Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten. Edgar Rice Burroughs
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Eine halbe Stunde später war wieder der ganze Stamm unten auf dem Boden bei der Nahrungssuche, als ob nichts die dumpfe Eintönigkeit des Lebens unterbrochen hätte. Tarzan hatte den größten Teil seines Seiles wiedergefunden und brachte eifrig eine neue Schlinge an, während Teeka dicht neben ihm hockte als offensichtliches Anzeichen, dass sie ihre Wahl getroffen hatte.
Taug sah die beiden mürrisch an. Einmal kam er näher, da fletschte Teeka ihre Zähne und knurrte ihn an, und Tarzan zeigte mit bösartigem Schnarren seine Fangzähne. Aber Taug suchte keinen neuen Streit. Nach der Gewohnheit seiner Artgenossen nahm er augenscheinlich die Entscheidung des Weibchens als Hinweis, dass er im Kampf um ihre Gunst besiegt worden war.
Spät am Tage hatte Tarzan sein Wurfseil ausgebessert und nahm seinen Weg durch die Bäume, um zu jagen. Mehr als seine Gefährten trug er Verlangen nach Fleisch, und während sie mit Früchten, Kräutern und Kerbtieren zufrieden waren, die sie ohne besondere Mühe finden konnten, verbrachte Tarzan den größten Teil seiner Zeit auf der Jagd nach Wild, dessen Fleisch allein den Ansprüchen seines Magens genügte und den mächtigen Muskeln, die sich jeden Tag stärker unter seiner glatten, braunen Haut entwickelten, Nahrung und Kraft lieferte.
Taug sah ihn aufbrechen und kam ganz zufällig auf der Nahrungssuche immer mehr in Teekas Nähe. Als er nur noch einige Fuß von ihr entfernt war und nach ihr hinüberschielte, sah er, dass sie keinerlei Ärger zeigte und seine Annäherung anscheinend billigte. Taug warf sich in die breite Brust und stolzierte auf seinen kurzen Beinen umher, wobei er aus seiner Kehle merkwürdige, knurrende Geräusche hervorholte. Jetzt hob er die Lippen und bleckte die Zähne. Nein, was für große, wunderschöne Fangzähne er hatte! Teeka musste das wirklich feststellen. Dann ließ sie ihre Augen voll Bewunderung auf Taugs mächtigen Brauen und seinem kurzen, starken Nacken ruhen. Was für ein Prachtgeschöpf er doch war!
Durch die unverhehlte Bewunderung in ihren Augen fühlte sich Taug geschmeichelt und begann so stolz und eitel wie ein Pfau herumzustolzieren. Dann zählte er für sich seinen Bestand an Vorzügen auf und bald verglich er sie mit denen seines Nebenbuhlers.
Taug grunzte: da war nichts zu vergleichen! Wie konnte man sein schönes Fell mit der glatten, nackten Scheußlichkeit von Tarzans haarloser Haut vergleichen? Wer konnte an des Tarmangani spitzer Nase etwas Schönes finden, wenn er Taugs breite Nüstern gesehen hatte? Und erst Tarzans Augen! Hässliche Dinger, die das Weiße sehen ließen und kein Spürchen roten Rand hatten! Taug wusste, wie schön seine eigenen blutunterlaufenen Augen waren, denn er hatte sie oft schon in der glatten Oberfläche eines tränkenden Wassertümpels spiegeln sehen.
Der Affe schlich näher an Teeka und drückte sich schließlich eng an ihre Seite. Als Tarzan bald danach von seiner Jagd zurückkam, sah er, wie Teeka seinem Rivalen zufrieden den Rücken kratzte.
Tarzan war empört. Weder Taug noch Teeka sahen es, als er aus den Bäumen auf die Waldwiese herauskam. Er schaute ihnen einen Augenblick zu, dann wendete er sich mit seiner jammervollen Grimasse ab und verschwand wieder in dem Gewirr belaubter Zweige und Moosgirlanden, aus denen er aufgetaucht war.
Tarzan wünschte sich von der Ursache seines Herzeleides so weit fort wie möglich. Er erlitt die ersten Stiche verschmähter Liebe und wusste nicht einmal ganz genau, was eigentlich mit ihm los war. Er glaubte erst, es sei Ärger über Taug, aber dann verstand er nicht, warum er davongelaufen war, statt sich zum tödlichen Kampfe auf den Zerstörer seines Glücks zu stürzen.
Dann dachte er wieder, es sei wohl Ärger über Teeka, aber die Vorstellung ihrer vielen Schönheiten verfolgte ihn, sodass sie ihm wieder nur im Lichte der Liebe als das begehrenswerteste Ding auf der Welt erschien.
Dem Affenknaben fehlte Zuneigung. Von seiner Kindheit bis zurzeit ihres Todes, als Kulongas vergifteter Pfeil ihr wildes Herz durchbohrte, war Kala für den englischen Knaben die einzige gewesen, für die er Anhänglichkeit empfinden konnte.
Kala hatte ihren angenommenen Sohn in ihrer wilden, rauen Art geliebt und Tarzan hatte diese Liebe erwidert, obgleich die äußerlichen Zeichen davon nicht größer waren, als man es auch von jedem anderen Dschungeltier erwarten konnte.
Erst als er ihrer beraubt war, wusste der Junge, wie innig er an seiner Mutter, denn dafür hielt er sie, gehangen hatte.
In Teeka hatte er in den letzten paar Stunden einen Ersatz für Kala gesehen – etwas, für das er kämpfen, für das er jagen konnte – etwas, das er liebkosen konnte! Nun war sein Traum zerbrochen. Irgendetwas in der Brust tat ihm weh. Er legte die Hand auf das Herz und fragte sich verwundert, was ihm denn geschehen war. Ganz unbestimmt fühlte er, dass er seinen Schmerz Teeka zuzuschreiben habe. Je mehr er daran dachte, wie er zuletzt Teekas Liebkosung für Taug gesehen, desto weher tat ihm das Ding in der Brust.
Tarzan schüttelte den Kopf und brummte. Immer weiter durch den Dschungel schwang er sich, und je weiter er zog und je mehr er über das erlittene Unrecht nachdachte, desto näher war er daran, unwiderruflich ein Weiberfeind zu werden.
Volle zwei Tage später jagte er immer noch allein – recht mürrisch und recht unglücklich; er war entschlossen, nie wieder zur Horde zurückzukehren. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, Taug und Teeka stets beieinander sehen zu müssen. Als er sich gerade auf einen großen Ast schwang, schritten Numa, der Löwe, und Sabor, die Löwin, unter ihm durch. Seite an Seite gingen sie und Sabor lehnte sich an den Löwen und biss ihn im Spiel in die Wange. Es war eine halbe Zärtlichkeit. Tarzan seufzte und schleuderte ihnen eine Nuss nach.
Nachher stieß er auf mehrere von Mbongas schwarzen Kriegern. Er wollte schon einem, der sich etwas von den anderen entfernt hatte, seine Schlinge um den Hals werfen, als ihn der Gegenstand anzog, mit dem sich die Schwarzen beschäftigten. Sie bauten auf der Wildfährte einen Käfig und bedeckten