Perry Rhodan Neo 234: Die Himalaya-Bombe. Rüdiger Schäfer

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Perry Rhodan Neo 234: Die Himalaya-Bombe - Rüdiger Schäfer Perry Rhodan Neo

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suche eine Expertin für liduurische Kultur«, hörte sie ihn sagen. »Und egal wen ich gefragt habe: Es fiel fast jedes Mal sofort dein Name. Wenn es um die Liduuri und ihre Hinterlassenschaften geht, bist du im Umkreis von mehreren Tausend Lichtjahren offenbar die uneingeschränkte Autorität.«

      Hannah lauschte dem Klang seiner Stimme nach. Thomas sprach Englisch, doch der in ihrem linken Ohrläppchen eingepflanzte Mikrochip flüsterte ihr über projizierte Nano-Akustikfelder unablässig die deutsche Übersetzung zu. Mehr als siebzig Prozent der Weltbevölkerung verfügte inzwischen über solche oder ähnliche Implantate. Sprachbarrieren gehörten deshalb schon seit Langem der Vergangenheit an; ein Umstand, der das Zusammenwachsen der Menschen zu einer planetaren Gemeinschaft fraglos förderte, wenngleich es – wie so häufig – eine Reihe von Traditionalisten gab, die die alten Sprachen und Dialekte retten wollten.

      Thomas hatte den Begriff scientific luminary benutzt. War sie das wirklich? Eine Koryphäe auf ihrem Gebiet? Eine ... Leuchte? Sicher, sie erhielt eine Menge Einladungen zu Fachkonferenzen und historischen Symposien, an denen sie vorzugsweise virtuell teilnahm. Sie hatte dem »World Journal of Anthropology« zwei Interviews gegeben, war Mitglied in einer Reihe anerkannter historischer Gesellschaften und hatte rund hundert Artikel für so gut wie alle renommierten Fachpublikationen verfasst. Aber reichte das aus, um sie zu einer uneingeschränkten Autorität im Umkreis von mehreren Tausend Lichtjahren zu machen?

      »Du übertreibst«, sagte sie. »Da gibt es noch Jedda Nilsson von der Uni Kristianstad ... Ha Duh Thin in Seoul ... Professor Espen de Groot in Utrecht ...«

      »Ich weiß, ich weiß!« Thomas hob beide Arme, um ihren Redefluss zu stoppen. »Ich habe mit allen drei gesprochen – und sie haben unabhängig voneinander deinen Namen genannt.«

      »Wirklich?«

      »Wirklich.« Thomas war übergangslos ernst geworden. »Du scheinst nicht besonders von dir selbst überzeugt zu sein, Hannah«, fuhr er fort. »Ich frage dich deshalb ganz direkt: Habe ich die falsche Person angerufen?«

      Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Da war sie wieder, ihre alte Schwäche. Sie war nie besonders gut darin gewesen, sich selbst zu verkaufen. Es entsprach nicht ihrem Naturell, sich als die große Historikerin und Liduuri-Kennerin zu inszenieren. Sie hasste die öffentliche Bühne und das Scheinwerferlicht. Dass sie auf einmal das Bedürfnis verspürte, sich dafür entschuldigen zu müssen, machte sie wütend. Sie war nun mal der introvertierte Typ. Sollte sie sich deshalb etwa schlecht fühlen?

      »Nein«, gab sie zurück. Es klang zu laut und zu trotzig, aber in diesem Moment war ihr das egal, denn es tat ihr gut. »Bei mir bist du richtig!«

      »Ausgezeichnet«, zeigte sich Thomas zufrieden. »Das hatte ich auch nicht anders erwartet. Also: Wann kannst du nach Terrania kommen?«

      Die Frage traf sie gänzlich unvorbereitet, und schlagartig war die von der Wut ausgelöste Sicherheit wieder verschwunden.

      »Te... Terrania?«, wiederholte sie. »Ich kann ... Das ist ...« Sie schluckte und rang nach Worten.

      »Ich muss mich schon wieder bei dir entschuldigen, Hannah«, sagte Thomas. »Ich weiß, dass ich dich mit alldem überfalle, aber wir haben hier ein ziemlich ernstes Problem. Und leider ist es dringend. Wenn du zusagst, musst du dich um nichts kümmern. Die Terranische Union hat ein Außenbüro in Berlin, das alles organisiert. Wir schicken einen Gleiter, der dich zum Raumhafen Köln-Düsseldorf bringt. Dort wartet bereits eine Space-Disk. Wir informieren auch die Universität und deinen Dekan. Alles, was du brauchst, besorgen wir dir. Und selbstverständlich kommen wir für alle entstehenden Kosten auf. Was sagst du?«

      Hannah Stein starrte auf die Weinflasche, die noch immer auf dem Fußboden lag. Zum wiederholten Mal fragte sie sich, ob das alles wahrhaftig geschah. Vor ihr schwebte das erwartungsvolle Gesicht von Thomas Rhodan, der wahrscheinlich nicht mal ansatzweise ahnte, welchen Gefühlsorkan er mit seinem Angebot in ihr ausgelöst, wie sehr er ihre kleine und wohlgeordnete Welt erschüttert hatte.

