24 Stunden. Adam Hamilton
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Sind Sie schon einmal verraten, im Stich gelassen oder von Freunden enttäuscht worden? Vor vielen Jahren kam eine meiner Töchter in Tränen aufgelöst von der Schule nach Hause, weil eine Freundin »ihr einen Dolch in den Rücken gestoßen« hatte. Meine Tochter verkündete, dass sie mit dem Mädchen nie wieder etwas zu tun haben wolle. Ich konnte ihr Gefühl gut nachempfinden. Es ist wohl fast jeder schon einmal von einem Freund oder einer Freundin verraten worden. Manchmal ist diese/r Verräter/in auch kein Freund, sondern ein Familienmitglied oder eine andere Person, der wir vertraut haben.
Es gibt Arten von Verrat, die so schwerwiegend sind und dermaßen großen psychischen Schaden anrichten, dass es angemessen und notwendig ist, den Kontakt zu der betreffenden Person abzubrechen, damit man seelisch wieder heil werden kann. Aber am allermeisten ist dann Barmherzigkeit nötig.
Vor ein paar Jahren war ich enttäuscht von einem Freund, der etwas weitererzählt hatte, was ich ihm im Vertrauen mitgeteilt hatte. Meine erste Reaktion auf diesen Vertrauensbruch war der Entschluss, ihm nicht mehr zu trauen und auf Abstand zu gehen. Aber – ich glaube ausgelöst durch den Heiligen Geist – fielen mir dann Gelegenheiten ein, bei denen auch ich selbst das Vertrauen anderer verletzt und Freunde enttäuscht hatte. Es war schwer, böse auf meinen Freund zu sein in dem Wissen, dass ich mich selbst auch schon so verhalten hatte. Also ging ich auf ihn zu, teilte ihm meinen Kummer und auch meine Enttäuschung mit, und er entschuldigte sich. Unsere Freundschaft wurde wieder heil, und wir sind Freunde geblieben.
Jesus weiß damals, dass ihn seine Jünger verraten werden, und dennoch bringt er ihnen beim letzten Mahl außergewöhnliche Barmherzigkeit entgegen. Obwohl Jesus weiß, dass Judas sich schon bereit erklärt hat, ihn den Priestern auszuliefern, schließt er ihn nicht von dem Mahl aus. Manche Theologen glauben, dass Jesus ihm am Tisch sogar den Ehrenplatz an seiner linken Seite zugewiesen hat. Und obwohl Jesus weiß, dass Petrus leugnen wird, ihn zu kennen, wäscht er ihm die Füße. Obwohl er weiß, dass sie ihn alle im Stich lassen werden, nennt er sie seine Freunde, betet für sie und sagt zu ihnen: »Dies ist mein Blut, mit dem der neue Bund zwischen Gott und den Menschen besiegelt wird. Es wird für euch zur Vergebung der Sünden vergossen.«
Sind Sie schon jemals in der Rolle von Judas oder Petrus oder einem der anderen zehn Jünger gewesen, indem sie Jesus verraten, verleugnet oder ihn verlassen haben durch etwas, das Sie getan oder unterlassen haben?
Wenn sie jetzt in den letzten Stunden seines Lebens den Weg mit Jesus gehen, gibt es jemanden, der Sie verraten, verlassen oder enttäuscht hat, dass er Sie um Vergebung bitten müsste?
HERR, VERGIB MIR DIE SITUATIONEN, in denen ich die Rolle von Judas oder Petrus gehabt habe durch das, was ich getan oder unterlassen habe. Hilf mir, barmherzig mit denen zu sein, die mich verraten oder enttäuscht haben, so wie du barmherzig bist mit mir. Amen.
5. Was ist dein Preis?
Anschließend ging einer der zwölf Jünger, Judas Iskariot, zu den Hohenpriestern und fragte: »Was zahlt ihr mir, wenn ich euch Jesus verrate?« Sie gaben ihm dreißig Silbermünzen. Von da an suchte Judas eine günstige Gelegenheit, um Jesus zu verraten.
(Matthäus 26,14–16)
SCHON BEVOR DAS LETZTE ABENDMAHL stattfindet, hat Judas sich bereit erklärt, Jesus zu verraten. Jesus sagt diesen Verrat beim Essen voraus, und nach dem Mahl schickt er Judas fort mit den Worten: »Beeil dich, Judas! Erledige bald, was du tun willst!« (Johannes 13,27).
Schon in ein paar Stunden wird Judas mit den Wachsoldaten des Hohenpriesters zurückkommen, die Jesus verhaften sollen.
Warum verrät Judas Jesus? Das ist eine Frage, über die sich Christen schon seit fast zweitausend Jahren streiten.
