Der Geheimbund der 45. Bernhard Wucherer

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Der Geheimbund der 45 - Bernhard Wucherer

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und Besucher von weither angelockt hatte. Weil alle, die nicht hinter einem Verkaufstisch standen, etwas suchten, fiel auch dieser Mann nicht auf. Im Grunde genommen hatte er ja nichts Böses vor; er suchte nur etwas, aber etwas ganz Bestimmtes!

      An der Ursache des Glitzerns angekommen, zeigte er zum ersten Mal ernsthaftes Interesse am Angebot eines Händlers. Direkt im Anschluss an die Tuchhändler befanden sich die Gemischtwarenhändler, die mit allem schacherten, was man sich nur vorstellen konnte: Hier gab es Töpfe, Pfannen und Geschirr, sogar Werkzeug der verschiedensten Art. Gebrauchte Tabore und Einhandflöten, alte Fahnen verschiedener Kriegsheere vergangener Zeiten waren hier ebenso unter der Hand zu bekommen wie Waffen der verschiedensten Art aus den entferntesten Ländern der bekannten Welt.

      »Interessiert Euch etwas, Herr?«, wurde er sofort vom Händler angesprochen, nachdem dieser bemerkt hatte, dass das Augenmerk des Kunden gezielt auf den Kasten mit den vielen kleinen Fächern gerichtet war, in denen sorgsam voneinander getrennt Ketten, Münzen, Perlen und Halbedelsteine lagen. Aber auch fertiger Schmuck wie Anhänger, Anstecker, Armreife und Ringe waren darin zu finden. Dieses Angebot schien den Kunden besonders zu interessieren.

      Der Händler taxierte sein Gegenüber und nahm dann seinen schönsten Ring aus einem der Kästchen, den er über den kleinen Finger seiner rechten Hand streifte, um sie dem Kaufinteressenten entgegenzustrecken. »Wäre das nichts für die werte Frau Gemahlin?«

      Der Kunde schüttelte nur den Kopf.

      »Sucht Ihr etwas Spezielles? Bei mir werdet Ihr sicher fündig! Ich habe alles! Fast alles! Wartet!« Während er einen in Silber gefassten Bergkristall-Anhänger aus einem der hinteren Fächer herausnahm und hastig über eine Kette streifte, rief er sein Weib zu sich: »Rasch, Susanna, dreh dich um!«

      Weil die Frau des Händlers augenscheinlich zwar gut gebaut, ansonsten aber keine Schönheit war, bedachte sie der Kunde nur rasch mit einem Blick, bevor er wieder in den Fächern zu kramen begann.

      »Seht, Herr! Dies ist sicher etwas für die Frau Eures Herzens, oder?«

      Der Kunde schaute eigentlich nur der Höflichkeit halber nochmal zum Halsausschnitt der Händlerfrau, blieb mit seinem Blick dieses Mal aber wie erstarrt daran kleben.

      Wenn der Händler zunächst geglaubt hatte, dass er mit seiner Empfehlung einen Volltreffer gelandet hatte, wurde ihm schnell klar, dass der Kunde sich lediglich am prallen Busen seines Weibes ergötzen mochte. Und weil das Geschäft aus seiner Sicht sowieso nicht zustande kommen würde, empörte er sich darüber auf die unflätigste Weise. Er fing sogar damit an, den Kunden lauthals als einen heißen Bock und als treibigen Eber zu bezeichnen. Und weil sich der Kunde nicht gegen die Beleidigungen des Händlers wehrte, fühlte der sich im Recht und schimpfte so lange weiter, bis der Mann vor dem Verkaufsstand fragte, was es kosten würde.

      »Was … was meint Ihr?« Der Händler schaute seine verlegene Frau verunsichert an.

      »Keine Sorge; nicht was Ihr denkt!«, beruhigte der Kunde die beiden, zu denen sich neben deren Sohn auch seine zwei jüngeren Schwestern gesellt hatten.

      Nachdem der Händler den Preis für den Anhänger mitsamt der Silberkette genannt und seinem Weib die Kette wieder abgenommen hatte, um sie dem Käufer zu geben, schüttelte der den Kopf. »Ich meinte nicht diese Kette, sondern den Anhänger, den Euer Weib um den Hals trägt.«

      Völlig verunsichert antwortete anstatt des Mannes die Frau, dass dieser Anhänger unverkäuflich sei.

      Und weil der Händler glaubte, dass ihn der vermeintliche Kunde lediglich narren mochte, pflichtete er seiner Frau bei.