      »Komm schon, Hannah!«, bat er, und sein Lächeln war so unwiderstehlich wie vor 25 Jahren. »Ich brauche dich ...«

      Sie nickte. Thomas Rhodan da Zoltral brauchte sie. Wie sollte sie da Nein sagen? Selbstverständlich würde sie ihm helfen.

      4.

      Im Nachhinein betrachtet, waren die nächsten Stunden eine einzige Abfolge von Kuriositäten. Als um zwei Uhr nachts ein schnittiger Gleiter in Silbergrau direkt auf der Straße vor ihrem Wohnturm landete, beendete Hannah Stein gerade das Komgespräch mit Sienna. Zwar hatte sie ihre Freundin aus dem Schlaf gerissen, aber Sienna war die einzige Person, die Hannah bitten konnte, in ihrer Abwesenheit nach ihrer Mutter zu sehen und sich um das Problem mit der Heimleitung zu kümmern.

      Zuvor hatte sie ihren kleinen Koffer gepackt, den sie stets benutzte, wenn sie zu Konferenzen und Tagungen nach Frankfurt, Stuttgart oder München fuhr. Das kam vier- bis fünfmal im Jahr vor, und sie war jedes Mal heilfroh, wenn sie wieder zurück zu Hause war. Terrania! Sie hatte Wepesch gefragt. Das waren rund 6500 Kilometer. Sie würde obendrein in einer Space-Disk fliegen. In einem Raumschiff! Allein der Gedanke verursachte ihr Magenschmerzen und Schwindel gleichzeitig.

      Als sie Hugo auf dem Bett sitzen sah, der sie wie immer aus großen, runden Augen anschaute, hatte sie kurz überlegt. Sollte sie ihn mitnehmen? Sie würde ihn garantiert vermissen, wenn sie es nicht tat. Aber was würde Thomas denken, wenn er herausfand, dass seine große Liduuri-Expertin ein Plüsch-Nilpferd dabeihatte, ohne das sie nur schwer einschlafen konnte?

      »Sorry, Hugo«, sagte sie in die Stille des Apartments hinein. »Aber du musst hierbleiben.«

      Vor dem Turm wurde sie von einer jungen Frau erwartet, die sich als Daniela Goitowski vorstellte. Sie trug einen graublauen Hosenanzug und flache Stiefel. Ihre Haare waren militärisch kurz geschnitten. Auf der geknöpften Jacke prangte das Logo der Terranischen Union – eine angerissene Gitterkugel, die die Erde darstellte.

      Der Flug zum Raumhafen dauerte nur zehn Minuten. Das nächtliche Köln mit all seinen bunten Lichtern und den auch aus der Höhe deutlich erkennbaren Regenbogenpfeilern der Sternenbrücke kam Hannah diesmal unglaublich klein vor. Als sie beim Überqueren der Landefelder des Raumhafens ein 200-Meter-Kugelschiff der Terranischen Flotte entdeckte, das von zahlreichen Scheinwerfern beleuchtet wurde, kehrte die Angst zurück.

      Was um alles in der Welt tat sie da eigentlich? Thomas hatte ihr nicht verraten, was genau er von ihr wollte und um was es im Detail ging. Angeblich sei das über eine gewöhnliche Komverbindung zu unsicher. Hieß das etwa, dass er sie für irgendwelche Geheimdienstsachen brauchte? Sie war doch keine Spionin! Ihr grundsätzlich geringer Bedarf an Spannung und Nervenkitzel war durch die ein oder andere Kriminalgeschichte oder einen gelegentlichen Holofilm komplett abgedeckt. Auf was hatte sie sich da also eingelassen?

      »Sie fliegen zum ersten Mal mit einer Space-Disk, nicht wahr, Ma'am?«

      Hannah sah kurz zu ihrer Pilotin hinüber, die den Gleiter steuerte, als hätte sie ihr ganzes Leben nie etwas anderes getan. Dann nickte Hannah, weil sie nicht wusste, ob sie auch nur ein einziges Wort herausgebracht hätte. Sie wunderte sich nicht, dass man ihr die Unsicherheit anscheinend ansah. Dass die junge Frau Hannah mit Ma'am ansprach, war da nur die Kirsche auf einer unglaublich großen Torte aus widerstreitenden Gefühlen.

      »Sie müssen sich nicht die geringsten Sorgen machen, Ma'am«, versuchte Goitowski, sie zu beruhigen. »Space-Disks sind das sicherste Verkehrsmittel in der Geschichte der Menschheit. Sie werden in etwas

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