Finsterdorf. Peter Glanninger

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Finsterdorf - Peter Glanninger

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und blickte hinüber zu der uniformierten Polizistin und dem Mann in Zivil, die schräg gegenüber auf dem Gehsteig standen. Sie war hinter dem Vorhang, der die Auslage zum Geschäft hin abdeckte, nicht zu sehen. Das wusste sie. Das hatten sie getestet. Von ihrem Standort aus konnte sie beinahe den ganzen Hauptplatz überblicken, ohne dabei selbst gesehen zu werden.

      Sie hatte die beiden schon beobachtet, als sie den Streifenwagen geparkt und den Hauptplatz überquert hatten und in das Geschäft von diesem Doleschal gegangen waren. Und sie hatte sich gefragt, was die beiden bei ihm wollten. Als sie Katharina Fenzl, ihrer Chefin und Besitzerin des Ladens, davon erzählte, war für die völlig klar, dass es nur um die kleine Lindner gehen konnte. Die hatte beim Doleschal gearbeitet, bevor sie abgehauen war, und man hörte einiges im Dorf darüber, was sie in dieser Zeit getrieben haben soll.

      Renate vermutete, dass auch der Mann ein Polizist war. »Jetzt stehen die beiden vor dem Doleschal seinem Laden und beratschlagen«, berichtete sie.

      »Was sind das überhaupt für Leute?«, fragte ihre Chefin.

      »Keine Ahnung. Sie kenne ich. Die habe ich schon ein paarmal in Gresten gesehen, aber er ist mir unbekannt. Ob der aus Scheibbs kommt oder aus Sankt Pölten?«

      Kathi Fenzl trat neben Renate und blickte ebenfalls vorsichtig auf den Hauptplatz.

      »Nein, den kenne ich auch nicht«, sagte sie, fügte dann aber nach genauerem Hinsehen hinzu: »Ist der nicht am Wochenende beim Falk auf der Terrasse gesessen? Am Samstagnachmittag. Das hat ausgesehen, als wäre er dort Gast.«

      »Beim Falk?«, fragte Renate. »Warum geht er zum Falk?«

      »Keine Ahnung. Die kommen sicher wegen der Lindner.«

      »Was will die Polizei vom Doleschal? Der hat doch mit der Lindner nichts zu tun.«

      »Er ist ihr Chef.«

      »Ich hab gehört, er hat ihr gekündigt.«

      »Dann war er halt ihr Chef, bevor sie verschwunden ist.«

      »Aber er hat mit ihrem Verschwinden nichts zu tun. Nehm ich zumindest an.«

      »Vielleicht weiß er etwas Interessantes über die Lindner. Immerhin war sie zwei Jahre bei ihm.«

      »Und jetzt hat er sie einfach rausgeschmissen. Das ist ziemlich gemein von ihm.«

      »Ja, das hätte ich ihm nicht zugetraut. Aber ganz geheuer ist der mir sowieso nie gewesen.« Kathi tat geheimnisvoll.

      »Glaubst du, dass die Polizisten länger bleiben?«, wechselte Renate das Thema.

      »Ich weiß nicht.«

      »Glaubst du, dass die auch zu uns kommen?«

      Kathi bekam einen furchtsamen Ausdruck in den Augen und flüsterte: »Hoffentlich nicht.« Nur nicht auffallen, dachte sie.

      »Mich würde interessieren, was der Bürgermeister dazu sagt.« Unwillkürlich sprach auch Renate leiser und blickte sich unauffällig im Geschäft um.

      »Der weiß das vielleicht noch gar nicht«, vermutete ihre Chefin.

      »Meinst du?«

      »Ich bin mir nicht sicher.«

      »Und der Baron? Denkst du, der Baron weiß bereits, dass die Polizisten hier herumlaufen?«

      Kathi schüttelte unmerklich den Kopf. »Nein, ich glaub nicht«, wisperte sie kaum hörbar.

      Dann gingen sie wieder an die Arbeit.

      16.

