« Er hob bedauernd beide Hände. »Tut mir leid. Das war wohl nicht besonders raffiniert. Damals war ich voll in der Experimentierphase.«

      Ich lachte. »So viel ich höre, bist du noch immer mittendrin.«

      Sein Lächeln war entwaffnend und ich konnte nicht verhindern, seine Grübchen und die ebenmäßigen Zähne zu bewundern. Für einen winzigen Moment fragte ich mich, wie sich seine sinnlichen Lippen wohl nun anfühlen würden. Im nächsten Augenblick hätte ich mir am liebsten selbst auf den Kopf geschlagen, um diesen Unsinn zu stoppen. Ein wissendes Funkeln trat in Lorenzos dunkelbraune Augen. Er wandte sich um und stieg vor mir die paar Stufen hoch. Die schmalen Hüften und der vom vielen Herumlaufen unleugbar knackige Po schaukelten verlockend vor mir.

      Wir hatten den gleichen Heimweg, deshalb war es nur natürlich, dass wir nebeneinander hergingen. Er wohnte nur eine Querstraße von mir entfernt. Als wir das Haus erreichten, in dem seine Wohnung lag, wandte er sich mir zu. »Hast du Lust, noch mit raufzukommen? Wir müssen doch auf deinen Geburtstag anstoßen!«

      Ich lachte zu ihm hoch. »Netter Versuch! Am Samstag feiern wir bei Alejandro«, erinnerte ich ihn. »Alle freuen sich, dass du diesmal beim Barbecue dabei sein kannst, also vergiss es nicht.«

      »Das weiß ich doch, aber wir

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