Catch and Kiss. Jennifer Schreiner

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Catch and Kiss - Jennifer Schreiner

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um herauszufinden, ob ich nicht vielleicht doch immer noch schlief und einfach schlecht träumte, setzten sich die Wachen in Bewegung. Und ihr Ziel war klar: Ich.

      Kurz war ich versucht aufzustehen und mich in der hintersten Ecke des Raumes zu platzieren, aber ich wusste, dass mein Kreislauf noch nicht mitspielen würde. Mal abgesehen davon, gab es hier weder eine Möglichkeit mich zu verstecken noch eine zu fliehen – und beides lag mir auch nicht sonderlich. Folglich blieb ich sitzen und versuchte nur mir einzuprägen, welche Wache woher gekommen war, ob sie kommunizierten und wie die Tür zu meinem Raum funktionierte. Leider war das die nächste schlechte Nachricht, denn keine der Wachen tat irgendetwas, die Schiebetür glitt einfach so zur Seite, wurde also von einem anderen Ort gesteuert und ließ sich vermutlich nicht manuell oder mit direktem Zugriff öffnen. Eine ähnlich schlechte Nachricht betraf die Wachen. Keiner von ihnen wies ein Merkmal auf, das einen Wiedererkennungswert hatte, kein Humpeln, keine seltsame Körperhaltung oder einen Besonderheit beim Gehen. Nichts. Dafür wirkten die Abläufe insgesamt sehr gut aufeinander abgestimmt und präzise. Es gab keinen Raum für Fehler. Zwei der Wächter positionierten sich mit gezogenen und im Anschlag befindlichen Waffen vor der Tür. Die Tür glitt auf, die anderen zwei Wachen traten ein, ebenfalls mit Waffen in der Hand. Dann positionierten sie sich neben der Tür und warteten. Ich ebenfalls, allerdings auf einen Herzinfarkt infolge des Adrenalins, das in übergroßen Mengen durch meine Adern schoss.

      Obwohl keine der Wachen auf mein Auftauchen reagierte, wurden meine Aufmerksamkeit sofort von den Schwarzgekleideten fort- und auf die andere Person gelenkt, kaum das sie in Sichtweite gekommen war. Wie ein Schatten in einem dunkelgrauen Anzug bewegte sich der Mann langsam und bedächtig die Stufen hinab und in meine Richtung. Dabei sah er scheinbar geschäftig in eine Akte und achtete nicht auf seine Umgebung. Ein Wunder, dass er heil die Treppe passieren konnte und in meinem Raum ankam.

      Ohne von den Papieren aufzusehen, strich er sich wie unbewusst die Krawatte glatt und lenkte meine Aufmerksamkeit auf seine Kleidung. Maßgeschneidert und teuer. Trotz seiner grauen Schläfen und des perfekt rasierten Gesichtes wirkte er nicht wie das, was er vorgab zu sein, distinguiert, sondern schaffte es, trotz seiner Ruhe, Eiseskälte und Gefahr auszustrahlen. Etwas, was nicht an seinen relativ dünnen Lippen lag, oder der schmalen Nase mit dem kleinen Höcker, der von einem früheren Bruch stammen mochte, sondern an seinen Augen. Blaugrau und so, als hätten sie bereits alles gesehen und als interessiere ihn nichts wirklich. Ein Mann, der so glatt war, dass es beinahe körperlich schmerzte und mit dem man sich besser nicht anlegte und ehrlich? Mein Blick glitt unwillkürlich zu den Wachen … wenn die anderen auch nur annähernd so waren wie er, konnte ich froh sein, dass ihre Gesichter im Gegensatz zu seinem verborgen waren.

      Nervös fuhr ich mir durch die Haare und hätte mich beinahe doch spontan in die Ecke zurückgezogen, als mich sein Blick direkt traf. Ein gefasster Blick, bar jeder Gefühlsregung. Ob er überhaupt zu einer fähig war, fand ich plötzlich mehr als fraglich. Aber dass ich mich intuitiv panisch fühlte, rief mindestens genauso spontan eine unterschwellige Wut in mir hervor.

      »Fräulein Morgen, nehme ich an?«, begann der Anzugträger und machte eine Frage aus seinen Worten, obwohl er diesen Namen vermutlich direkt vor sich in der Akte stehen hatte. Er musterte mich so finster, dass ich annehmen musste, irgendetwas an mir würde ihn stören. Vermutlich bereits meine Anwesenheit in seiner perfekt organisierten Welt. »Herzlich Willkommen. Ich bin Direktor Hobbs und muss Ihnen ja nicht viel erzählen, Sie waren ja oft genug in einem Gefängnis.«

      »Tatsächlich?«, entschlüpfte mir, bevor sich mein Verstand zwischen meinen Mund und mir einschalten konnte. Er wusste nicht wer ich war, oder? Und ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht für mich sein konnte. Insgeheim hatte ich trotz der Gefängnissituation mit einer Lösegeldforderung gerechnet, nicht damit, weggesperrt zu sein und zu bleiben. Kurz überlegte ich, zu widersprechen und zu erklären dass mein Name nicht »Fräulein Morgen« war – und ich weit davon entfernt eine Strafgefangene zu sein, entschied mich aber dagegen.

