Catch and Kiss. Jennifer Schreiner
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»Ich werde mich bestimmt nicht vor Ihnen allen umziehen!«, betonte ich, da ich nicht das Gefühl hatte, in naher Zukunft eine Umkleidkabine gestellt zu bekommen.
»Fräulein Morgen, entweder Sie ziehen sich freiwillig um, oder einer der Wärter wird das übernehmen«, warnte Hobbs. Er sah mich abwartend an, schien aber nicht wirklich davon überrascht zu sein, dass ich nicht reagierte. Anscheinend ließen es die meisten der Neuankömmlinge darauf ankommen.
Der Schlag in den Magen kam von einem der Wärter und vor allem kam er unerwartet. Mein Kleid riss unter dem Griff des Schwarzgekleideten, bevor ich überhaupt wieder zu Luft kam. Als ich mich endlich wieder aufrichten konnte, war ich nur noch mit Unterwäsche und einem frisch zum Cape degradierten Stoffteil bekleidet.
»Wollen Sie sich vorher waschen, oder sollen wir das auch übernehmen?«, erkundigte sich Direktor Hobbs und unter seine Freundlichkeit hatte sich ein Unterton geschlichen, den ich unschwer als süffisant klassifizieren konnte.
Ich presste meine Lippen aufeinander und schluckte die Beleidigung herunter, die mir auf der Zunge lag, um keinem der Gorillas abermals Gelegenheit zu geben, Hand an mich zu legen. Dementsprechend wütend ging ich zu dem Duschknopf, der bereits angenehm temperiertes Wasser von sich gab und befreite mich auf dem Weg von dem Cape. Dabei entdeckte ich den Seifenspender in der Wand, der anscheinend ebenfalls von einer fernen Kommandozentrale gesteuert wurde, denn auch er wies keine Möglichkeit für den Insassen auf, von ihm bedient zu werden. Aber immerhin funktionierte er und die Waschlotion war nicht ganz so schrecklich wie erwartet. Sekunden, nachdem ich mich eingeschäumt und wieder abgewaschen hatte, versiegte das Wasser und die Handtuchklappe öffnete sich ohne mein Zutun. Dem wortlosen Befehl folgend, nahm ich das Frottee zur Hand und bedankte mich bei der Kamera. Und weil mich der Direktor fragend ansah, erklärte ich: »Nur weil man eingesperrt ist, muss man ja nicht seine Kinderstube vergessen.«
»Sie hatten eine Kinderstube?«, fragte er, wirkte aber, als interessierten ihn meine Worte nicht mehr wirklich. Stattdessen reichte er mir die Uniform, die ich auch an den anderen Gefangenen erkennen konnte und meinte: »Die Unterwäsche, bitte.«
»Was?«
»Wie bitte heißt das.« Er lächelte, obwohl er immer noch abwesend wirkte – so als rede er auf Autopilot. »Soviel zur Kinderstube.«
»Sie wollen meine Unterwäsche?«, fragte ich und abermals regte sich Trotz in mir. Das durfte doch alles nicht wahr sein!
»Sie bekommen täglich frische Kleidung. Unsere Kleidung«, erklärte Hobbs, als wäre ich Begriffsstutzig und so als seien diese Tatsachen vollkommen belanglos. Man redete eben über sie, wie andere Leute Konversation über das Wetter hielten. Als würde das nicht bedeuten, dass ich nackt vor ihm und den Wärtern stand, gut sichtbar auch für die anderen Insassen. Ich hielt mich selbst wahrlich nicht für hässlich, warum war es ihm dann egal? Die Antwort lag auf der Hand beziehungsweise im restlichen Gefängnis: Weil er jede dieser anderen gefangenen Frauen nackt gesehen hatte. Irgendwann war eine nackte Frau eben nur noch irgendeine nackte Frau.
Ich schlüpfte in den Anzug, der eher ein Strampler für Erwachsene war, mit integrierten Socken und Handschuhen und einem Reißverschluss am Rücken, und meinte ob seines Blickes: »Keine Sorge, Sie bekommen meine Unterwäsche.«
Kaum dass ich in dem hässlichen Anzug-Unding war, zerriss ich meine Spitzenhose und öffnete den BH, bevor ich ins Oberteil glitt. Erst als es nur noch den Reißverschluss zu bedienen galt, reichte ich Hobbs die beiden Kleidungsteile.
»Sie wissen, dass auf dem Schwarzmarkt horrende Preise für getragene Frauenwäsche zu kriegen ist?«, erkundigte ich mich, weil er mich gezwungen hatte, meine Lieblingswäsche zu zerfetzen und den beiden sündhaft teuren Teilen nicht einmal einen Blick gegönnt hatte. Albern, aber es wurmte mich.