      Da sie momentan keine andere Idee hatten, wie sie weitermachen sollten, beschlossen Steiger und Radek, das Mittagessen vorzuziehen. Radek schlug vor, ins Gasthaus »Falk« zu gehen.

      Als sie ins Lokal kamen, stand Falk hinter der Schank, blickte ihnen misstrauisch entgegen und erwiderte ihren Gruß mürrisch. Sie suchten sich einen Tisch im hinteren Bereich der Gaststube, Falk brachte die Speisekarten und nahm die Getränkebestellung auf. Der fragende Blick, den er zunächst Radek und dann seiner uniformierten Begleiterin zuwarf, war nicht zu übersehen.

      Sie studierten das Essensangebot und überlegten gerade laut, ob sie sich für das Mittagsmenü oder die Karte entscheiden sollten, als der Wirt die Getränke brachte.

      Nachdem Falk die Gläser auf den Tisch gestellt hatte, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. »Sind Sie Polizist?«, fragte er Radek scharf und unvermittelt.

      »Ja.«

      »Warum haben Sie nicht schon am Wochenende gesagt, dass Sie bei der Polizei sind?« Falks Haltung wurde mit einem Schlag feindselig.

      Radek hatte keine Ahnung, warum es beim Wirt zu dieser Ablehnung kam und wie er darauf reagieren sollte. »Hätte das etwas geändert?«, stellte er eine vorsichtige Gegenfrage.

      »Na klar.«

      »Hätte ich dann kein Zimmer bekommen?«

      »Nein, das nicht.«

      »Was dann?« Radek spürte eine wachsende Gereiztheit in sich aufsteigen.

      »Wir hätten uns von Ihnen nicht bespitzeln lassen!« Falk wurde zornig.

      »Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie bespitzeln wollte?«

      »Warum nehmen Sie sich sonst übers ganze Wochenende ein Zimmer hier, obwohl Sie Polizist sind?«

      Radek verstand den Sinn der Frage nicht, trotzdem antwortete er: »Weil ich aus Sankt Pölten bin und mich zwei Tage erholen wollte.« Er sah keinen Grund, den Wirt anzulügen.

      Der musterte ihn argwöhnisch, als könnte er dadurch feststellen, ob sein Gast die Wahrheit sagte oder nicht. Dann entschied er sich für eine versöhnlichere Tonart. »Wir mögen eine solche Geheimnistuerei gar nicht«, erklärte er und damit schien für ihn die Sache erledigt zu sein. Er nahm ihre Bestellung entgegen und verzog sich in die Küche.

      Während des Essens sprachen Radek und Steiger zunächst über belanglose Dinge. Steiger erzählte vom Polizeidienst in Gresten, von ihrem Mann und ihren Kindern.

      Radek hatte keine Frau und keine Kinder, von denen er stolz berichten konnte. Er hatte nicht einmal einen Job, der ihm so viel Spaß machte, um darüber zu reden. Das Einzige, das ihm für ein zwangloses Plaudern brauchbar erschien, war sein geplantes Studium, aber selbst das kam ihm großkotzig vor. So schwätzte er über Sankt Pölten, dessen Sehenswürdigkeiten und verschiedene Lokale, die ihm besuchenswert erschienen. Unverbindlicher Small Talk eben. Wenn Radek sich mit Steiger verglich, ihrem geregelten Leben in ordentlichen Bahnen, fühlte er sich wie ein Außerirdischer, der hier in der Idylle der Provinz nichts verloren hatte.

      Trotzdem kamen sie dann auf das LKA, klar, das interessierte Steiger mehr als die Organisation der Studieneingangsphase für Geschichte. Als er erklärte, was er dort machte, wurde sie hellhörig und fragte nach, weshalb das LKA ihn geschickt habe und nicht einen anderen Kriminalbeamten, einen, der schon zuvor in diesem Fall ermittelt hatte. Einen Moment lang glaubte Radek, sie hätte »einen versierten Kriminalbeamten« sagen wollen, aber vielleicht bildete er sich das

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