Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen

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Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen Mami Bestseller Staffel

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mal den anderen Brief öffnen«, riet der Junge ihr. Dieses Thema hing ihm gründlich zum Hals heraus. Da war jede Ablenkung willkommen.

      Angie hatte schon mit einem Blick erkannt, daß der zweite Brief von ihrem Bruder war. Das hatte sie erstaunt. Während sie das Kuvert aufriß, schlenderte sie zurück ins Atelier. Hubs folgte ihr.

      Zunächst fiel ihr ein Scheck entgegen. »Tausend Euro!« rief sie aus. »Wozu das denn? Um Himmels willen! Habe ich vielleicht Geburtstag gehabt?«

      »Nee, du bist Widder, Mami. Mach dir nichts vor. Und Weihnachten ist auch noch nicht. Also, komm mal zur Sache. Was will Onkel Gerd denn?«

      Gerhard Stellmann war vier Jahre jünger als Angie. Immer, wenn er ein Anliegen hatte, rief er sie an. In der letzten Zeit waren keine Anrufe erfolgt. Angie wußte, warum. Ihr Bruder hatte als Börsenmanager ein Vermögen verdient und wollte sich bereits in jungen Jahren zur Ruhe setzen. Darum war er bemüht gewesen, ein Grundstück im Holsteinischen zu erwerben. Das war ihm auch gelungen. Nun stand der Einzug in eine alte Villa bevor. Daß er da nicht viel Zeit für familiäre Anteilnahme fand, konnte sie verstehen. Außerdem war ihr das Ausbleiben der Anrufe ganz recht gewesen. So mußte sie Gerhard nicht gestehen, wie schlecht es um die schulische Laufbahn ihres Sohnes stand. Denn ihr Bruder begriff nie, welchen Ärger sie mit dem Lümmel Hubs hatte. Er hielt ihr seine beiden Kinder, die achtjährige Xenia und den sechsjährigen Wolfi, ständig als Musterexemplare seiner strengen, jedoch liebevollen Erziehung vor.

      Inzwischen hatte sie den Brief gelesen. Sie mußte sich setzen. Plötzlich fragte sie sich, warum Gerhard ihr das nicht telefonisch erklärt hatte.

      »Was ist denn? Wozu soll das Geld sein? Wenn es ein Geschenk ist, könnte ich vielleicht ein Sümmchen davon für meine Zeltausrüstung abzweigen, Mami? Das mit der Nachprüfung wird doch nichts.«

      »Das mit der Zeltfahrt wird erst recht nichts«, bestimmte Angie. »Dein Onkel bittet mich nach Lüttdorf. In seiner Familie geht alles drunter und drüber. Er hat noch in Hamburg zu tun, Tante Natalies Mutter ist erkrankt, so daß sie einige Wochen bei ihr zubringen muß. Zudem sind die Handwerker nicht mit allen Arbeiten pünktlich fertiggeworden.«

      »So, und da sollst du wieder einspringen? Der ist ja gut.«

      Angie betrachtete den Scheck sehr nachdenklich. »Das Geld ist für die Fahrkarten und für etwas Garderobe für mich, Hubs. Eigentlich meint mein Bruder es gut mit mir.«

      »Dazu hat er auch allen Grund. Er braucht dich ja.«

      »Sei nicht so frech.«

      »Aber ich bin doch gar nicht frech«, verteidigte Hubs sich. Er holte den Fensterlappen aus dem Wasser und wedelte damit spielerisch herum. Die Wassertropfen bedrohten das Aquarell auf der Staffelei.

      »Laß das«, sagte Angie ärgerlich. »Ich bin sowieso nicht mit dem Bild zufrieden. Wenn da noch Flecken draufkommen!«

      »In Lüttdorf kannst du ja neue malen«, grinste Hubs, tat den Lappen dabei wieder zurück ins Wasser. »Außerdem kann ich auf der Zeltfahrt bunte Fotos machen. Die malst du dann einfach ab.«

      »Du wirst mitkommen, mein Junge. Du kannst dort in aller Ruhe für die Nachprüfung arbeiten.«

      »Nun werd man nicht tragisch, Mamilein. Ich gehe nicht mehr zur Schule. Ich amüsiere mich jetzt zwei Jahre, und dann mache ich mit achtzehn den Führerschein, kaufe mir einen Lieferwagen und gründe ein Transportunternehmen.«

