Türkei - Entdeckungen im Morgenland. Claudia Stosik
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Türkei - Entdeckungen im Morgenland - Claudia Stosik страница 4
Nach dem Tod von Jesu gingen die Apostel in alle vier Winde – Petrus kam hierher und es fanden die ersten Treffen zur Verbreitung des Christentums statt. Die Felsenkirche ist 13 m lang und 9,5 m breit. Sie wurde im 6. Jahrhundert weiter ausgebaut.
Ergänzend möchte ich erwähnen, dass noch vor der Zeit der römischen Provinzen3 ein Streifen der Türkei ursprünglich einmal zu Syrien gehörte. Selbstverständlich handelte es sich damals nicht um Ländergrenzen, sondern um die kulturelle durch inschriftliche Zeugnisse belegte Entwicklung. Aus geografischer oder/und kulturhistorischer Sicht zählten dazu die Gebiete um den Golf von Iskenderun bis hin nach Gaziantep.4 Diese Stadt werden wir im Laufe der Reise noch kennenlernen genauso wie Harran, wo heute noch syrische Araber leben, die nur arabisch oder persisch sprechen und vermutlich kein türkisch. Doch zu diesem Thema in einem späteren Kapitel.
An diesem denkwürdigen Ort hält unser Reiseleiter und Pfarrer eine Andacht, die etwas theatralisch wirkt, denn er spricht von den „hier lebendigen Gebeinen in Verkörperung unserer Gruppe“.
Um den Glaubensfrieden noch zu bestärken, singt die Gruppe: „Donna nobis pacem“. Die singende christliche „Gemeinde“ wirkte missionarisch, mitunter peinlich. Wir waren doch nicht die einzigen Besucher in der Felsenkirche. Das Pastorale erhob sich gnadenlos und unbescheiden, dabei waren wir doch nur Gäste in einem fremden Land?! In einem Land, wo es erst einmal darum ging, die hiesigen Gewohnheiten kennenzulernen bzw. sie im Rahmen der eigenen Toleranzgrenze zu akzeptieren. Das betraf die für unsere Ohren ungewohnte Musik, das öffentliche Ausrufen der Gebete durch den Muezzin und natürlich das gewöhnungsbedürftige Klima. Aber das Singen von Kirchenliedern sollte noch öfters praktiziert werden, manchmal sinnvoll, manchmal völlig unpassend. Man stelle sich vor, eine muslimische Reisegruppe reist durch Deutschland singt bei jeder sich bietenden Gelegenheit Suren aus dem Koran. Die Aufgeregtheit der einheimischen Bevölkerung wäre vermutlich voraussehbar. Die Toleranz des jeweils anderen wäre das Ideal.
Auf den Spuren der Apostel:
In diesem Zusammenhang war für uns die Erkenntnis neu, dass die Türkei nach dem Staat Israel mit den wichtigsten Stätten des Christentums aufwarten kann: Die Apostel Paulus und Petrus, der islamisch-urchristliche Wallfahrtsort Urfa5 – das alte Edessa – mit der Geburtshöhle Abrahams und Harran, der Zufluchtsort seines Sohnes Jakob. Außerdem auf türkischem Boden Kayseri, das biblische Caesarea, sowie der Herkunftsort des heiligen Nikolaus von Myra nahe der Mittelmeerküste, legen beredtes Zeugnis der biblischen Geschichte ab. Das unter Kaiser Konstantin einberufene Konzil von Nicäa im Mai des Jahres 325 führte nach langem Streit zu Klärung und Festlegung des Osterfestes. Auf geschichtsträchtigem Boden von Kleinasien, der heutigen Türkei, legte man neben anderen kirchlichen Glaubensfragen das höchste Kirchenfest auf den 1. Sonntag nach dem Frühlingsvollmond fest. Was an Gültigkeit bis heute nichts verloren hat.
An diesem historischen Ort, wo einst Apostel Petrus predigte, hielt unser Pfarrer eine Andacht.
