AUF ZAUBER KOMM RAUS. Scott Meyer

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AUF ZAUBER KOMM RAUS - Scott  Meyer Magic 2.0

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Frühstück begann Martin damit, Roy auf den neuesten Stand zu bringen.

      Er führte ihm seinen Laptop vor, ein Spitzenklasse-Modell von 2012. Für Roy, der aus dem Jahr 1973 kam, war das Gerät mindestens so verblüffend, wie alle von Martin gezeigten Zaubertricks. Martin erklärte ihm, dass bis vor kurzem Zauberer, die weiter aus der Zukunft stammten, die neuere Technologie von früheren Zauberern ferngehalten hatten, um die Zeitachse nicht mehr als nötig durcheinanderzubringen. Jüngste Ereignisse hätten jedoch gezeigt, dass dieses Vorgehen nicht nur die früheren Zauberer stark benachteiligte, sondern auch, dass der Zeitachse völlig Schnuppe zu sein schien, was sie taten.

      Letzteres wollte Roy genauer erklärt haben und Martin erläuterte, dass die meisten Zauberer regelmäßig in ihre ursprüngliche Zeit zurückkehrten und keiner bislang auch nur die geringste Veränderung hatte feststellen können, ganz egal was die Zauberer in der Vergangenheit trieben. Er ging noch kurz auf die beiden gängigsten Theorien dazu ein: Sie existierten in einer separaten Zeitachse, erschaffen vom Programm, welches die Datei verwendete, oder, irgendwo in der Zukunft würde etwas geschehen, das all das Kuddelmuddel wieder in Ordnung bringen würde. Martin verstummte allmählich, als er Roys Desinteresse für die philosophischen Feinheiten des Ganzen bemerkte. Der wollte viel lieber mit Martins Computer herumspielen.

      Vielleicht kommen wir doch miteinander klar, dachte Martin.

      Nachdem Roy den Laptop lange genug inspiziert hatte, fuhr Martin fort und erklärte ihm das Shell-Programm. Phillip und der ehemalige Vorsitzende Jimmy hatten diese Benutzeroberfläche entwickelt, um einfacher auf die Datei zugreifen zu können, die sie alle hierhergebracht hatte. Er erläuterte Roy, welche Fähigkeiten derjenige erlangen konnte, der von der Existenz des Shell-Programms wusste und sich die Zeit nahm, sich damit vertraut zu machen. Er würde nie altern müssen. Er würde nicht frieren oder schwitzen müssen. Und das Allerwichtigste: Obgleich man weiterhin Nahrung, Wasser und Luft benötigte, war man unverwundbar.

      Wenn Roy eine Robe tragen würde und einen spitzen Hut mit bestimmten Maßen, dann würde das Shell-Programm ihn als Zauberer betrachten, der fliegen und teleportieren und aus dem Nichts Essen, Geld und alles nur Erdenkliche erschaffen konnte.

      Für den Fall, dass er die Abschlussprüfungen bestehen sollte, versprach Martin, ihm einen eigenen Laptop zu besorgen, mit dem er, so oft er wollte, in seine Zeit reisen konnte.

      »Das heißt, wenn du bereit bist, die Ausbildung zu beginnen. Solltest du dich dagegen entscheiden, muss ich davon ausgehen, dass du nichts Gutes im Schilde führst. Dann schicke ich dich zurück und lasse die CIA dich einsammeln. Also, Roy, bist du bereit für die Ausbildung?«

      Über ein Angebot in dieser Form musste Roy nicht lange nachdenken.

      Martin ging kurz an den Computer, um Roy im Shell-Programm anzulegen, dann verkündete er, sie müssten gehen. Vor einiger Zeit hatte es ein paar unschöne Vorkommnisse gegeben, weshalb er und ein paar seiner Zaubererfreunde es sich zur Aufgabe gemacht hatten, einmal in der Woche ihre Erfahrungen auszutauschen und ihre neuen Shell-Skripte für Notfälle untereinander auszutauschen. Er nahm Roy mit, damit er die Jungs kennenlernte und sah, an was sie gearbeitet hatten. Für jemanden, der aus der Rüstungsindustrie kam, konnte das durchaus interessant sein.

      Martin und Roy materialisierten mitten auf einer riesigen Lichtung, etwa fünf Meilen außerhalb von Leadchurch. Martins Freund Gary hatte sie ausgesucht, weil sie groß und eben war und auf allen Seiten von eng zusammenstehenden Bäumen umgeben. Die Zauberer hatte hier genug Platz, um neue Sprüche vorzuführen und zu testen, ohne befürchten zu müssen, dass sich einer der Einheimischen an sie heranpirschte. Selbst wenn sich jemand durch den Wald anschleichen sollte, er würde sich fürchterlich beeilen müssen, die Mitte der Lichtung zu erreichen, bevor die Zauberer Gegenmaßnahmen ergriffen.

