Dien Bien Phu. Harry Thürk
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Читать онлайн книгу Dien Bien Phu - Harry Thürk страница 6
Als Cogny nichts sagte, klärte Navarre ihn auf: »Der Grund ist: Wenn wir die Vietminh auf ihrem eigenen Territorium schlagen, wenn wir sie so lange durch Vorstöße zermürben, bis sie nicht mehr an ihren Sieg glauben, dann ist der Augenblick da, in dem sie den Kampf zu Bedingungen aufgeben werden, die wir diktieren.«
»Welche?«, wollte Cogny wissen.
»Wir werden großmütig sein«, gab Navarre zurück. »Wir werden sie nicht vernichten, nicht ihre Auflösung fordern. Nur daß sie sich der von uns gesteuerten Zentralregierung in Saigon unterordnen, und diese wird beschließen, daß Vietnam ebenso wie Laos und Kambodscha zwar unabhängig ist, jedoch zur Französischen Union gehört.«
»Aber«, wandte Cogny ein, »Sihanouk, der schlaue Fuchs, versucht doch gerade, sich aus der Union herauszuwinden?«
»Mit Sihanouk werden sich wohl ganz andere Leute als wir beschäftigen.«
»Und der Nachtklubkaiser, wie die Einheimischen ihn nennen, dieser Bao Dai in Saigon hat doch wieder angekündigt, daß Vietnam auch aus der Union herausmöchte, oder?«
Navarre winkte ab. »Er wird zustimmen, sobald wir die Verhältnisse militärisch klären. Sobald wir ihm Sicherheit garantieren können, was jetzt nicht der Fall ist. Er wird dann nur die Wahl haben, zuzustimmen oder abzudanken.«
»Da gibt es immer noch das Problem Laos«, warf Cogny ein. »Sie haben selbst gesagt, daß ist ein schweres Potential, das sich da im Norden aufbaut und im Nordwesten. Wenn ich daran erinnern darf, daß in dieses Aufmarschgebiet zunehmend unkontrollierbar chinesische Waffenlieferungen fließen …«
»Ich weiß! Deshalb wird das Gebiet von Nordvietnam, das an Laos grenzt, meine besondere Aufmerksamkeit erhalten. Was haben wir dort an Kräften?«
»Lai Chau«, antwortete Cogny. »Befestigter Punkt. So gut wie ständig eingeschlossen. Und ein paar verstreut liegende Außenposten. Meist Holzbunker mit geringer Besatzung.«
»Vorstöße?«
»Mon Général, dafür sind alle diese Posten zu schwach. Wir stehen immer vor der Gefahr, daß, während wir einen Vorstoß unternehmen, der Gegner die Chance nutzt, unseren dann noch schwächer besetzten Posten zu überrennen.«
»Dagegen hilft nur die Verstärkung der Posten!«
»Sehr richtig«, stimmte Cogny ihm zu, ohne sich über die Möglichkeiten für eine solche Verstärkung zu äußern.
Navarre überlegte. »Es ist ein untragbarer Zustand, daß wir von Son Tay bis Luang Prabang weiter nichts mehr stehen haben als ein paar gefährdete Außenposten. Lächerlich!«
Cogny bemerkte mit leichter Ironie: »Immerhin sitzt in Luang Prabang nicht bloß der verkalkte laotische König Sisowath, sondern auch der tausendjährige Buddha, und der beschützt das Land!«
Navarre war kein Mann, der Scherze liebte. Er stellte Cogny die sachliche Frage: »Hat jemand im April ernstlich geglaubt, dieser Buddha könnte die Pathet Lao und die Vietminh aufhalten, als sie ein Dutzend Meilen vor der Residenz eine Pause einlegten?«
»Niemand«, mußte Cogny zugeben.
