Der Geheimbund der 45. Bernhard Wucherer

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Der Geheimbund der 45 - Bernhard Wucherer

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wurde, das man an einem Docht entzündete, der aus einer kleinen Öffnung herauslugte. Andere Länder, andere Sitten, dachte er über diese Rückständigkeit.

      Während der Italiener sich angeregt, wegen des Dialektes aber auch angestrengt mit den Männern unterhielt, die sich in der Abwesenheit seines Freundes zu ihm an den Tisch gesetzt hatten, hörte er den Wirt fluchen: »Wo bleibt dieses faule Luder schon wieder?«

      Weil Matteo wusste, weshalb Resi verschwunden war, amüsierte er sich königlich darüber. Aber das Grinsen verging ihm rasch, denn am Nebentisch bahnte sich eine handfeste Rauferei an: Drei Männer gingen schreiend auf einen Kerl los, dessen strohfarbenes Haar zu einem Zopf geflochten war, der ihm fast bis zum Steiß hinunterreichte. Zuerst ergab ein Wort das andere, dann wurde es immer lauter. Schließlich begannen die drei Kontrahenten des langhaarigen Mannes, gemeinsam auf ihn einzuprügeln. Niemand ging dazwischen. Alle schauten nur zu, ohne in den ungleichen Kampf einzugreifen. Also stand Matteo, der zwar gut aussehende, aber nicht gerade überaus kräftig wirkende Italiener, auf und ging zum Nebentisch. »Silenzio! Haltet ein!«, schrie er, so laut er konnte, und fing sich von einem der Männer einen solch harten Faustschlag ins Gesicht ein, dass er besinnungslos zu Boden ging.

      »Niemand schlägt meinen Freund ungestraft!«, bellte es plötzlich von hinten, während der erste der drei Männer vom Tisch weggerissen und in eine Ecke des Schankraums geschleudert wurde. Als der zweite aufbegehren wollte, bekam er einen solchen Schlag verpasst, dass er mit seinem Kopf auf die Tischplatte knallte. »Und? Ist noch etwas unklar?«, fragte Hannß, der gerade im rechten Augenblick von seinem Schäferstündchen zurückgekommen war. Dann packte er den dritten Mann am Kragen und schüttelte ihn durch. »Und jetzt raus mit euch! Nimm deine Kameraden mit und verschwinde!«, schrie er noch, bevor er den Langhaarigen fragte, ob alles in Ordnung sei.

      Durch die unglaubliche Schnelligkeit, die der eher träge wirkende Salzkutscher gezeigt hatte, war nicht nur das Opfer der drei Männer so verblüfft, dass ihm im Moment nichts einfiel. Erst als die Männer an den anderen Tischen begeistert mit ihren Händen klapperten, merkte der Langhaarige, was eigentlich geschehen war: Ohne das beherzte Einschreiten des schmächtigen Mannes, der immer noch besinnungslos auf dem Boden lag, und das mutige Vorgehen dieses bulligen Kerls, der sich die drei Bier der geflüchteten Männer schnappte, um sie jeweils in einem Zug leer zu trinken, hätte er wohl elende Prügel bezogen.

      »Aaah!«, kam es genüsslich aus Hannß heraus. »Nach all der Anstrengung hat das richtig gut getan!« Er beugte sich zu Matteo hinab, um ihn mit Wangentätscheln ins Jetzt zurückzuholen.

      Während sich der Langhaarige Hannß gegenüber als Lukas Eberz vorstellte und Matteo sich von dem Faustschlag erholte, setzten sie sich zu dritt an den Tisch, an dem Matteo zuvor mit anderen Männern gesessen hatte. Weil die Feiglinge nicht eingegriffen hatten, waren sie von Hannß kurzerhand vom Tisch gejagt worden.

      Als Resi drei Krüge Bier brachte, zwinkerte sie Hannß vertraut zu.

      »Wenn du hier bist, gibt es immer Ärger, mein lieber Bruder!«, wurde Lukas Eberz vom Schankwirt gerügt, der mit vier Obstbränden vom Bodensee an den Tisch kam und sich zu ihnen setzte.

      »Ihr … ihr seid Brüder?« Hannß konnte es kaum glauben.

      »Ja!«, bestätigte der Schankwirt, der sich den Fremden gegenüber als Friedrik Eberz vorgestellt hatte, mit einem betrübten Gesichtsausdruck.

      »Wir beide haben noch einen Bruder, der hier Bürgermeister ist!«, legte Lukas mit unverhohlenem Stolz noch eins drauf.

      »Aber wir sind alle grundverschieden!«, bestand Friedrik auf dieser nicht immer angenehmen Tatsache. »Und Lukas ist das schwarze Schaf der Familie!«, ergänzte er, bevor er das Thema mit einem »Auf die Gesundheit!« beendete.

      Während Resi einen Branntwein und ein Bier nach dem anderen auftrug, erfuhren die beiden Einheimischen, dass Matteo ein Medicus aus den italienischen Landen war, der ihren Vetter Phillip Eberz gut gekannt hatte. Kein Wunder also, dass Friedrik und Lukas alles darüber wissen mochten. Also berichtete Matteo, was es über seine Freundschaft zu »Professore Philippo« zu berichten gab. Als er sich wegen des vielen Alkohols versehentlich verplapperte und auf das Thema »Leichenöffnungen« zu sprechen kam, wich Friedrik entsetzt zurück. Ängstlich schaute er um sich, ob dies sonst jemand gehört hatte.

      »Lass ihn doch weitererzählen!«, drängte Lukas, den dieses Thema sehr zu interessieren schien.

      Aber Matteo besann sich und wechselte zu einem unverfänglicheren Thema.

      Weil sie im Laufe dieses feuchtfröhlichen Abends Freundschaft geschlossen hatten, versprach Friedrik dem Italiener, ihm eine Unterkunft für einen längeren Zeitraum zu besorgen.

      Nachdem Friedrik dies seinem interessanten Gast in die Hand hinein versprochen hatte, streckte Hannß zaghaft einen Zeigefinger nach oben.

      »Ja, Hannß? Möchtest du etwas loswerden?«

      Der Fuhrwerker traute sich kaum zu sagen, dass er ebenfalls auf unbestimmte Zeit eine Lagerstatt in Isine benötigen würde.

      Weil Matteo wusste, weshalb dies der Fall war, bat er Friedrik, auch für seinen Tyroler Freund eine Unterkunft zu besorgen. Dann wandte er sich mit einem hintergründigen Grinsen und den Worten »So viel zum Thema ›… auf direktem Weg nach Hause‹!« an Hannß. Dabei schüttelte er kaum merklich sein Haupt.

      »Was ist?«, wollte Hannß irritiert wissen, bekam aber nur ein »donnaiolo« zugehaucht, was auf Italienisch so viel hieß wie »Schwerenöter«.

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