Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling страница 36
»Sie sind verheiratet?« staunte er. »Ich könnte mir vorstellen, daß bei Ihrem Arbeitseinsatz Ihr Privatleben zu kurz kommt.«
»Ich habe im Augenblick kein Privatleben, ich bin froh, daß meine Arbeit mich vollkommen ausfüllt. Ich bin vor einem Jahr geschieden worden. Die ganze Angelegenheit war sehr schmerzlich. Aber ich möchte nicht von mir sprechen.«
»Es tut mir leid.« Er musterte sie mitfühlend. Eigentlich sah er erst jetzt, wie vollendet sie zurecht gemacht war. Jeder Zoll die perfekte Mitarbeiterin. Ein besseres Aushängeschild als diese Dame, konnte eine Firma gar nicht finden.
»Es ist vorbei. Es war eine schmerzhafte Zeit, und ich habe sie noch lange nicht überwunden. Ich war meiner Sache so sicher, ich glaubte, wir führten die perfekte Ehe, dabei gab es schon lange eine andere in seinem Leben. Er wollte die Scheidung nicht, ihm gefiel der Zustand, eine Ehefrau, einen perfekten Haushalt und eine Geliebte. Ich Närrin habe ihm alles Unangenehme ferngehalten, hab’ nie kontrolliert, wieviel Geld er ausgab und wofür. Ich bin nun einmal sehr großzügig und hasse es, jemanden zu bevormunden. Diese Eigenschaft wurde mir schlecht gelohnt. Ich jedenfalls wollte solch ein Leben nicht.«
Er nahm sich noch ein Brötchen und nickte. »Das kann ich gut verstehen. Von einer Beziehung außerhalb der Ehe halte ich auch nichts. Ich glaube, Franziska, wir sollten uns wieder über unsere Arbeit hermachen. Ich will mir die Werbung von Giese noch einmal ansehen.«
»Noch einen Augenblick, Max. Essen Sie zuerst in Ruhe zu Ende. Ich habe eine große Bitte, ich hoffe, daß sie nicht unverschämt ist. Ich möchte Ihre Kinder gern kennenlernen, ich brenne richtig darauf. Ich liebe Kinder, ich leide sehr darunter, daß meine Ehe kinderlos geblieben ist, aber mein Mann wollte keine Kinder. Vielleicht sollte ich jetzt froh darüber sein. Kinder aus einer geschiedenen Ehe sind nicht zu beneiden. Damit ein Kind glücklich ist, braucht es beide Elternteile, einen Vater und eine Mutter. Oh, wie taktlos ich bin«, rief sie im gespielten Erschrecken und schlug sich wie ein Kind auf den Mund. »Wie kann ich nur so etwas sagen! Für gewöhnlich bin ich wirklich kein enfant terrible. Aber das ist doch auch Ihre Meinung, nicht wahr?«
Wie ein kleines Mädchen riß sie die Augen auf, den Mund hielt sie ein wenig geöffnet, damit man die weißen Zähne sehen konnte.
»Das Sie kein enfant terrible sind?« fragte er neckend. Auf ihre Frage ging er nicht ein. Mit der Serviette strich er über seinen Mund, säuberte die Hände.
»Seien Sie doch nicht so stur«, schmollte sie. »Darf ich Sie einmal besuchen? Ich möchte ganz sicher nicht aufdringlich sein.«
Er konnte ja gar nicht anders! Und wenn es noch so gegen seine Prinzipien verstieß. Er bemühte sich um einen burschikosen Ton, er verbeugte sich sogar und schmunzelte.
»Wir Gilbergs fühlen uns geehrt, wenn wir Sie begrüßen dürfen. Ich kann Ihnen sogar einen guten Kaffee versprechen. Wenn Sie mir sagen, wann Sie kommen, kann ich sogar für einen Guglhupf garantieren. Nur ob meine Kinder vorzeigbar sind, das kann ich nicht versprechen.« Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, lachte. Ihr Herz zog sich begehrlich zusammen. Sie war sicher, noch nie einem Mann begegnet zu sein, der eine Ausstrahlung hatte wie er. Nichts würde sie unversucht lassen, um ihn zu »ihrem Mann« zu machen! Es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ihr das nicht gelang. Sie würde alle Register ziehen, wenn ihr das nicht gelang. Sie würde alle Register ziehen, er würde gar nicht anders können, als sie begehrenswert zu finden. Gleich heute wollte sie mit ihrem Schachzug beginnen.
