Der Sonderermittler. Hans Becker

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Der Sonderermittler - Hans Becker

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Pflegepersonal des Heimes, wo sie lange Jahre ans Bett gefesselt lebte, nannte sie so; ich war jeden Nachmittag bei ihr. Unser Sohn Udo war bereits 2009 gestorben.

      Als wir am 23. Oktober 1954 heirateten, wohnte ich bei ihren Eltern und schlief auf dem Sofa. Wir hatten ein herzliches Verhältnis zueinander. Die Wohnung befand sich in einem Haus aus den dreißiger Jahren und bestand aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Toilette. Es waren kleine Räume, und jeweils drei Mietparteien hatten im Keller ein gemeinsames Badezimmer mit Kohleofen.

      Sissi arbeitete als Feinmechanikerin in den Chemischen Werken Buna, wo sie diesen Beruf auch erlernt hatte.

      Es war schwer, eine eigene Wohnung zu bekommen. Aber in den Chemischen Werken Buna wurde 1954 eine Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft (AWG) gegründet, in welcher jeder im Werk Beschäftigte eintreten konnte. Es gab Standorte, also Baugebiete in Halle, Schkopau und Merseburg. Es konnte sich jeder für »seine« Wohnung eintragen lassen, also nicht schlechthin für eine Wohnung. Dafür musste er eine von der Mitgliederversammlung beschlossene Geldsumme einzahlen und eine festgelegte Zahl von Arbeitsstunden leisten. Diese Leistungen waren abhängig von der Wohnungsgröße und von der Lage der Wohnung im Gebäude. Es kam nicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit an, man konnte auch dort anfangen zu arbeiten und sich am nächsten Tag bei der AWG anmelden.

      Jede Wohnung hatte einen Balkon, ein Badezimmer mit Kohleofen und Toilette, im Wohnzimmer Parkettfußboden, im Kinderzimmer und im Wohnzimmer einen Kachelofen. Es waren herrliche Wohnungen, und da alle im Werk beschäftigt waren, kannte man sich in der AWG auch untereinander.

      Wir mussten für unsere Wunschwohnung – drei Zimmer, Küche und Bad – 2.500 Mark einzahlen und 250 Arbeitsstunden leisten: beim Ausschachten von Fundamenten oder beim Abladen von Materialien. Alle benötigten Materialien wurden vom Werk geliefert, auch die Baubrigaden und der Bauleiter kamen aus dem Werk. Unser Vorstand Reinhold Voigt war der unermüdliche Motor auf der Baustelle »Am Rosengarten«, es handelte sich um die Jahre 1954 bis 1957. Wir kannten ein Paar, die Modelleisenbahner waren und sich für eine Vier-Raum-Wohnung eintragen ließen, obwohl sie keine Kinder hatten. Gegenüber unserer Wohnung hatte sich eine Familie für eine Vier-Raum-Wohnung eintragen lassen, weil sie Platz für zwei große Hunde benötigte. Das waren Chow-Chow, und aus deren Wolle wurden Pullover gestrickt. Alles war nur eine Frage des Geldes und der zu leistenden Arbeitsstunden.

      Für die meisten war die zu zahlende Geldsumme kein Problem, Jeder hatte Arbeit, auch die meisten Ehefrauen arbeiteten im Werk, und damals galt das Gesetz: »gleicher Lohn für gleiche Arbeit«. Auch die zu leistenden Arbeitsstunden waren meistens kein Problem, da viele im Drei-Schicht-System arbeiteten und so immer planbare Zeit hatten. Die Angestellten der Verwaltung hatten es noch besser.

      Bei Sissi und mir war das Geld auch erschwinglich, obwohl ich nur 560 Mark als Kriminalmeister bekam. Unser Problem allerdings waren die Arbeitsstunden: Ich kam aufgrund der vielen Überstunden immer erst spät und dann auch noch im Dunklen in der Wohnung der Schwiegereltern an. Und so war die zu leistende Arbeit für uns ein echtes Problem, sie konnten auch nicht mit Geld abgegolten werden. Eines Tages kam Sissi aus dem Werk nach Hause und erzählte, dass ihre Brigade für uns Arbeitsstunden leisten würde. Und tatsächlich kamen am Samstag und Sonntag acht bis zehn Männer ihrer Brigade unter Leitung des damals sechzigjährigen Obermeisters Knauthe und leisteten für uns Arbeitsstunden. Ich war wie immer mit Überstunden im Dienst unabkömmlich, und so konnten wir uns nur dadurch bedanken, dass Sissi Bratwürste grillte. Uns war meine Abwesenheit sehr unangenehm, aber alle hatten Verständnis für meine Situation. Damals half jeder jedem.

