ARKADIA. Bernhard Kempen

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ARKADIA - Bernhard  Kempen

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der Terrassenbar, einem beliebten Treffpunkt der Arkadier, den July mir bereits während unseres Spaziergangs gezeigt hat. Bevor ich mich auf den Weg mache, werfe ich mich in Schale, in einen leichten, ultralässigen Freizeitanzug von Belew, auf der Erde wirklich der letzte modische Schrei. Was das Outfit der übrigen Barbesucher betrifft, erübrigt sich wohl jeder Kommentar. Ich fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes und in jeder Hinsicht overdressed.

      »Hallo, Adrian!«, ruft July, die von ihrem Tisch in einer Ecke aufsteht und mir ein Stück entgegenkommt. »Falls du Angst hast, dich zu erkälten – so etwas kann dir auf Arkadia nicht passieren«, bemerkt sie mit einem anzüglichen Grinsen. Diesmal kann sie jedoch ihr Temperament beherrschen und legt mir zur Begrüßung lediglich die Hände an die Wangen.

      »Im Gegenteil, die Isothermfasern dieses Anzugs sorgen ständig für eine optimale Hauttemperatur«, kontere ich. »Anscheinend hat sich diese segensreiche Erfindung noch nicht bis in diesen Winkel der Galaxis herumgesprochen.«

      »Wir sind eben sehr konservativ in unserer Einstellung zur Mode.«

      »Es nervt allmählich!«, erwidere ich ungehalten. »Warum müsst ihr ständig auf diesem Thema herumreiten? Es ist ganz allein meine Sache, wie ich herumlaufe!«

      »Merkst du nicht, dass du überall Aufsehen erregst?«, fragt July zurück. »Wir sind es gewohnt, mit dem ganzen Körper zu kommunizieren. Für dich wäre es wahrscheinlich so, als würde dein Gesprächspartner eine Gesichtsmaske mit Augenschlitzen tragen – oder als würde ich dir den Rücken zukehren, während ich mit dir rede.«

      Ich kann mir im letzten Augenblick eine böse Erwiderung verkneifen und rufe mir ins Gedächtnis, dass ich diese Reise unternommen habe, um die Bewohner dieses seltsamen Planeten näher kennenzulernen.

      »Okay, ich habe verstanden«, sage ich beschwichtigend, »Aber du kannst nicht von mir erwarten, dass ich mich von euch einfach so zum Nudismus bekehren lasse. Ich möchte irgendwann wieder in die Zivilisation zurückkehren.«

      »Gut, lassen wir das Thema fürs Erste ruhen«, lenkt July ein und führt mich zu ihrem Tisch, wo sie mich einem jungen Mann vorstellt.

      »Das ist Fawn«, sagt sie, »einer meiner zahlreichen Neffen. Er hat noch nie einen richtigen Erdling aus der Nähe gesehen.«

      Fawn lächelt mich freundlich an und streckt mir unbeholfen eine Hand entgegen.

      »Hallo!«, begrüße ich ihn und schüttele ihm die Hand. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass July ihm vor unserer Begegnung eingetrichtert hat, allzu intensiven körperlichen Kontakt zu mir zu vermeiden. Braver Junge!

      »Ich habe alle deine Artikel gelesen«, sagt Fawn. »Sie sind … äußerst aufschlussreich.«

      »Wie darf ich das verstehen?«, frage ich neugierig.

      Fawn runzelt die augenbrauenlose Stirn unter der kahlen Schädeldecke und kratzt sich gedankenverloren am haarlosen Sack, vor dem sein kurzer, aber recht dicker Schwanz baumelt. Als vorwiegend heterosexueller Mann komme ich nur selten dazu, mir Gedanken über die Sexualorgane meiner Geschlechtsgenossen zu machen, aber wie mir in diesem Augenblick bewusst wird, entwickelt man auf Arkadia sehr schnell einen Blick für die individuellen Unterschiede in Größe und Form.

      »Nun«, beginnt er, »die Art, wie du schreibst, lässt eine Menge Rückschlüsse auf die verklemmte Sexualität der Erdmenschen zu.«

      Plötzlich ist mir der junge Mann gar nicht mehr so sympathisch.