»Max!« bat sie ihn am späten Nachmittag. »Könnten Sie mich nach Hause bringen? Mein Wagen ist in der Werkstatt, und mit dem Autobus zu fahren, ist nervig. Die vielen Menschen auf so engem Raum gehen mir nach einem arbeitsreichen Tag aufs Gemüt.«
Es paßte ihm nicht. Er brannte darauf, nach Hause zu kommen, er hoffte doch so sehr, Marie-Luise vorzufinden.
*
Er setzte Franziska vor ihm Haus ab und war nicht zu bewegen mit hinaufzukommen.
»Ich muß nach Hause«, wehrte er ab. Er war nicht einmal ausgestiegen. Kein Wunder, daß Franziska Mühe hatte, ihren Ärger zu verbergen. »Die Kinder warten auf mich. Ich will so viel wie nur eben möglich mit ihnen zusammen sein.«
»Ist Ihre Schwester noch immer im Krankenhaus?« Mit der mußte sie sich auf jeden Fall gutstellen, die Schwester war gewiß seine Vertraute.
»Ich hoffe, daß sie bald entlassen wird.« Max rutschte nervös auf dem Sitz herum. »Himmel, das habe ich vergessen. Ich hätte sie heute anrufen müssen.«
»Bestimmt hat sie dafür Verständnis«, tröstete sie ihn. »Ihre Schwester und Sie verstehen sich doch gut, nicht wahr?«
»Sehr gut. Ich bin ihr außerdem zu großen Dank verpflichtet. Bis morgen, Franziska, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Sie haben einen ruhigen Feierabend verdient.«
Eine Antwort wartete er nicht ab. Er brauste davon. Sie sah dem Wagen nach und kaute an ihrer Enttäuschung. Beinahe hatte sie Angst, in die leere Wohnung hinaufzugehen. Sie war nicht gern allein, abends schienen die Wände sie erdrücken zu wollen. Sie war schon einige Male allein gewesen, zum Essen, ins Theater, einmal sogar in eine Disco, aber das war entsetzlich gewesen. Nein, sie wollte nicht länger allein sein. Sie wollte einen Mann, und zwar einen Mann wie Max. Nur ihn.
Während sie langsam die Treppe hinaufstieg, wurde der Wunsch immer heftiger, nahm Formen an, die sie selbst erschreckten.
*
Max fuhr den Wagen vor die Garage und stieg aus. Er strahlte, als die Kinder aus dem Haus gerannt kamen. Er fing zuerst Doris auf und dann seinen Sohn.
»Da seid ihr ja.« Er küßte sie zärtlich, hielt beide im Arm. Die Frage kam ganz von allein über seine Lippen:
»War Marie-Luise heute da?«
Sie nickten beide. Doris’ Haar war erstaunlich gut frisiert, sogar Thomas’ Hemd war ohne einen Schmutzflecken.
»Ja. Und als sie gerade mit uns spielte, kam Tante Pat. Papa, sie ist sauer!« Doris sah kummervoll zu ihrem Vater hinauf. »Wir hatten gerade die Hürden aufgebaut, wie wollten doch Dagobert trainieren, da kam Tante Pat. Wenn sie dir sagt, daß wir sie nicht ordentlich begrüßt haben, dann kohlt sie. Wir hatten nur keine Zeit für sie, und deswegen war sie sauer.«
Thomas knurrte entrüstet, während er neben seinem Vater durch den Garten ging:
»Du hättest nur mal sehen sollen, wie sie Marie-Luise musterte! Als wäre sie ein Zirkusgaul.«
»Nee, so nicht«, widersprach Doris. »Den sieht man viel freundlicher an. Weißt du, was sie gefragt hat? Wer sind Sie denn?« Es gelang dem Kind vortrefflich, einen gezierten, abfälligen Ton in die Stimme zu legen.
»Weißt du, Papa, was sie geantwortet hat?« Thomas strahlte vor Freude. »Eine Freundin der Kinder.«
»Bevor sie noch was sagen konnte, rauschte Tante Pat schon ins Haus. In der Küche hat sie dann Trude unter die Lupe genommen. Sie hatte uns Waffeln zum Kaffee versprochen, aber der Teig ist ihr nicht geglückt, so fertig war sie. Was ist denn nur in Tante Pat gefahren, Papa?« wollte Thomas unwirsch wissen. »So beknackt war sie doch sonst nicht. Sie war doch eine ganz normale Tante.«
»Ja, richtig patent«, nickte Doris kummervoll. Sie ahnte, daß das Leben, das sie bisher führten, nicht so problemlos blieb. »Wenn sie