Malmotta - das Unbekannte. Walther Kabel

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Malmotta - das Unbekannte - Walther Kabel

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Kranken hier besuchen kommen und mir die Zeit vertreiben wollen und ... die alle nicht ahnen, daß Olaf Karl Abelsen in diesem Falle der größte Schwindler ist.

      Es ist ja gar nicht mehr so schlimm mit meinen Augen. Ich kann sie getrost minutenlang offenhalten – gewiß, sie tränen, aber das rührt wohl mehr von dem Küchendunst her, der hier in der Baumkrone bei dieser abendlichen Windstille zäh zwischen den Ästen, Zweigen und Früchten hängenbleibt.

      Es ist ein unehrliches Spiel, dessen ich mich schämen müßte, wenn ich nicht immer an den Gefangenen dort drüben dächte – an den Fremden, den ich verfolgte, der auch in die Katsa-Nebel geriet, dessen armes Pferd zusammenbrach in schwerer Atemnot und den Patumengis Leibwache herbeischleppte und da unten in dem einen hohen Baobab einsperrte ...

      Nur ein einziges Mal habe ich das Gesicht dieses Fremden erblickt, und ich war betroffen von der weichen Schönheit dieses gebräunten Antlitzes und dem hellen Glanz des blonden Haares.

      Soll dieser Ärmste, blutjung, mehr Jüngling als Mann, ewig hier im Doko-Reiche festgehalten werden?! Was haben sie mit ihm vor?!

      Ich weiß, es nicht. Patu und Bolk reden nie über ihn, und gerade das erscheint mir verdächtig und bedrohlich.

      Die kleine Prinzessin plappert und redet, Fennek-Mukki liegt mir zu Füßen, die Abendsonne vergoldet den riesigen Wald, die Tiere unten in den Lichtungen drängen sich zusammen – Feuer der Hirten flackern auf, Leoparde und Wildhunde lieben das Ziegenfleisch, und der Urwald hat Schluchten und Dornendickichte, murmelnde Quellen, Bäche und alle Wunder dieses seltsamen Grenzlandes, das noch zum Reiche Abessinien gehört und doch ein Reich für sich ist ...

      Der Abend ist da.

      Die Nacht ist da.

      Matugira holt mir die Mahlzeit, es kommen zwei Unterhäuptlinge, reden, reden ...

      Ich wünsche anderes.

      In dieser Nacht werde ich mein luftiges Gemach des großen Bambuspalastes heimlich verlassen und den Fremden sprechen.

      Matugira füttert mich mit Hirsekuchen und Taubenfleisch und gibt mir Baobab-Wein zu trinken. Ich habe das ekle Gefühl, daß ein Judas Ischariot hier Gastfreundschaft in Anspruch nimmt. Andererseits: Man treibt hier auch mit mir kein ehrliches Spiel! Ich glaube einigen Anspruch auf Patumengis Dankbarkeit zu besitzen. Er hätte mir über Peter Bolk längst reinen Wein einschenken können. Weshalb diese Geheimniskrämerei? Er kennt mich doch. Ich dränge mich niemandem auf und dränge in fremde Angelegenheiten nicht hinein. Ich verlange nur das, was man als Freund vom Freunde fordern kann. Sollte ich nun auch durch den alten Patu enttäuscht werden?!

      Die Puppenprinzessin und die höflichen Unterhäuptlinge reden und reden, und meine Gedanken sind in dem Baumgefängnis bei dem blonden Gefangenen mit dem zarten feinen jungen Gesicht.

      Ich antworte und gähne – und die Herren empfehlen sich, und Matugira führt mich in mein Gemach.

      Wie gesagt, das Haus ist groß, ist sehr groß, ist zierlich gebaut, überreich geschmückt, die Türpfosten sind geschnitzt und die Zwischenwände noch mit bunten Bastmatten behängt. Der Palast ist in der Krone des ältesten Baobab errichtet worden. Der Stamm hat einen Durchmesser von etwa fünfzehn Metern, der Dom der Krone ist ein Riesensaal, durch festgestampften Lehm, durch den sich rote Tonstreifen ziehen, sauber gedielt – er ist der Versammlungsraum der Doko-Führer, ihr Parlamentsgebäude. Unten in dem hohlen Baumkoloß wohnt der Ober-Fetischmann des Gnomenvolkes, ein ebenfalls uralter Knabe mit einem listig-freundlichen, zerknitterten Gesicht.

      Mambi heißt er. Er ist mir sehr gewogen, denn ich begegne ihm mit allem Respekt und ausgesuchter Höflichkeit.