      Sie befanden sich allein mitten auf der Wiese. Martin, in silberner Robe und Hut, den Stab in der Hand und Roy, mit Trenchcoat, schmaler Krawatte und bequemen Schuhen. Martin fuhr herum. »Oh nein.«

      Eine graue Gestalt näherte sich erstaunlich schnell vom Wald her. Zwei weitere Gestalten, eine lilafarben, eine schwarz, kamen aus unterschiedlichen Richtungen ebenfalls auf sie zu.

      Martin fiel Garys Plan ein, der dafür sorgen sollte, dass sie alle stets auf Zack waren. Er nannte es das Kato Protokoll. Es war ganz einfach. Die Zauberer würden sich bei jeder Gelegenheit, ohne Vorwarnung, gegenseitig angreifen. So sollte sichergestellt werden, dass sie immer in Wettkampfform waren – und sollten somit gezwungen sein, stets auf ihre Umgebung zu achten. Zu guter Letzt, und für Gary war das der wichtigste Grund, war es ein Riesenspaß.

      »Klingt gut«, hatte Martin dazu gemeint. »Wann geht's los?«

      »Wir werden sehen«, war Garys Antwort gewesen.

      Die farbigen Streifen hatten sie beinahe erreicht, da rief Martin: »Spielstopp!«

      Die Streifen hielten mitten im Flug inne und schwebten jetzt in einem Dreieck um Martin und Roy in der Luft. Tylers lila Gewand hing an ihm herab und flatterte leicht im Wind. Die Rolls-Royce-Kühlerfigur, die seinen Stab krönte, reflektierte das Sonnenlicht. Jeff landete und verstaute seinen Stab in der Tasche seiner grauen Flanellrobe. Gary schwebte vor Martin und Roy hin und her. Seine zottligen, braunen Haare standen unter dem pechschwarzen Hut hervor. Unterhalb des Saums seiner Robe waren seine dürren Beine und schwarzen, halbhohen Leinen-Turnschuhe zu sehen, die zwei Meter über der Grasnarbe hingen. Er richtete die mit KISS-Actionfiguren verzierte Spitze seines Stabes auf Roy. »Hallo, Martin. Schön dich zu sehen. Wer ist der Neue?«

      »Gary, Tyler, Jeff das ist Roy, mein Lehrling. Er ist erst seit gestern Abend hier. Er hat noch keine Fähigkeiten und er weiß noch nicht wie's läuft. Es wäre also äußerst unfair, ihn anzugreifen.«

      Trotz des offensichtlichen Altersunterschieds und seines etwas steifen Auftretens hießen die drei jüngeren Zauberer Roy voll ehrlicher Freundlichkeit willkommen. Martin stellte erleichtert fest, dass Roy, trotz seines Alters, kulturellen Hintergrunds und der Zeit, aus der er stammte, mit keiner Wimper gezuckt hatte, als ihm Tyler vorgestellt worden war – möglicherweise der einzige schwarze Mann zu dieser Zeit in England.

      Sie waren sich alle einig, dass man ihn nicht angreifen würde, da er sich noch nicht wirklich verteidigen konnte.

      »Ich könnte ihm ja erklären, wie der Hase so läuft«, sagte Jeff.

      »Gute Idee«, sagte Tyler, der immer noch in der Luft schwebte, immer noch in Angriffshaltung. »Dann hat Martin ja Zeit, angegriffen zu werden.«

      »Und wir haben Zeit, ihn anzugreifen«, warf Gary noch ein.

      Martin brummte: »Na gut.« Er stieß das Zauberwort flugi hervor und raste, wie von der Pistole geschossen, auf den Wald zu. Während er zu einer dahinrasenden silbernen Kugel wurde, hörte er aus der Entfernung, wie Jeff mit Roy sprach. Nach Martins Meinung würden die beiden einiges zu besprechen haben, schließlich waren beide Ingenieure.

      Martin nahm sich vor, an einem Schnell-Abhauen-Zauberspruch zu arbeiten, damit er im Fall der Fälle so richtig wegbeschleunigen konnte. Irgendwelche leuchtenden Projektile schossen an ihm vorbei und schlugen vor ihm ein. Martin beschloss, sie zu ignorieren. Seiner Meinung nach stellten sie, genau wie alle anderen Geschosse, erst dann ein Problem für ihn dar, wenn er getroffen wurde.

      Martin erreichte den Waldrand, Tyler dicht auf seinen Fersen. Gary hatte nicht so schnell reagiert und beschlossen, die Bäume zu überfliegen, um Martin, gewissermaßen, am Pass abzufangen. Dieser Pass war jetzt in Sichtweite. Martin konnte eine schwarze Gestalt ausmachen, die über den Wipfeln der Bäume hing. Sie behielt ihn ganz offensichtlich im Auge und wartete darauf, dass

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