Hetzwerk. Peter Gerdes

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Hetzwerk - Peter Gerdes

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gerettet werden! Ha, Pustekuchen. Nichts davon geschah. Heute, nachdem Rot-Grün nach nur viereinhalb Jahren abgewählt worden war und eine rot-schwarze Koalition in Hannover die Geschäfte betrieb, waren die Gymnasien die einzig verbliebenen und entsprechend überfüllten Rettungsboote, alle anderen Schulformen kurz vor dem Absaufen. Gülle und Nitrat waren schon im Grundwasser nachweisbar. Und die Ems lag nicht mehr im Sterben, sie war tot. Mausetot!

      Noacks Hände krampften sich um sein Lenkrad. Weit vor ihm bremste der Cayenne an einer roten Ampel, und er hatte nicht übel Lust, aufs Gas zu treten und ihm hinten reinzufahren. Aber was würde das nützen? Sein Mazda würde an dem schweren SUV zerschellen, ohne allzu viel Wirkung zu erzielen, nicht einmal in den Querverkehr würde er ihn schieben können, zumal gerade gar keiner da war. Der Airbag würde ihm die Brille verbiegen und vielleicht seinen neuen Stiftzahn lockern. Dann hätte er zum Spott auch noch den Schaden.

      Die Ampel sprang auf Grün, gerade als Noack heran war. In moderatem Abstand kurvten Fecht und er an der Polizeiinspektion vorbei, an billigen Klamotten- und Kramläden, an der Hauptpost. Dann 90 Grad nach rechts, vor dem Bahnhof um den Kreisel herum, an dem frisch renovierten Hotel Frisia vorbei, dann rechts in die Logaer Hauptstraße. Tagsüber hatte man hier Staugarantie, abends aber konnte man diese Route durchaus fahren, falls nicht gerade gebaut wurde. Nur die Schranken waren immer für einen längeren Aufenthalt gut. Diesmal hatten sie Glück, die Sabotagebalken waren oben.

      Noack fuhr exakt 50, obwohl er nur zwei Bier getrunken hatte und keine Kontrolle zu fürchten brauchte. Fechts Cayenne gewann schnell wieder an Vorsprung. War dem denn alles egal? Oder fühlte er sich schon unantastbar?

      Hindenburgstraße, Gustav-Elster-Straße, An der Friedenskirche – hier in Loga gab es wirklich alles. Sogar einen Roten Weg. Das hätte gepasst, aber dort wohnten weder Lars Noack noch Carsten Fecht. Wenn auch ganz in der Nähe. Viel hatte nicht gefehlt, und sie wären Nachbarn gewesen. Gott sei Dank, dass ein paar Grundstücke dazwischen lagen, dachte Noack. Ihre Häuser sahen sich sogar ein bisschen ähnlich, auch von der Größe her. Nur, dass Noack sich für seines noch viele Jahre lang würde krummlegen müssen, während Fecht das seinige geheiratet hatte. Geerbt hatte er außerdem, Bargeld und Aktienpakete von seinem früh verstorbenen Vater, einem SPD-Regionalfürsten, wie er im Buche stand. Ein geschwollenes Radieschen, außen rot und innen weiß!

      Fecht bog ab, Noack folgte ihm. Sein Haus kam zuerst in Sicht, Fecht wohnte weiter die Straße hinunter. Da war Noacks Einfahrt, an dieser Stelle nahm er gewöhnlich den Fuß vom Gas. Hier galt sowieso Tempo 30.

      Spätestens jetzt hätte er stoppen müssen. Aber er tat es nicht, ließ den Mazda weiterrollen, dem Cayenne hinterher. Aus welchem Grund? Zu welchem Zweck? Sollte er Fecht vor dessen Haustür abpassen, mit ihm reden, ihn zu überzeugen versuchen?

      Aber wovon? Gnade vor Recht? Gnade war kein Wort aus Fechts Vokabular. Weichei schon eher.

      Da links war Fechts Haus, dort seine Einfahrt. Der Cayenne blinkte, rauschte auf seinen üblichen Platz. Die Reifen radierten leicht. Fecht stieß die Fahrertür auf. Beim Aussteigen schwankte er merklich, musste sogar einen Ausfallschritt machen. Man hörte deutlich, dass er das witzig fand.

      Lars Noack hielt am rechten Straßenrand. Hier konnte man überall parken, musste nur auf die Einfahrten achten. Er riss die Autotür auf, wollte sich beeilen, bei Fecht sein, ehe der im Haus verschwand. Trotzdem hielt er noch einmal inne, tauchte zurück ins Auto, nahm einen großen braunen Umschlag an sich. Dann warf er die Fahrertür zu.

      Carsten Fecht hatte seine Haustür schon fast erreicht. Beim Geräusch der Autotür drehte er sich um. Lichtschrankengesteuerte Lampen flammten auf und erhellten den kunstvoll gepflasterten Vorplatz.

