Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von Deyen
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»Sagen Sie das bloß nicht in Anwesenheit einer Pflegerin, sonst macht sie dicht. Im übrigen ist Emely gar nicht mehr so klein. Man kann schon etwas mit ihr anfangen. Immerhin läuft sie, hat Zähne und kann auch schon einige Worte sprechen.«
Die Kleine hatte aufmerksam zugehört und stellte nun gleich ihr Können unter Beweis. »Mami«, kreischte sie und patschte Katja begeistert auf die Wange.
Mike sah jede Menge Schwierigkeiten auf sich zukommen und versuchte verzweifelt, sich dagegen zu wehren. »Ich sehe ja ein, daß dies hier nicht optimal ist, aber vielleicht immer noch besser als ein Tag mit einem so unfähigen Betreuer, wie ich es bin.«
»Nun halten Sie mal die Luft an, Mike.« Katja wurde energisch. »Sie werden es doch schaffen, den Tag mit einem so niedlichen kleinen Mädchen zu verbringen. Vielleicht kann ich bis übermorgen schon ein besseres Heim ausfindig machen und auch die entsprechenden Genehmigungen einholen. Außerdem könnte auch noch Emelys Mutter wieder auftauchen.« Sanft schaukelte Katja das Kind in ihren Armen. Ihr machte es viel Spaß, sich mit der Kleinen zu befassen. Daran, daß sie in knapp zwei Wochen wieder nach Deutschland zurückfliegen mußte, wollte sie noch gar nicht denken.
Mike stand wie auf glühenden Kohlen. In was schlitterte er nun wieder hinein, und warum erklärte er nicht klipp und klar, daß er sich mit Emely nicht befassen konnte?
Diese Frage konnte er sich leicht beantworten. Er mochte Katja nicht enttäuschen.
*
Es war fast dunkel, als Katja und Mike das Kinderheim verließen. Die Leiterin versicherte ihnen noch, daß sie als Besucher jederzeit willkommen seien, was Katja gern und Mike gar nicht gern höre.
Selbstverständlich brachte er sie in den Club zurück und verabredete sich für den nächsten Tag mit ihr. Noch bevor der Reisebus startete, wollte sie telefonisch über ihre Ermittlungen berichten. Mike gab ihr die Nummer von Schloß Derceville, obwohl ihm klar war, daß dies wahrscheinlich das Ende seiner Freundschaft zu Maurena bedeutete. Inzwischen fand er das gar nicht mehr so bedauerlich.
Er hatte auch kein schlechtes Gewissen, als er den Leihwagen vor dem schweinchenrosa Bau abstellte. Er rechnete mit einem frostigen Empfang, doch zu seiner Überraschung kam ihm Maurena lächelnd entgegen. Sie hatte sich schön gemacht, was bei ihr ein golddurchwirktes Kleid und sehr viel Schmuck bedeutete. Ein entsprechendes Make-up vervollständigte ihr Aussehen.
Zweifellos war Maurena eine auffallende Schönheit, doch im Vergleich zu Katja wirkte sie puppenhaft und aufgedonnert. Warum fiel ihm das früher nie auf?
»Hast du einen angenehmen Tag verbracht?« fragte Maurena so harmlos, als wäre am Vormittag nichts vorgefallen.
»Teils, teils. Ich habe nachgedacht über uns, über dich und unsere Hochzeit.«
»Wie schön«, flötete Maurena. »Ich habe mir die Mühe gemacht, alle Einladungskarten zu schreiben, du brauchst sie nur noch gegenzeichnen.«
»Zuvor müssen wir noch miteinander reden.« Mike wußte, daß Maurenas Lächeln falsch war. Trotzdem ließ er sich davon umgarnen.
»Ich habe schon ungeduldig auf dich gewartet«, behauptete die rot-haarige Frau zuckersüß.
»Bevor du es wieder aus der Zeitung oder von anderen erfährst, muß ich dir sagen, daß ich die Frau vom Flughafen wiedergetroffen habe. Gemeinsam haben wir das Kind besucht. Es ist in einem Heim denkbar schlecht untergebracht, und wir haben beschlossen, es dort rauszuholen. Sie will sich nach einem privaten Kinderheim umsehen.« Instinktiv duckte sich Mike ein wenig, weil er überzeugt davon war, daß Maurena umgehend mit einer Vase oder einem sonstigen Gegenstand nach ihm werfen würde, um dann dieser Tat eine Schimpfkanonade folgen zu lassen, wie er sie noch nie vernommen hatte.