      Einem Mann wie ihm konnte man nicht trauen. Außerdem … ich sah mich ein weiteres Mal um … konnte dies hier unmöglich ein offizielles Gefängnis sein. Schließlich war ich verschleppt worden, nicht verurteilt.

      Also war ich erst einmal prinzipiell im Vorteil, wenn ich die Klappe hielt.

      Zum Glück ging der Direktor nicht auf meine Worte ein, sondern fuhr ungerührt in seinem Standardtext fort: »Ich denke Sie werden sich schnell einleben und einsehen, dass Flucht unmöglich ist.«

      »Ein Hochsicherheitsgefängnis«, riet ich, mich wieder an Hannibal Lector erinnernd, und fügte hinzu: »Ich fühle mich ein wenig geschmeichelt.«

      Im letzten Moment gelang es mir, meine Mundwinkel unter Kontrolle zu bekommen. Mein Gegenüber klang so heiter, als meine sie exakt, was sie sagte und wirkte dabei gleichzeitig so hoheitsvoll, als hätte ich ihr einen Gefallen getan, indem ich sie wie den Schwerverbrecher behandelte, der sie ja war.

      Zum ersten Mal blickte ich wirklich von der Akte auf und von den Buchstaben, die ich ohnehin eher ignoriert hatte, um die junge Frau direkt anzusehen. Etwas, was ich sonst so gut wie nie tat. Die meisten Menschen waren einfach zu … uninteressant.

      Ungerührt hielt sie meinem Blick stand und ihr Lächeln geriet nicht einmal für einen Sekundenbruchteil ins Wanken. Wieder eine Überraschung. Normalerweise sahen die Gefangenen weg, als ahnten sie, was ich wirklich über sie dachte und als wollten sie auf gar keinen Fall meine Aufmerksamkeit erregen. Und die wenigen, die es darauf anlegten … nun ja, die musterten mich absichtlich herausfordernd und ihre Mine ließ eine kommende, offene Provokation vermuten. In der Mine meines derzeitigen Gegenübers las ich etwas anderes: Neugierde.

      Entweder war sie eine verdammt gute Schauspielerin oder nicht clever genug, um mich in Ruhe zu lassen.

      Oder sie ist wirklich einfach nur neugierig, schlug eine leise Stimme in meinem Kopf vor. Eine Stimme, die sich selten meldete und wenn, dann eigentlich auch nur, wenn irgendetwas nicht stimmte oder mein intensiveres Interesse und einen zweiten Blick erforderte.

      »Sie haben keine Ahnung, warum Sie hier sind, oder wer Sie hier drin sehen will?«, hakte ich nach, obwohl mir klar war, dass die Frau bei jeder der drei möglichen Alternativen an dieser Stelle verneinen würde.

      »Überraschen Sie mich!«, forderte sie. Tatsächlich ein »nein«, aber ein charmanteres.

      »Wer könnte sehr, sehr viel Geld dafür ausgegeben haben, dass wir Sie hier drin begraben? Am Leben erhalten und für bisher unbefristete Zeit aus dem Verkehr ziehen?«, konterte ich.

      Sie zuckte mit den Schultern, schien aber über meine Worte nachzudenken, obwohl sie nun ihren Blick von mir abwendete.

      »Na ja, immerhin ist es ein Glassarg«, murmelte sie. »Ein bisschen wie in Schneewittchen.«

      Sie schwieg und ich kam mir irgendwie … entlassen vor, obwohl sie immer noch mein Projekt begutachtete. »Sieht immerhin gut aus.«

      »Benehmen Sie sich und halten sich an meine Regeln und Sie werden so etwas wie ein Leben haben«, meinte ich, weil mir das Gefühl, sie habe plötzlich die Kontrolle an sich gerissen, nicht gefiel.

      »Mhh«, machte sie und lachte leise. Eine Antwort, die so gut wie alles bedeuten konnte – und es wahrscheinlich auch tat.

      Eine Provokation, die ich gerade am Anfang nicht durchgehen lassen konnte. »Ich denke, wir fangen mit dem Umziehen an!«

      »Umziehen?«, wiederholte ich lahm und fühlte mich zum ersten Mal, seit ich begriffen hatte, dass ich mich aus irgendeinem Grund in so etwas wie einem Gefängnis befand, vollständig überrumpelt. »Bestimmt nicht!«

      »Das

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