»Von Straftäterinnen?« Er zog eine Augenbraue hoch, schien aber gewillt zu sein, seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu richten.
»Die sind seltener, also noch teurer«, behauptete ich. »Sozusagen eine Marktlücke.« Provozierend sah ich mir das Draußen außerhalb meines kleinen Reiches an. »Wahrscheinlich könnte man die ganze Einrichtung damit finanzieren.«
»Ich werde drüber nachdenken«, versprach Hobbs in einem Tonfall, der seine Worte Lügen strafte, warf mir noch einen prüfenden Blick zu, beschloss dann aber doch, dass er mir genug seiner vermutlich kostbaren Zeit gewidmet hatte, nickte mir zu und setzte damit seine Abgangszeremonie in Gang. Sprich: Die zwei Wachen vor der Tür hielten ihre Waffen wieder bereit und auf mich, beziehungsweise den Durchgang gerichtet, die Tür öffnete sich, Hobbs ging hindurch, dann die zwei Wachen, die Tür schloss sich und ich war allein. Mutterseelenallein unter den Blicken die mich von Außen und durch die Kamera verfolgten.
Kapitel 2: Abläufe
Als ich wach wurde, benötigte ich einige Sekunden, um mich zu orientieren und einige weitere, um zu begreifen, dass ich leider nicht geträumt hatte. Ich befand mich in einem Hochsicherheitsgefängnis und hatte zu allem Überfluss auch noch Kopfschmerzen wie Sau. Vermutlich, eben weil ich in einem Hochsicherheitsgefängnis war.
Ich setzte mich auf dem Plexiglasbett auf und betrachtete meine Zelle. Nicht, dass sich irgendetwas verändert oder gar verbessert hätte. Ich wollte nur auf Nummer Sicher gehen, dass ich gestern Nacht alles richtig wahrgenommen hatte. Obwohl … Nacht war ja bereits vage genug. Vielleicht hatten wir gar nicht Morgen, sondern erst jetzt drei Uhr Nachts? Das war schwer zu sagen, da es kein Tageslicht gab und keinerlei Uhren, die einen Hinweis darauf geben konnte. Sicherlich keine Absicht, dachte ich ironisch und schenkte der Kamera an der Decke einen bösen Blick.
Nachdenklich erwiderte ich in der Schaltzentrale den bösen Blick, den unser neuster Neuzugang der Kamera schenkte, und verfolgte auf dem Monitor, wie sie sich langsam sammelte. Sie schien Kopfschmerzen zu haben, eine normale Reaktion auf das Betäubungsmittel, die bald verfliegen würden.
Trotzdem würde ich sie, bis sie sich halbwegs integriert und in die Prozesse eingefügt hatte, genau beobachten, um direkt von Anfang an jede Auflehnung zu unterdrücken und ihr bei der Anpassung zu … helfen.
Aber am Anfang tat sie genau das, was die meisten Neuankömmlinge taten: Sie sah sich um und suchte anscheinend etwas, an dem sie sich orientieren konnte. Keine große Überraschung. Genauso wie die Tatsache, dass sie nichts fand und auch nichts finden würde.
Als die Lampe neben mir orange zu leuchten begann, beugte ich mich zum Mikrofon und drückte auf den »Sprechen«-Knopf: »Essenszeit meine Damen.«
Innerlich musste ich schmunzeln, als die etwas orientierungslose Blondine den Kopf hob. Wenn sie dachte, sie würde durch das Essen etwas über die Uhrzeit erfahren, hatte sie sich getäuscht. Es gab immer dasselbe, morgens, mittags, abends und mitten in der Nacht. Und auch das Essen selbst folgte keiner klaren Regelung. Mal waren die Abstände zwischen den Mahlzeiten kurz, mal riesig und mal angemessen. Diese Taktik trug dazu bei, dass sich kein Rhythmus bildete und die Insassen immer leicht verwirrt blieben. Genau wie die konstante Qualität des Lichtes, die ich mir aus den Spielkasinos in Vegas abgeschaut hatte und durch die man rasch jedwedes Zeitgefühl verlor.
Interessiert sah ich zu, wie der erste Block unter den aufmerksamen Augen der Wachen und unserer Zentrale nach unten dirigiert wurde, denn erst dann öffneten sich die Türen zum zweiten Block.
Unwillkürlich hielt ich die Luft an, als die Tür zur Seite glitt und unser Block an die Reihe kam. Ich wartete eine Sekunde, sah