      »Woher habt Ihr ihn?«, wollte der Kaufinteressent wissen, bekam aber von ihrem Mann nur lapidar zur Antwort: »Wir sind Händler!«

      »Na also: Dann waltet Eures Amtes!«

      Nachdem es auch nichts genützt hatte, den doppelten und sogar den vierfachen Preis von dem anzubieten, was die Silberkette mitsamt dem Anhänger gekostet hätte, hielt sich der Interessent nicht weiter damit auf und wechselte zur Verwunderung des Händlers und dessen Frau das Thema, indem er die beiden fragte, woher sie denn kämen.

      »Warum?«, mochte der erneut irritierte Händler wissen.

      »Nur so …«

      »Aha …«

      »Also?«

      »Aus Kreuzlingen, überm See!«, antwortete sie.

      Nachdem er dies gehört hatte, blitzten die Augen des Mannes gefährlich auf, während sich gleichzeitig ein Grinsen auf seine Mundwinkel legte. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ das Marktgelände.

      »Arschloch!«, rief ihm der Händler noch nach.

      Dies sollte das letzte Schimpfwort gewesen sein, das er in Isine laut hinausgeschrien hatte. Weil sich der Tag sowieso dem Ende neigte und es dunkel zu werden drohte, packte er mit Hilfe seiner Frau und der Kinder seinen Kram zusammen, um das Allgäu in Richtung Meckenbeuren zu verlassen.

      *

      »Kreizkruzifix! Des glaub i etz it!«, schrie tags darauf ein Mann in breitestem Schwäbisch so laut, dass es durch den Wald hallte.

      »Was isch, Hugo?«

      »Ha wa! Etz schau d’r amol des ô?«, kam es fassungslos zur Antwort.

      »Muinsch du, dass se …«

      »Schwätz it, Schorsch! Komm: Mir packet g’schwind elles zam!«

      »Schau amol! Denne beude Alte hend se mit’m Mess’r ebbes in’d Schdirn g’ritzt!« Nach genauerer Betrachtung ergänzte er noch, dass es sich um eine Zahl handeln könnte, wie er sie zwar irgendwo schon mal gesehen hatte, aber nicht wisse, um was für eine Zahl es sich handelte.

      Für die beiden Strauchdiebe, die ursprünglich aus Stuttgart stammten, schien es ein Glückstag zu sein, den sie wohl bis zu ihrem Lebensende nicht mehr vergessen würden. Denn direkt vor ihnen lagen in einem Hohlweg in der Nähe von Eglofs fünf Menschen mit durchgeschnittenen Kehlen. Nachdem die verwahrlosten Herumtreiber die augenscheinlich bedauernswerten Opfer einer Gewalttat ganz genau betrachtet hatten, schauten sie sich ängstlich nach allen Seiten um. Dann fackelten sie nicht lange. Anstatt sich um die Toten zu kümmern, nahmen sie deren Ochsengespann mit dem vollbeladenen Planwagen an sich und suchten damit das Weite.

      Der Geheimbündler, der gestern noch in Isine auf dem Markt gewesen war, hatte nicht lange gewartet, um der unwürdigen Händlerfrau aus Meckenbeuren das »Magische Amulett« vom Hals zu reißen. Weil ihn auch deren Mann und die drei Kinder gesehen hatten, war er nicht umhin gekommen, auch sie umzubringen. Auch wenn dies nicht unbedingt sein erklärtes Ziel gewesen war, hatte er es doch als Omen angesehen. Denn ihm war von vorneherein klar gewesen, dass er fünf Menschen umbringen musste, falls er das Amulett wiederfinden sollte. Und er hatte es nun ja wiedergefunden! Dabei war ihm etwas davon in den Sinn gekommen, was ihm und seinen Brüdern vom Großmeister zur magischen Zahl Fünf gesagt worden war, bevor er sie auf die Suche geschickt hatte: »Die Zwei kann stets als ›weibliche Zahl‹ empfunden werden! Wenn die Zwei und die Drei aber zusammenfinden, dann entsteht daraus die Zahl Fünf: Es ist die Zahl der Vereinigung von Mann und Frau!«

      Zwei Elternteile und drei Kinder, das passt ja, hatte er sich eiskalt gedacht, bevor er den Eltern jeweils eine lateinische Fünf in einem Quadrat in die Stirn geritzt hatte. Wenigstens hatte er die beiden Kinder von diesem menschenverachtenden

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