»Wie sind die Kerle eigentlich so schnell bis kurz vor den Mekong gekommen? Immerhin sind das mehr als hundert Kilometer Luftlinie von ihren Basen gewesen!«
Cogny gab gelassen Auskunft: »Sie drangen in drei Gruppen vor, jeweils in einem Flußtal. Keine schlechte Taktik. Sie benutzten den Ou, den Seng und den Khan, alle drei fließen in Richtung Luang Prabang.«
»Und wir? Ich denke, wir haben etwas südlich davon, in dieser sogenannten Ebene der Tonkrüge, eine ganze Division stationiert?«
»Der Oberkommandierende unserer Streitkräfte in Laos setzte sie nicht in Marsch. Sie waren bereits von drei Seiten her umzingelt; es hätte einen verlustreichen Kampf gegeben.«
»Was hätten Sie an seiner Stelle befohlen?«
Mit dieser direkten Frage überraschte Navarre Cogny zwar, aber dieser faßte sich schnell und gab zurück: »Ich hätte angegriffen. Mit allem, was ich hätte mobilisieren können. Wenn die Pathet Lao noch einen Tag weiter vorgedrungen wären, hätten sie nicht nur Luang Prabang erobert, sie wären am Mekong gewesen, mon Général, und damit hätten sie eine ideale Nachschublinie in den Süden in ihren Besitz gebracht. Sie könnten dann heute ihre Kräfte im Süden so versorgen, daß unsere Probleme unübersehbar wären.«
»Warum haben sie aber haltgemacht, einen Steinwurf vor dem Ziel?«
Cogny zuckte die Schultern. »War es das Ziel? Sie plagen sich nur ungern mit größeren Städten ab. Sind schwer zu halten für sie. Die Vietminh, auch die Pathet Lao führen ihren Krieg nicht nach den Regeln, die in St. Cyr gelehrt werden. Vieles erscheint auf Anhieb unerklärlich, dabei ist es von der Gegenseite her gesehen ganz logisch. Ich persönlich glaube, sie wollten die von ihnen beherrschten Gebiete in Nordlaos ausdehnen, auf eine achtbare Größe bringen, aber nicht so weit, daß sie von uns oder den Königstruppen gefährdet werden können. Sie stoßen weit vor und ziehen sich dann auf eine sichere Linie zurück, die sie ohne Schwierigkeiten halten können. Die Vietminh, wahrscheinlich auch die Pathet Lao, sind in der Einschätzung ihrer Mittel äußerst realistisch. Sie vermeiden jedes unnötige Risiko. Der Name einer großen Stadt bedeutet für sie nichts.«
»Können Sie sich vorstellen, was geschehen wäre, wenn wir nur aus zwei oder drei stark besetzten Stützpunkten mit schweren Fernpatrouillen diese drei Marschsäulen der Pathet Lao angegriffen hätten? Sie wären so durcheinandergeraten, daß sie Monate zum Erholen gebraucht hätten!«
»Die Voraussetzung wären eben starke Stützpunkte gewesen«, meinte Cogny. »Aber es gibt noch einen anderen Aspekt. Wir merken, daß Bewaffnung und Ausrüstung der Roten sich schnell verbessern.«
»Rotchina?«
»Ja. Unsere Aufklärung ist der Meinung, Lang Son ist die Drehscheibe dieser Logistik. Dort verläuft die Indochina-Bahn. Straßen gibt es auch. Mancher von uns vergißt, daß die Vietminh inzwischen nicht mehr isoliert sind. Sie haben den Rücken an einem befreundeten Land.«
Eine Weile schwieg Navarre. Es schien, als höre er der Musik zu, die wieder eingesetzt hatte. Salan erschien am Tisch, aufgeräumt, ein bißchen belustigt über die ernsten Gesichter der beiden Generale, die hier Probleme wälzten. Er überbrachte Navarre die Mitteilung, ein paar Damen würden sich glücklich schätzen, ihm vorgestellt zu werden. Frauen von Kolonialbeamten, die den größten Teil ihrer Zeit in Hanoi damit verbrachten, ihr vietnamesisches Dienstpersonal zu schikanieren und in den Gassen um die Markthalle Antiquitäten zu kaufen. Navarre erhob sich. »Ich komme.«
Salan bemerkte spöttisch zu Cogny: »Nun, Coco, ich gratuliere dir. Zum Stern, aber auch zu deinem neuen Aufgabengebiet. Tongking ist der größte Exerzierplatz Frankreichs. Und – der neue Oberkommandierende wird ihn zu einem vorbildlichen Platz machen. Trinken wir einen Pernod darauf!«
Das Lazarett lag am Hoan-Kiem-See, mitten in