Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von Deyen
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Zwei Wochen noch, dann wurde Maurena seine Frau, würde mit ihm nach Deutschland ziehen, und er brauchte nie mehr Angst zu haben, daß im fernen Marbella ein flotter Spanier die geliebte Frau betörte.
»Und ob ich mich nach dir sehne«, widersprach Mike und hob die Arme, um seine künftige Frau hineinzuschließen. »Tag und Nacht denke ich an dich. Kaum habe ich mit dir telefoniert, möchte ich schon wieder deine Stimme hören. Ich bin halb krank vor Unruhe. Selbst meinem Vater ist das aufgefallen. Deshalb deckt er mich neuerdings rücksichtslos mit Arbeit ein. Ich soll keine Zeit zum Nachdenken haben, meint er. Das war auch der Grund, weshalb ich nicht rechtzeitig am Flughafen war. Wir hatten Besuch aus Schweden. Ein wichtiger Abnehmer, der das Werk kennenlernen wollte. Ich mußte ihn herumführen und seine Fragen beantworten. Das hat unheimlich Zeit gekostet. Maurena, sobald wir zusammen wohnen und leben, wird das alles anders. Ich freue mich wahnsinnig darauf, denn ich liebe dich.« Es war die Wahrheit. Mike hielt seine künftige Frau für das begehrenswerteste Geschöpf dieser Erde. Dabei hatte er sich noch nie Gedanken darüber gemacht, daß sie sich bisher immer nur für zwei oder drei Tage sahen und sich dabei gar nicht richtig kennenlernen konnten.
Welches Risiko er damit einging, störte ihn nicht. Die Verliebtheit dominierte, und Maurena verstand es gut, sie ständig noch zu schüren.
In seinen Armen lehnte sie ihren schlanken, biegsamen Körper weit zurück. Ihre glitzernden grünen Augen blitzten ihn herausfordernd an. »Es gibt reichlich Gelegenheit, mir diese Liebe zu beweisen. Dreihundert Einladungskarten für unsere Hochzeit müssen raus.«
»Das dürfte kein Problem sein«, antwortete Mike lachend.
»Elèn ist aber der Ansicht, daß sie alle handgeschrieben sein müssen.« Seit Maurena erwachsen war, nannte sie ihre Mutter beim Vornamen.
Mike zog die Augenbrauen hoch. »Sag mal, müssen wir all die Leute einladen? Ich möchte viel lieber mit dir allein feiern.« Mike haßte dieses eitle Getue, das für die Familie de Derceville sehr wichtig war.
»Elèn sagt, es wäre ein Skandal, wie viele unserer Freunde nicht berücksichtigt werden können. Aber man muß sich eben auch nach den örtlichen Gegebenheiten richten. Kein Hotel verfügt über einen größeren Saal als das Hilton, und da haben eben nur dreihundert Leute Platz.«
Mike zog Maurena enger an sich. »Ich weiß schon jetzt, daß ich ungeduldig die Minuten zählen werde, bis wir allein sind. Den Flug in die Karibik habe ich schon bestellt. Wir gehen dort auf ein wunderschönes Segelboot. Nur wir beide und die Mannschaft, die uns jeden Wunsch von den Augen ablesen wird.«
Maurena fand das langweilig, widersprach aber nicht. Nur mit Mike auf einem Schiff, das durch die Karibik segelte, da gab es ja nur einen, der sie bewunderte, und das war Maurena nicht genug. Die Männer der Crew zählten für sie nicht. »Wir laufen doch jeden Tag eine Insel
an und gehen an Land, nicht wahr?«
»Ganz wie du willst, mein Schatz.« Mike war bereit, Maurena jeden Wunsch zu erfüllen. »Übrigens habe ich noch keinen Kuß bekommen«, reklamierte er.
»Entschuldige. Ich habe so viel im Kopf. Der Küchenchef vom Hilton will mit Elèn und mir das Essen besprechen, die Schneiderin kommt gleich wegen der Anprobe. Einen Termin mit dem Abbé von Sevilla habe ich auch. Wir werden selbstverständlich in der alten Kathedrale getraut. Elèn sagt, es wäre am stilvollsten, wenn wir in einer sechsspännigen Kutsche vorfahren. Lauter weiße Pferde. Was hältst du davon?«
»Ich hätte gern einen Kuß«, raunte Mike verliebt. »Alles andere überlasse ich gern dir.« Mike bewegte die Lippen.