      Mein Gemach hat drei Meter im Quadrat, eine Tür aus Baumrinde, eine große Fensteröffnung und einige Prunkmöbel europäischen Ursprungs: einen Plüschsessel mit drei Beinen, einen Regulator, der nicht geht, und einen runden Tisch mit zersprungener Glasplatte, unter der sich eine grellbunte Stickerei befindet.

      Das Bett ist ein Rahmen aus Bambusstangen, mit Fellen bespannt – feine wollene Decken bilden das Bettzeug, und eine Petroleumhängelampe, die sogar brennt, erhöhen den Luxus ins ungemessene.

      Die Doko gehen sehr früh zur Koje. Gegen neun Uhr ist im Hause alles still.

      Nur neben mir, wo Matugiras Großmutter jede Nacht wie ein Nashorn prustet und schnarcht, wird es nie ruhig. Die alte Zwergendame hat sich dem heimlichen Trunk ergeben, und ihre Nachtkonzerte werden von schrillem Traumgeschnatter und gelegentlich angstvollen Schreien unterbrochen. Das stört.

      Zum Glück hatte ich nur die eine Nachbarin. Mein »Zimmer« liegt an der Ostecke, dicht am Haupteingang.

      Matugira ist gegangen, hat mir die Hand gedrückt, hat Fennek mitgenommen, damit er sich draußen im Wald noch ein wenig auslüftete – und so weiter. Meine Uhr zeigt halb zehn, als sie ihn lautlos zurückbringt – ich liege bereits und täusche Schlaf vor, sie verschwindet, Fennek springt wie stets auf das Bett und rollt sich an meiner Brust zusammen. Was nicht immer angenehm, denn ich liebe allzu starken Rosenduft nicht, und Fenneks Afterdrüse, Viole genannt, riecht tatsächlich nach Rosen wie bei allen afrikanischen Fenneks. Die Natur liebt solche Duftscherze.

      Ich liege und grübele und lausche dem fernen Grollen eines Gewitters. Es ist die Zeit, wo sich in den Vorbergen des Tafellandes Abessinien die Kanonaden des Himmels jeden Tag vernehmen lassen und die ungeheuren Regenfälle sogar dem dürstenden Boden der Steppe ihr fruchtbares Naß spenden. Es ist die Zeit, wo aus den Schluchten der nördlichen Gebirge wütende schäumende Flüsse werden und ihre Wassermassen sogar bis nach den nubischen Wadis (Tälern) ihre ersehnte Feuchtigkeit tragen.

      Fennek schläft. Er liegt zusammengerollt als gelblicher Haarring da, seine feinen Härchen kitzeln mein stoppeliges Kinn, und ich erinnere mich an die dringende Notwendigkeit, meinen Rasierapparat einmal wieder zu benutzen.

      Fernher kommt das Stimmengewirr der Tiere der Doko, verschlafenes Blöken und Meckern und heiseres Kläffen, auch wohl ein dumpfer Krach zuweilen: ein Blitz der meilenweit nordwärts niederfuhr und seine Schallwellen bis hierher sandte.

      Dann setzte das leise feine Tröpfeln ein. Regen klatscht auf das Rindendach des Palastes, das mit Rindenstückchen von drei Meter im Quadrat belegt ist. Auch diese spendet der heilige Baobab, dessen Holz so weich ist, dessen faustdicke Rinde sich lockert, wenn sie die Doko mit Holzhämmern tagelang klopfen. Dann schneiden sie mit den schwertähnlichen Messern die losen Stücke heraus, bestreichen die große Stammwunde mit nassem Ton und schnüren Bast darüber. Ein alter Baobab verträgt vier bis fünf solcher »Wunden« – aber, wie gesagt – sie müssen verbunden werden.

      Rasieren ...

      Man kommt doch nicht los von diesem Kulturzwang der Sauberkeit. Ich habe mich an einen Vollbart nie gewöhnen können, und ich habe neue Rasierklingen, Seife, vieles andere mit aus dem Zauberberg der Affenkönigen, der Herrin der Unterwelt, hierher genommen.

      Ich zünde die Lampe an ... Fennek beobachtet mich sehr mißbilligend. Gestörte Nachtruhe.

      Ich seife mich ein, und ich werde wieder ich selbst. Ich prüfe meine Augen – die Entzündung ist zurückgegangen. Es wird schon werden.

      Ich schnalle den Ledergurt um, und leise öffne ich die Tür, schleiche zur Leiter, klettere hinab. Fennek wollte mit. Er ist gehorsam. Seine großen blanken Augen beäugten mich noch mißbilligender.

      Die Bambusleiter knarrt, aber das Grollen und Tröpfeln übertönt die verräterischen Geräusche.

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