Die einen spekulieren, dass Judas ein Zelot ist, der Jesus anfänglich nachfolgt in der Hoffnung, dass er einen Aufstand gegen die Römer anführen wird, ihn dann aber aus Enttäuschung verrät, als sich herausstellt, dass Jesus das nicht vor hat. Andere behaupten, dass Judas Jesus durch sein Verhalten zwingen will, sich gegen die religiösen Führer und die Römer zu erheben. Vielleicht ist Judas, der sich von den anderen Jüngern bereits etwas absondert, auch beleidigt, weil Jesus ihn bei dem Essen in Bethanien in der Woche zuvor öffentlich kritisiert hat. Vielleicht ist für Judas in diesen Szenarien seine politische Einstellung wichtiger als sein Glaube und vielleicht ist es auch Judas’ Enttäuschung oder seine Verletztheit, die dazu führt, dass er dem Bösen erliegt.
Das tiefste, eigentliche Motiv für Judas’ Verrat an Jesus werden wir wohl nie erfahren, aber die Evangelien berichten, dass auch Geld dabei eine Rolle spielt. Johannes berichtet, dass Judas, der für die Verwaltung der gemeinsamen Kasse von Jesus und seinen Jüngern zuständig ist, manchmal Geld aus dieser Kasse gestohlen hat (Johannes 12, 4–6), und bei Matthäus ist nachzulesen, dass Judas auf die Hohenpriester zugeht und sie fragt: »Was zahlt ihr mir, wenn ich euch Jesus verrate?« (Matthäus 26,15). Sie bezahlen ihm dreißig Silberstücke – das sind damals etwa fünf Wochenlöhne eines Arbeiters.
Auf irgendeine seltsame Art macht Geld etwas mit uns. So schreibt Paulus denn auch: »Alles Böse wächst aus Habgier« (1. Timotheus 6,10). Als der Teufel Jesus am Anfang seines öffentlichen Wirkens in Versuchung führt, probiert auch er unter anderem, Jesus mit der Aussicht auf Reichtum zu verführen. Und Jesus predigt in der Zeit seines öffentlichen Wirkens regelmäßig darüber, wie sehr Menschen mit dem Wunsch nach Reichtum zu kämpfen haben. Und es ist ein Kampf, den wir Menschen bis heute führen. Das wird unter anderem auch an der Gier und Maßlosigkeit deutlich, die hinter der Wirtschaftskrise von 2008 steckte.
Jesus spricht mehrmals mit Menschen, die mit ihrer Gier zu kämpfen haben. So sagt er beispielsweise zu dem Mann, der in der Bibel als der »reiche Jüngling« bezeichnet wird, dass die einzige Möglichkeit, sich von seiner Liebe zum Besitz zu befreien, darin bestehe, sich davon zu trennen und alles den Armen zu geben. Bei anderer Gelegenheit sagt er zu einem Mann, der ein Problem mit Gier hat: »Hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat« (Lukas 12,15; Lutherbibel). Ich habe diese Worte auswendig gelernt, denn auch ich bin immer wieder gefährdet, Besitz anzuhäufen.
Irgendwann kommt es unweigerlich zum Konflikt zwischen dem Geld und der Liebe zu Gott. Im Fall von Judas gewinnt dabei die Liebe zum Geld. Langsam und stufenweise rechtfertigt er seinen Griff in die Gemeinschaftskasse und letztlich auch seinen Verrat an Jesus. Erleben Sie es auch manchmal so, dass Ihr Glaube und Ihre Finanzen im Widerstreit miteinander stehen? Sind Sie bereit abzugeben, von dem, was Sie haben, so wie Gott es will? Sind Sie absolut ehrlich in finanziellen Dingen, zum Beispiel bei der Steuererklärung? Gehen Sie Kompromisse ein in Bezug auf Ihre Werte, um ein Schnäppchen zu machen, ein Geschäft unter Dach und Fach zu bringen oder eine Gehaltserhöhung zu bekommen?
HERR, BITTE VERGIB MIR, WO ich Kompromisse in Bezug auf meinen Glauben eingegangen bin, um mehr zu haben. Hilf mir, daran zu denken, dass »niemand davon lebt, dass er viele Güter hat« und dir mit allem, was ich bin und habe zu dienen. Amen.
6. Ich gehe, um euch einen Platz bereit zu machen
»Seid nicht bestürzt, und habt keine Angst!«, ermutigte Jesus seine Jünger. »Vertraut Gott, und vertraut mir! Denn im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Sonst hätte ich euch nicht gesagt: Ich gehe hin, um dort alles für euch vorzubereiten. Und wenn alles bereit ist, werde ich kommen und euch zu mir holen. Dann werdet auch ihr dort sein, wo ich bin«.
(Johannes 14,1–3)
IN DEN VERGANGENEN ZWANZIG JAHREN meiner Tätigkeit als Pastor habe ich