Maurena dachte gar nicht daran, seiner Bitte nachzukommen. »Du machst es dir sehr einfach«, kritisierte sie.
»Leider kenne ich mich mit den Gegebenheiten hier nicht so aus. Wie soll ich beispielsweise mit dem Geistlichen verhandeln, wenn ich ihn nicht verstehe? Ich bin aber gern bereit, dich nach Sevilla zu begleiten.« All diese Äußerlichkeiten waren Mike nicht so wichtig. Er hütete sich aber davor, Maurenas Eifer zu bremsen. Schließlich wollte er diese Hochzeit, und es war verständlich, daß Maurena sie ganz groß feiern wollte.
»Dann müssen wir uns beeilen.« Maurena sah auf ihre kleine, mit Diamanten verzierte Armbanduhr. Mike hatte sie ihr geschenkt. Bei jedem Besuch, auch heute, brachte er ein kostbares Schmuckstück mit. Diese großzügige Geste war inzwischen schon so sehr zur Gewohnheit geworden, daß Maurena sie kaum mehr beachtete.
»Für einen Kuß wird doch noch Zeit sein«, drängte Mike, ein bißchen enttäuscht.
»Für einen, aber nicht mehr«, lachte die Frau mit den wunderschönen roten Haaren und dem hellen, makellosen Teint. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte Mike auf den Mund. Dabei versuchte sie, soviel Abstand zu halten, daß weitere Berührungen vermieden wurden.
Doch das war nicht in Mikes Sinn. Er hatte wochenlang auf diesen Moment gewartet und wollte ihn auskosten. Sanft hielt er die geliebte Frau fest und küßte sie voll Leidenschaft. Nicht einmal, sondern immer wieder.
*
Mikes künftige Schwiegermutter war gewöhnlich vor allen anderen munter. Das hatte sie sich angewöhnt, um das Hauspersonal zu kontrollieren. Inzwischen gab es auf Schloß Derceville nur noch einen alten Butler und einige Putzfrauen, die allerdings nur zweimal in der Woche kamen.
Elèn hoffte allerdings zuversichtlich, daß sie nach der Hochzeit ihrer Tochter wieder ein so großes Haus führen konnte, wie das vor dem Tod ihres Mannes möglich gewesen war. Mike Cramer war reich, und es würde Maurena sicher nicht schwerfallen, ihm entsprechende Summen abzuschmeicheln.
Natürlich wußte sie, daß ihre Tochter einen anderen liebte, doch darauf konnte keine Rücksicht genommen werden. Bei dieser Heirat ging es um Geld, nur um Geld. Ein Glück war es, daß Mike Cramer das nicht ahnte.
Er hatte Maurena als Tochter eines vermögenden Mannes kennengelernt und wußte nicht, daß sich zwischenzeitlich einiges geändert hatte.
Wenn Frau Elèn daran dachte, wurden ihre schmalen Lippen noch dünner, und auf ihrem strengen Gesicht erschienen Sorgenfalten. Sie galten der Tatsache, daß Maurena recht eigenwillig war und sich häufig weiterte, auf Elèns Rat zu hören.
Obwohl die Hausherrin wußte, daß der alte Butler mit all der Arbeit, die er jetzt allein bewältigen mußte, überfordert war, dachte sie gar nicht daran, selbst etwas zu tun. Sie ließ sich bedienen wie eh und je und reklamierte sofort, wenn etwas nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfiel.
Wie immer hatte der alte Mann schon in aller Frühe den Tisch für die beiden Damen im kleinen Eßzimmer gedeckt. Es war ein gemütlicher Raum, dessen Fenster auf den Garten und das angrenzende Meer gingen. Ruhig und leuchtend blau lag es in der Morgensonne, und die weißen Möwen, die scheinbar schwerelos darüber segelten, ergänzten das hübsche Bild.
»Rosario, wissen Sie nicht, daß wir Besuch haben? Wir brauchen drei, nicht zwei Frühstücksgedecke«, reklamierte die Schloßherrin in scharfem Ton.
»Pardon, Madame, ich habe es übersehen«, versicherte Rosario, der Spanier, in diesem Haus aber Französisch sprechen mußte. »Ich bringe das dritte Gedeck sofort.«