Doch nichts dergleichen geschah. Maurena blieb bei ihrem vordergründigen Lächeln. »Sicher eine gute Idee.«
»Du hast nichts dagegen?« erkundigte sich Mike verblüfft.
»Ich habe heute morgen überreagiert. Das tut mir leid. Es geschah nur, weil ich dich über alles liebe.« Maurena sah Mike sehr direkt an.
Er wußte nicht, was er nun glauben sollte. »Hat deine Liebe, die du so plötzlich wiederentdeckt hast, vielleicht mit dem Erbe zu tun, das mir meine Eltern hinterlassen werden?«
»Auf keinen Fall, auf gar keinen Fall«, verwahrte sich Maurena mit dem ihr eigenen Temperament. »Ich nehme an, es hat dir jemand erzählt, daß mein Vater nur Schulden hinterlassen hat. Inzwischen pfeifen es ja die Spatzen von den Dächern, und meine Mutter denkt an nichts anderes mehr. Aber ich habe dich schon zuvor geliebt, als von der Pleite noch nicht die Rede war. Und ich liebe dich heute mehr denn je, sonst wäre ich nicht so eifersüchtig. Verstehst du das nicht?« Maurena lächelte versöhnlich.
Sie verstand es gut, Mike umzustimmen, denn sie legte schmeichelnd die Arme um seinen Hals und schmiegte ihren kurvenreichen Körper an ihn. Verlangend bewegte sie die gekonnt geschminkten Lippen.
»Sei mir nicht mehr böse, Mike. Ich mach’ alles wieder gut. Du bist der Mann, den ich mag. Heute, morgen, immer.« Maurenas Zunge fuhr spielerisch über ihre Lippen.
Welcher Mann hätte da widerstehen können. Mike küßte die rothaarige Frau und gab sich der Illusion hin, daß er sich tatsächlich in ihr getäuscht hatte. Es wurde ein langer, leidenschaftlicher Kuß, der geeignet war, Mike erneut den Kopf zu verdrehen und ihn alles andere vergessen zu lassen.
»Ich habe eine Flasche Champagner kalt gestellt, nur für uns beide, flüsterte Maurena mit dunkler, erregender Stimme.
Mike löste sich sanft aus der Umarmung. »Wunderbar. Aber zuerst muß ich noch etwas mit dir besprechen. Ich werde die kleine Emely morgen im Kinderheim abholen, damit sie rauskommt aus dieser öden Umgebung.« Mike wußte, daß er mit diesem Geständnis sehr viel riskierte. Er mußte befürchten, daß aus dem gemütlichen Abend, den Maurena ihm versprochen hatte, nichts wurde. Mehr noch: Maurenas Stimmung schlug sicher sofort um.
Doch die befürchtete Aufregung blieb aus. Maurena zeigte sich sogar verständnisvoll. »Ich wußte gar nicht, daß du so kinderlieb bist«, meinte sie und versuchte, den spöttischen Unterton aus ihrer Stimme zu verbannen. Sie führte Mike an die Bar im Untergeschoß. Trotz Finanzkrise war sie noch immer gut bestückt.
Mike traute dem Frieden nicht. Er bewegte sich so vorsichtig, als befürchte er, ein ungeschicktes Auftreten könne eine Explosion auslösen. »Du hast also nichts dagegen«, erkundigte er sich fast schüchtern, »daß ich mich ein wenig um das Kind kümmere?«
Maurena holte den Champagner aus dem Kühlschrank und stellte die Flasche in einen mit Eis gefüllten Kübel. »Ich sehe ein, daß du eine gewisse Verantwortung hast. Allerdings wirst du auf meine Unterstützung verzichten müssen, weil ich morgen schon verplant bin. Mama und ich treffen uns mit dem Küchenchef des Hilton.«
Maurenas erste Aussage stimmte, die zweite nicht. Sie hatte tatsächlich schon etwas vor, aber das konnte und wollte sie Mike auf keinen Fall sagen. Mit dem Hochzeitsessen hatte es nichts zu tun. Dafür mit dem geheimnisvollen Anruf, den sie am Nachmittag erhalten hatte. Er war auch der Grund dafür, daß sich Maurena freundlich zeigte und Mike in Sicherheit wiegte.
»Ich habe auch nicht erwartet, daß du dich engagieren würdest«, meinte er, noch immer etwas verunsichert. »Soll ich die Flasche öffnen?«
»Das