***
Antakya und das Mosaikmuseum
Ankunft in Antakya, das frühere Antiochia, die nach Rom größte Stadt des Altertums. Damals lebten hier 500.000 Einwohner – heute nur noch 66.000. Die Stadt wurde 301 v. Chr. gegründet, gehörte zu Syrien, denn wie schon erwähnt, beherrschten die Römer diesen Teil Asiens. Auch heute noch wird die Stadt von ihrer einstigen griechisch-römischen Stadtanlage geprägt. Vermutlich wurden die Menschen hier zum ersten Mal in der Geschichte Christen genannt. Von meinem Hotelfenster blicke ich auf die Altstadt von Antakya. Bei einem abendlichen Stadtbummel offenbart sich die Schönheit der Altstadt mit einem Besuch im orientalischen Basar.
Blick auf die Altstadt von Antakya in der Abenddämmerung
Aus unerfindlichen Gründen sollte die Stadt nicht mehr lange Antakya heißen, sondern zukünftig Hatay, nach der gleichnamigen Provinz. Das wäre dann der dritte Name seit ihrer Gründung.
Besonders sehenswert empfinden wir das Mosaikmuseum bzw. archäologische Museum, welches zahlreiche Objekte von Ausgrabungen aus Orten der näheren Umgebung von Antakya und Syrien – meist der Hethiter und Assyrer präsentiert.
Mosaikmuseum im Jahr 1990 – Der Umzug in ein anderes Gebäude erfolgte im Jahr 2011
Großflächige, jedoch meist nur in Teilen erhaltene, imposante Mosaikbilder an den Wänden und Fußböden bestaunen wir und sind immer wieder überrascht über das hohe Niveau der künstlerischen Darstellungen des damaligen Lebens.
„Bedeutende Kulturschätze wurden in einer Villenstadt der Reichen Antiochias entdeckt, in Daphne, vor allem prachtvolle Mosaiken mit Tierbildern, mit Imitationen wertvoller Perserteppiche, mit Erzählungen und religiösen Szenen.“6
***
Fahrt Richtung Osten
9. September:
Es ist Sonntag. Früh am Morgen nehmen wir an einem Gottesdienst in der syrisch-orthodoxen Kirche der Basilius-Gemeinde in Antakya teil, so wie es sich für eine Reisegruppe, die den Spuren der frühchristlichen Apostel nachspüren möchte, gehört.
Ablauf: erst eine große Fürbitte (große Kyrie), dann wird die große Kyrie gesungen – Halleluja –. Es folgt der kleine Einzug – 1. Höhepunkt jeder Liturgie – Gott wird Mensch. Gott Vater wird in der Ikonenmalerei aber nicht dargestellt, nur Jesus Christus. Anschließend erfolgt die Lesung des Evangeliums. Wir erfahren, dass in jeder orthodoxen Kirche die gleiche Liturgie abläuft. Der Eremit Basilius, der Namensgeber der Kirche, wurde in der Region Kappadokien geboren und lebte Mitte des 4. Jahrhunderts. Seine Lehre, Rat und Anleitungen wurden nach seinem Tod weitergegeben. Seine Regeln: „haben im griechisch-orthdoxen Klosterleben die gleiche Rolle gespielt wie die Regel des heiligen Benedikt im Westen.“7
Nachdem wir uns beim reichhaltigen Frühstück im Hotel und im Anschluss beim erbaulichen Gottesdienst in der Kirche gestärkt hatten, geht die Reise in Richtung Osten weiter. Wir überqueren die Gleise der berühmten Bagdadbahn. Sie fährt wohl heute noch, zwar nur einmal am Tag, von Istanbul bis Bagdad. Das vor dem Ersten Weltkrieg aus dem Boden gestampfte, von deutschen Ingenieuren geleitete Mammutprojekt, beendete man schließlich erst nach dem Ersten Weltkrieg.
***
Der Moses-Berg
Auf der Fahrt Richtung Urfa erblicken wir in der Ferne einen hohen Berg, den Mosesberg (Musa-Dağ), auf dem während des Ersten Weltkrieges 5000 Armenier überlebten bis sie schließlich gerettet wurden. Ein französischer Panzerkreuzer, da heißt die Schiffsbesatzung, ah die weiße Fahne mit der Aufschrift „Christen in Not“, die oben auf dem Berg geschwenkt wurde, und leitete somit die Rettung der Flüchtlinge ein. Das war im Sommer 1915 mitten im Krieg.
Der Schriftsteller Franz Werfel hat mit seinem Buch „Die 40 Tage des Musa Dağ“