      Am 1. Oktober 1957 erhielten wir unsere Wohnung in der Bunasiedlung »Rosengarten«. Die Freude war groß. Schon die Übergabe der leeren Wohnung feierten wir gemeinsam mit den neuen Bewohnern unseres Wohnblockes in der Emil-Fischer-Straße. In der AWG trugen alle Straßen Namen von bedeutenden Chemikern.

      In dieser Wohnung wohnten wir bis zu unserem Umzug nach Berlin. In Berlin erhielten wir auch eine Neubauwohnung in der Höchste Straße im Stadtzentrum. Die Wohnung war räumlich größer, aber ich erinnere mich auch heute noch gern an unsere Wohnung in der AWG, an die Jahre des Baues und des Zusammenlebens.

      Fast hätte ich vergessen, dass es in dieser AWG ein Klubhaus gab. Natürlich mit Getränkeausschank in den Abendstunden und einem kleinen Imbissangebot. Dort konnten auch Zusammenkünfte bei Familienfeiern abgehalten werden. Das Tollste aber war der Waschsalon im Keller des Gebäudes: Dort standen elektrische Waschmaschinen. Jedes Mitglied der AWG konnte sich dort für die Benutzung einer Waschmaschine einen Termin geben lassen, ging dann mit seiner Schmutzwäsche dorthin, wusch und trocknete sie und ging dann nach zweieinhalb Stunden mit der trockenen Wäsche unterm Arm wieder in seine Wohnung. Heute mag das alles nach Mittelalter klingen, aber für die damalige Zeit war es eine ungeheure Erleichterung. Wir zahlten 38,00 Mark monatlich an Miete.

      Später hatten wir eine Waschmaschine in der Wohnung und eine Wäscheschleuder. Diese stand auf einem luftgefüllten Gummiring und das Wasser lief unten heraus. Man trocknete dann die Wäsche im Bad mit Standtrocknern, wie sie auch heute noch gebräuchlich sind oder hatte sich nach eigener Erfindung Wäscheleinen im Bad gespannt. Das war bei uns auch noch so, nachdem wir im Herbst 1969 in unsere Berliner Wohnung umgezogen waren.

      Lehrgang an der Kriminalschule Arnsdorf / Dienst in Halle (Saale)

      Gerade als ich dachte, ich sei ein richtiger Kriminalist, ich hatte ja schließlich einen Dienstausweis als Kriminalmeister, eine Kriminalmarke sowie eine Pistole, wurde ich zu einem Lehrgang an die Kriminalschule Arnsdorf bei Dresden delegiert, an die »Volkspolizeischule für Kriminalistik«.

      Es war ein Drei-Monats-Lehrgang. Wir erhielten lediglich einmal monatlich von Freitagmittag bis Montagmittag Urlaub in die Heimat, allerdings hatten wir Ausgang nach Arnsdorf oder nach Dresden.

      Heute kann ich sagen, dass diese drei Monate in meinem fast vierzigjährigen Leben als Kriminalist die angenehmste Zeit waren. Der Unterricht war nicht allzu anstrengend und vor allem gab es keine Überstunden. Es war richtig erholsam.

      Die Schule war in zwei mehrstöckigen Gebäuden untergebracht, in einem Gelände mit Wiesen und hohen alten Bäumen. Neben den Gebäuden der Polizeischule gab es noch andere Gebäude, die von einer medizinischen Fachschule belegt waren. Uns wurde eingeschärft, die dortigen Schwesternschülerinnen zu meiden. Diese Anweisung erwies sich sehr bald als ein Schuss in den Ofen: Einer unserer Kriminalisten wusste, dass die Gebäude durch einen Kellergang noch aus Kriegszeiten verbunden waren, und so kam es des Öfteren zu Zusammenkünften mit den Schülerinnen. Wie immer im Leben hatte die Umgehung von Verboten und Unerwünschtem einen direkten Reiz. Dieser Kellergang war das Geheimnis aller Kriminalisten und sicherlich auch der meisten Schwesternschülerinnen.

      Am ersten Unterrichtstag lasen wir an der großen Wandtafel einen Spruch, der viel Heiterkeit auslöste, und so heiter und auch unernst verlief dann der Unterricht:

      Das Bürgerliche Gesetzbuch, kurz genannt das BGB,

      wer damit zu tun bekommt, dem tut es meistens weh;

      er ist nämlich verpflichtet in Schadensfällen,

      den alten Zustand wiederherzustellen.

      Wie verhält es sich aber mit einem Radfahrer, der es eilig hat

      und er saust so durch die Straßen seiner Stadt

      und achtet seines Weges nicht genau

      und fährt doch gegen eine Frau,

      die in dem Zustand sich befindet,

      der Hoffnung auf ein Kind begründet.

      Und

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