      »Was willst du denn noch?«, blaffte Fecht. »Mit dir bin ich fertig!« Das Schlüsselbund in seiner Hand rasselte ungeduldig.

      »Carsten, ich bitte dich!« Noack gestikulierte mit der linken Hand, behielt seine rechte hinter dem Rücken. »Überleg es dir gut, ehe du alles an die Presse gibst. Lass dir das noch mal durch den Kopf gehen! Da hat doch keiner etwas davon, wenn du jetzt die ganze Partei mit in den Abgrund reißt. Lass uns doch …«

      »Ach so, nicht die Partei, was?«, höhnte Fecht. Er trat zwei Schritte auf Noack zu, stand fast Brust an Brust vor ihm, sodass der den Kopf in den Nacken legen musste. »Nicht die Partei, das heißt ja wohl vor allem: nicht dich, was? Du willst weiter schön deine Diäten kassieren. Was aus mir wird nach der nächsten Wahl, kann dir ja egal sein, was? Aus dem unappetitlichen Herrn Fecht!« Er hob die Hand mit dem Schlüsselbund, als wollte er Lars Noack ohrfeigen.

      Noack riss seine rechte Hand hinter dem Rücken hervor. Darin hielt er einen braunen wattierten Umschlag, äußerlich unscheinbar, aber Fecht schnappte trotzdem nach Luft, starrte dem Stadtrat überrascht ins Gesicht. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und eilte zu seiner Haustür, den Schlüssel vorgestreckt.

      Der Schlüssel stieß ins Leere, denn die Tür schwang ohne sein Zutun auf. Drinnen war es stockdunkel. Jedenfalls einen Moment lang. Dann erhellte ein Blitz die Szenerie, begleitet von einem enorm lauten Knall.

      Fecht wurde rücklings zu Boden geschleudert wie von einem Rammbock. Gleichzeitig ertönte ein Schmerzensschrei. Unmittelbar danach ein Repetiergeräusch.

      Lars Noack rannte, als ob der Teufel hinter ihm her wäre. Erst vor seiner eigenen Haustür fiel ihm ein, dass er an seinem Auto vorbeigerannt war. Er schloss die Haustür von innen ab und hakte die Sicherheitskette ein, ehe er mit fliegenden Fingern die 110 wählte.

      2.

      »Ein roter Porsche? Seit wann gibt es Porsches in Rot?« Hauptkommissar Stahnke schüttelte den Kopf. »Rot ist doch die Ferrari-Farbe. Und englische Racer sind smaragdgrün, wie es sich gehört. Das weiß man doch.«

      »Seit wann genau es rote Porsches gibt, kann ich dir nicht sagen. Aber es gibt sie. Serienmäßig.« Natürlich hatte Oberkommissar Oliver Kramer auch das recherchiert. Über die Relevanz der Frage seines Vorgesetzten verlor er kein Wort.

      »Zeiten sind das!«, murrte Stahnke weiter. »Rote Porsches, die von Roten gefahren werden. Also zu meiner Zeit …«

      »Wann soll das denn gewesen sein?« Oberkommissar Nidal Ekinci sah putzig aus in seinem weißen Overall, dessen eng geschnürte Kapuze seinen karamellfarbenen Teint noch unterstrich. »Wenn du mir die ungefähre Jahreszahl gibst, google ich gerne Postkutschenfarben für dich. Jahrhundert reicht.« Er grinste Stahnke vorwitzig an, während er an ihm vorbei das Haus betrat.

      Der Hauptkommissar wandte sich ab und schob sich verstohlen ein weiteres Hustenbonbon in den Mund. Auch er hatte bereits kräftig in den Mai gefeiert, allerdings allein vor dem Fernseher, als ihn der Anruf der Polizeiwache am Hafenkopf erreichte. So, wie der Tote stank, der rücklings in einer ausgedehnten Blutlache lag, hätte man den Alkoholgeruch gut auf ihn schieben können. Aber Stahnke wollte auf Nummer sicher gehen.

      »Offenbar hat der Täter in dessen Haus auf sein Opfer gewartet«, begann Kramer den vorläufigen Erkenntnisstand zu referieren. »Dort im Flur, in völliger Dunkelheit. Oder sagen wir lieber: in der Halle. Ist ja insgesamt etwas weitläufig, dieses Haus.«

      Stahnke machte eine ungeduldige Handbewegung. »Fakten! Wie ist er ins Haus hineingekommen, auf welchem Weg hat er es wieder verlassen? Und was hat er hier sonst noch gemacht?«

      »Ich fange mal hinten an«, begann Kramer. »Frage drei: Es gibt ein paar geöffnete Schubladen, aber so richtig durchwühlt wurde das Haus nicht. Ob etwas fehlt, wird noch geklärt, das dauert. Frage zwei: Verlassen hat der Täter das Haus allem Anschein nach durch die Terrassentür, also hinten. Da haben

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