      »Ach, du meine Güte!«

      Angie faltete den Brief zusammen und steckte ihn in die Schürzentasche. Sie klopfte darauf, um ihren folgenden Worten Nachdruck zu verleihen. »Schon wieder so eine alberne Idee von dir, Hubs. Daraus wird nichts. Dein Vater war auch ein Traumtänzer, aber er hat immer die Verantwortung für uns übernommen. Und du mußt nun auch die Verantwortung für dein Leben übernehmen. Darum wirst du wenigstens versuchen, die Nachprüfung zu bestehen.«

      »Wenn Papi dich hören könnte!« schimpfte Hubs leise. »Du bist richtig kleinlich und ehrpusselig. Ich habe doch noch Geld zu erwarten, damit kann ich eine Firma gründen, Mami. Laß mich nur machen.«

      Sie hatte sich erhoben und stand vor ihm. »Ja, das stimmt. Aber dein Vater hat über das Geld testamentarisch verfügt, mein Lieber. Du bekommst es erst, wenn du einundzwanzig bist.«

      »Ja, aber du hast auch einen Teil geerbt, Mami. Du könntest mir, wenn ich achtzehn bin, einen Kredit geben.«

      Angie war klein und zierlich. In dem schmalen Gesicht leuchteten jedoch sehr große, ausdrucksvolle Augen. Ihr aschblondes Haar ließ die Farbe der Augen noch stärker hervortreten, und wenn sie zornig war, so wie jetzt, blitzte es azurblau in ihnen und setzte ihre Umwelt immer wieder in Erstaunen.

      »Ich habe es dir schon oft gesagt, Hubs. Dein Vater und ich sprachen ein halbes Jahr vor seinem Tod im Scherz darüber. Damals wußt ich nicht, daß er meine so leicht dahingeplapperten Ratschläge ernst nehmen würde. Heute bin ich froh darüber. Auch ich bekomme die zweite, etwas größere Rate des sowieso nicht großen Vermögens erst ausgezahlt, wenn du entweder eine Lehre hinter dir oder das Abitur bestanden hast. Dein Vater hat klug gehandelt. Er wollte dich damit zwingen, Verantwortung zu übernehmen. Wäre ich jetzt finanziell fein heraus, hättest du überhaupt keinen Stift oder kein Buch mehr in die Hand genommen und von mir erwartet, daß ich dir Nachhilfestunden geben lasse. Ist es nicht so?«

      »Na, dann begleite ich dich nach Lüttdorf und bitte Onkel Gerhard um einen Kredit. Der hat’s ja schließlich reichlich.«

      Da mußte Angie lachen.

      »Dein Onkel hat das Grundstück mit der Villa gekauft und hat Familie, für die er gut sorgt. Ich glaube nicht, daß er dir Geld geben wird. Außerdem würde er dich fragen, wozu. Und dann würde er dir vorschlagen, mal selbst in die Hände zu spucken.«

      Jetzt stand auch Hubs auf. Gewaschen war er noch nicht. Er hatte lange geschlafen. Aber er trug schon seine

      Jeans, so daß er die Hände in die Hosentaschen stecken konnte. Angie kannte diese Geste. Jetzt kam etwas sehr Bedeutendes von seinen Lippen.

      »Ich hab’ schließlich jeden Tag zwei Stunden an der Tankstelle gearbeitet, Mami. Damit warst du einverstanden.«

      »Ja, wenn du außerdem noch täglich, wie hoch und heilig versprochen, zwei Stunden über den Büchern gesessen hättest. Aber du hast das Geld mit hübschen Mädchen ausgegeben. Zum Schluß war nur noch ein kläglicher Rest für die Zeltausrüstung übrig.«

      »Weil die Mädchen alle doof sind, Mami. Die wollen immer eingeladen werden. Die Gerda hat sich sogar eine Platte von mir gewünscht. Als sie sie hatte, ließ sie sich nicht mehr blicken.«

      »Du tust mir unheimlich leid.«

      Sie ging auf ihn zu und hob den Arm, um ihm über das neuerdings sehr kurz geschnittene Haar zu fahren. »Und die mit dem englischen Kashmirschal? Die mußte plötzlich mit ihrem älteren Freund nach Italien abdampfen. Wirklich, Hubs, ich würde dir nettere Freun­dinnen wünschen. Aber du bist noch jung, und es gibt mehr Frauen auf der Welt, als du denkst. Nette dazu auch noch in Hülle und Fülle.«

      Er sah sie aus den Augenwinkeln heraus an. »Weiber«, knirschte er. »Weiber, nichts wie Ärger.«

      »Laß nur, Weiber können zauberhaft sein. Nur kann man sie nicht kaufen.«

      »Hoho.

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