Finsterdorf. Peter Glanninger
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»Zumindest hast du jetzt jemanden.«
»Ha ha – da kann ich aber nicht lachen.« Steiger meinte das durchaus ernst.
»Außerdem ist da die Sache mit dem Teufel. Was soll das? Hast du dich im Zimmer umgesehen? Da deutet überhaupt nichts in diese Richtung. Was will sie damit?«, fragte Radek.
»Ich habe keine Ahnung. Vielleicht ist es einfach eine Schutzbehauptung, um uns in die Irre zu führen. Vielleicht sollen wir nach einem satanistischen Hintergrund suchen, damit wir vom Kern der Sache abgelenkt werden.«
»Aber was ist der Kern der Sache?«
»Keine Ahnung. Wie machen wir jetzt weiter?«
»Ebenfalls keine Ahnung. Wir haben zu wenig Informationen. Wir sollten noch weiter im Leben der Lindner herumstochern. Vielleicht sollten wir mit ihrem Chef sprechen.«
Bevor Radek den letzten Satz beendet hatte, startete seine Kollegin den Wagen und fuhr los.
15.
Es war ein kleiner Frisiersalon auf dem Hauptplatz. Der Chef, Herr Doleschal, sah aus wie eine Tunte, aber er war keine. Selbst die stylisch gegelten blondierten Haare, das gekünstelte Gehabe, als wäre er einer der gefragtesten Stylisten im Land, und sein tänzelnder Gang, der den Eindruck vermittelte, eine seiner Friseurinnen würde ihn ständig begrapschen, konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hinter den grauen Augen ein eiskaltes Wesen verbarg.
Als Doleschal die uniformierte Polizistin sah – Radek ignorierte er zunächst –, scharwenzelte er herbei und säuselte mit gezierter hoher Stimme: »Hallo, Frau Inspektor, womit darf ich Ihnen dienen? Ein Termin für die Haare?« Er warf einen prüfenden Blick auf Steigers brünetten Haarschopf. »Ein bisschen kürzer schneiden könnte sicher nicht schaden, und eine neue Fasson würde Sie deutlich besser aussehen lassen.«
»Ich habe einen Spiegel zu Hause und weiß, wie ich aussehe«, entgegnete Steiger mit einer amtlichen Strenge, die ihr Radek nicht zugetraut hätte. »Und meine Haare bleiben so, wie sie sind.«
Der Friseur zeigte kein Anzeichen von Überraschung, offensichtlich hatte er eine solche Reaktion erwartet. Als die Polizistin hinzufügte, warum sie hier waren, wurde er deutlich kühler. Er gab einige kurze Anweisungen an seine Angestellten und führte die Polizisten nach hinten ins Büro. Dort legte er sein tuntiges Gehabe endgültig ab und kehrte den leidenschaftslosen Geschäftsmann hervor. »Also, worum geht es?«
»Bernadette Lindner arbeitet bei Ihnen.« Das war eher eine Feststellung als eine Frage von Radek.
»Sie arbeitete bei mir«, korrigierte der Friseur. Seine Stimme hatte nun ihren natürlichen Ton wieder und klang nicht mehr, als ziehe ihn jemand an den Ohren.
»Was heißt, sie arbeitete bei Ihnen?«, fragte Radek nach.
»Ich habe ihr gekündigt.«
»Weshalb?«
»Weil sie unentschuldigt eine Woche nicht zur Arbeit erschienen ist. Das reicht wohl für eine fristlose Kündigung. Oder was denken Sie, was ich bin? Ein gemeinnütziger Verein, in dem jeder kommen und gehen kann, wie es ihm passt?«
»Haben Sie die Gründe, warum Bernadette nicht zur Arbeit erschienen ist, gar nicht interessiert?«
»Nein, überhaupt nicht. Sie ist nicht zur Arbeit gekommen, das genügt. Sie war nicht krank, sondern hat blaugemacht. Was immer sie treibt oder getrieben hat, es gibt da im Dorf ja die wildesten Gerüchte, ist mir egal, solange sie ihre Pflicht tut. Die Gründe sind ohne Belang. Sie hat ihre Pflicht versäumt. Und das ist ein Zeichen von Schwäche. Ich dulde keine Schwäche. Wir sind umgeben von schwachen Menschen, die nur auf die Gunst der Starken hoffen und durchgefüttert werden wollen. Aber nicht mit mir und nicht bei mir.«
Amen, lag Radek auf der Zunge, er schluckte die Bemerkung jedoch hinunter. Trotzdem fragte er sich, was dieser Doleschal für ein Chef und vor allem, was er für ein Mensch war. Abgesehen davon wollte er nicht über die moralischen Ansichten des Friseurs reden. »Ich würde Ihnen trotzdem gerne einige Fragen zu Frau Lindner stellen.«
»Dann tun Sie das.« Doleschals Unwillen war deutlich zu sehen.
»Können Sie sich erinnern, ob es in den Tagen, bevor Bernadette nicht mehr zur Arbeit erschienen ist, irgendwelche Anzeichen für eine Verhaltensänderung gegeben hat?«, fragte Radek.
»Nein«, antwortete Doleschal sofort und ohne nachzudenken. Wie konnte er sich da so sicher sein?
»Wissen Sie das genau?«
»Ja.«
»Hat sie Andeutungen gemacht, dass sie woanders hinwill oder dass sie nicht zur Arbeit kommen wird, etwas in der Art?«
»Nein.« Wieder kam die Antwort ohne Zögern.
»Überhaupt nichts?«
»Überhaupt nichts.«
»Was war Bernadette für ein Mädchen?«
Er zuckte mit den Schultern, doch diesmal überlegte er länger, bevor er sagte: »Ein ganz normaler Lehrling. Mäßig fleißig, aber nicht faul. Ausreichend begabt und arbeitswillig. Durchschnittlich, würde ich sagen, aber akzeptabel.«
Das klang für Radek wie die Bewertung einer Waschmaschine.
»Und welchen Eindruck hatten Sie sonst von ihr?«
»Wie ich schon sagte: Durchschnitt. Eine normale Jugendliche, keine Ecken und Kanten.«
»Ist sie früher schon einmal unentschuldigt von der Arbeit weggeblieben?«
»Nein, sonst hätte ich ihr damals schon gekündigt.«
Weil er keine Schwäche duldet – Radek verzichtete darauf, nach dem Warum zu fragen. »Wie war ihr Verhältnis zu den Kolleginnen?«
»Normal, soweit ich das beurteilen kann. Es gab keine Streitereien außer dem üblichen Herumgezicke. Wenn Sie es genauer wissen wollen, müssen Sie die Mädchen fragen.«
»Wissen Sie vielleicht, mit wem Bernadette in ihrer Freizeit Umgang pflegte?«
»Nein, da müssen Sie ihre Eltern fragen.«
»Wurde sie nach Geschäftsschluss abgeholt, von einem Freund möglicherweise? Am Freitag ihres Verschwindens vielleicht?«, mischte sich Steiger ins Gespräch ein.
»Nein. Ist mir nicht aufgefallen.«
»Können Sie uns sonst etwas sagen, was den Umstand des Verschwindens von Bernadette beleuchtet?«
»Nein.«
Das blumige Herumplappern, mit dem der Friseur sie empfangen hatte, war einem verschlossenen, ablehnenden Misstrauen gewichen. Doleschal wollte ihnen nichts sagen. Sie verabschiedeten sich und verließen den Friseurladen. Radek verzichtete darauf, die Arbeitskolleginnen von Bernadette Lindner zu befragen, da er glaubte, das Ergebnis zu kennen: Nein – weiß nicht – kann ich nicht sagen – keine