      »Fawn studiert Soziologie an der Universität von Arkadia«, erklärt July, während wir Platz nehmen. »Er kann dir einige unserer fremdartigen Sitten vielleicht etwas besser erklären als ich.«

      »Erwarte nicht zu viel von mir«, sagt Fawn. »Ich bin erst im zweiten Semester.«

      »Genau deswegen habe ich dich mitgebracht«, sagt July und legt ihm einen Arm um die Schulter. »Du bist noch jung und unverdorben. Adrian will bestimmt keine akademischen Vorträge hören, sondern Erfahrungen aus erster Hand sammeln.«

      »Vorhin hast du mir gesagt, ich soll die Finger von ihm lassen!«, erwidert Fawn mit einem verschmitzten Grinsen.

      Ich habe das Gefühl, dass mir dieser Kerl immer unsympathischer wird.

      Als die beiden sich lachend in die Arme fallen und Fawn seiner Tante liebevoll die Brust streichelt, beginne ich zu ahnen, dass die Arkadier noch einige Überraschungen für mich auf Lager haben. Ich beschließe, dass sich ein Adrian Ginjeet nicht von solchen Dingen erschüttern lassen sollte.

      Dann kommen unsere Getränke. July tätschelt ungeniert den Po des Kellners, während er uns den Mooslikör serviert. Dabei handelt es sich um eine der wenigen arkadischen Spezialitäten auf der hiesigen Speise- und Getränkekarte. Ich bin mir gar nicht sicher, ob wirklich Alkohol drin ist, aber das Zeug schmeckt richtig gut.

      Im folgenden Gespräch erfahre ich, dass Fawn siebzehn Jahre alt und der Sohn von June ist. Insgesamt beläuft sich die Schar von Julys ausschließlich weiblichen Geschwistern auf ein glattes Dutzend. Die älteste der Damen wird January gerufen, und die jüngste hört auf den Namen December.

      Die Mutter der Schar ist übrigens die mittlerweile sechzigjährige Adventia Frypp, die kurz nach der Ankunft der ersten Siedler auf dem Planeten geboren wurde und sich rühmen darf, die älteste waschechte Arkadierin zu sein. Der Legende nach kam ihr erstes Töchterlein eher zufällig im Januar zur Welt, worauf die damals noch blutjunge Adventia den verwegenen Plan fasste, ihre weiteren Sprösslinge in den Folgemonaten der nächsten Jahre zu gebären. Ganz hat es nicht geklappt, da April und May versehentlich Ende März beziehungsweise Anfang Juni entbunden wurden, doch bei den folgenden Kindern konnte die Ordnung wiederhergestellt werden. Trotz dieser bemerkenswert konsequenten Familienplanung scheint Adventia nie einen Sinn für feste Beziehungen entwickelt zu haben, da sie sich für jeden Zeugungsprozess einen neuen Spender erwählte.

      Julys Vater dagegen hat es nicht lange auf Arkadia ausgehalten und ist kurz nach seiner Liaison mit Adventia zur Erde zurückgekehrt. July ist ihm nie persönlich begegnet und hat bisher nur ein paar Botschaften über Stringfunk mit ihm ausgetauscht, womit sie jedoch nicht die geringsten Probleme zu haben scheint. Die Arkadier finden ihren Rückhalt nicht so sehr in traditionellen, stabilen Familienbeziehungen, sondern in der Gemeinschaft, die wiederum eine einzige große Familie ist, da fast alle Arkadier irgendwie miteinander verwandt, versippt oder verschwägert sind, wie es scheint.

      July selbst ist Mitte dreißig und arbeitet als Planetografin an der Universität. Sie hält alle wichtigen Daten über Arkadia auf dem aktuellsten Stand und springt nebenbei als Reiseführerin ein, wenn sich tatsächlich einmal ein Besucher nach Arkadia verirrt.

      »Und diese … wie hieß sie noch gleich? … Greedy? Gehört sie auch zu deiner Verwandtschaft?«, frage ich.

      »Nein, Greedy ist ein Unikum, in jeder Hinsicht«, erwidert July kopfschüttelnd. »Sie scheint dir zu gefallen, wie?«

      Ich zucke lässig mit den Schultern. »Sie macht einen ganz netten Eindruck. Ich habe mir eigentlich nie Gedanken darüber gemacht, ob ich Frauen mit einer bestimmten Haarfarbe vorziehe, aber Haare sollten sie schon haben.«

      »Mit Haaren stelle ich es mir widerlich vor«, sagt Fawn. »Insbesondere beim Sex.«

      »Greedy hätte da bestimmt keine Bedenken«, entgegnet July.

      »Greedy!«, ruft

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