Maika bleibt bei mir. Elin Ørjasæter

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Maika bleibt bei mir - Elin Ørjasæter

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Er hatte einen kleinen Rucksack, das war sein ganzes Gepäck.

      »Ja, herzlich willkommen!«, sagte Mama in der Wohnungstür und sah aus, als gefiele ihr das ganz und gar nicht.

      »Hier kannst du schlafen«, sagte Mikkel und zeigte begeistert aufs Sofa.

      »Ja, ja«, sagte Urgroßvater.

      »Hier kannst du schlafen«, sagte Eva vier Stunden später freundlich zu ihrer Schwester, die sich an sie klammerte.

      »Buuääh!«, rief Mai-Katrin. »Eva nicht gehen! Eva nicht gehen!«

      Mai-Katrin ist erst vier. Eva sagte mit Engelsgeduld: »Eva kommt morgen früh und bringt dich in den Kindergarten, du schläfst hier mit Mikkel und Marianne, du kennst doch Mikkel und Marianne, nicht wahr?«

      »Nein, nein«, schrie Mai-Katrin, »Maika schlafen bei Eva!«

      Und dabei hatten wir alles so schön geplant! Ich war so enttäuscht, dass Mai-Katrin so ein Theater machte, dass ich fast böse auf sie wurde.

      »Guck mal, da ist auch dein Teddy«, versuchte ich es und hielt ihr den Teddybär vors Gesicht.

      Aber Mai-Katrin wurde nur noch verzweifelter.

      »Teddy und Maika schlafen bei Eva!«

      Da stand Mama in der Tür. Sie schaute zu Mai-Katrin, die aus vollem Herzen weinte und sich an ihre Schwester klammerte. Maika hatte eine Beule auf der Stirn und an dem einen Auge einen großen, blauen Fleck.

      Eva, die doch immer so erwachsen ist, sah plötzlich ganz verzweifelt aus, als könnte sie nicht ertragen, dass ihr schöner Plan nicht klappen würde.

      »Eva«, sagte Mama, »ich denke, es wäre nett, wenn du heute Nacht auch hier schläfst.«

      Ich war kurz davor, zu Mama zu stürmen und sie ganz fest zu drücken. Papa und ich holten Decken, Kissen und noch eine Matratze, und Eva lief, um ihren Pyjama zu holen.

      Also schliefen wir mit vier Personen in meinem kleinen Zimmer. Und Mama lachte beim Frühstück und sagte: »Als ich heute Morgen zu euch reingekommen bin, roch es nach einem alten Hamster!«

      Aber ich hörte, wie sie Papa im Badezimmer zuflüsterte: »Hans, wie sollen wir das nur schaffen, noch drei Leute mehr zu versorgen?«

      Am nächsten Tag saßen wir alle um den Küchentisch und aßen zu Mittag, Mons und Mikkel, Eva und Mai-Katrin, ich, Mama, Papa und Urgroßvater.

      »Ich hoffe, das Essen schmeckt dir«, sagte Mama.

      Urgroßvater antwortete nicht.

      »Ich habe gesagt«, versuchte Mama es ein wenig lauter, »dass ich hoffe ...«

      Papa hob abwehrend die Hände.

      »Ist schon in Ordnung, das Essen«, sagte Urgroßvater. »Wenn ich nur ’n bisschen Speck kriege, dann bin ich schon zufrieden.«

      »Hurra!«, rief Mons, »jetzt gibt es endlich ordentliches Essen hier im Haus!«

      Ich sagte gar nichts. Ich überlegte nur, dass das Einzige, was hier in der Stadt Urgroßvaters Speck ähnelte, der Frühstücksschinken war, und den bekamen wir nur sonntags, weil er so teuer war.

      Mama stellte die Kartoffeln mit einem resignierten kleinen Knall auf den Tisch. Wir aßen in aller Stille. Plötzlich blickte Urgroßvater auf und sah Mai-Katrin an.

      »Ist das deine?«, fragte er Papa. »Die sieht ja irgendwie ausländisch aus, oder?«

      Eva und ich sahen einander an.

      »Nein, das ist ein Nachbarsmädchen«, erklärte Papa, »und das ist die Schwester.«

      Er deutete auf Eva.

      »Das ist also auch nicht deine?«, fragte Urgroßvater. »Dann hast du also nur drei, oder?«

      Eva und ich starben fast vor Lachen. Dass er sich nicht einmal daran erinnerte, wie viele Kinder Papa hatte!

      »Was führt dich denn hierher?«, fragte Papa.

      »Ach, so langsam verheddert sich alles für mich.«

      »Verheddert?«, fragte Mons mit vollem Mund.

      »Er meint, dass er sich nicht so gut fühlt«, erklärte Papa.

      »Na ja, er ist doch auch sechsundneunzig«, meinte Mons. »In dem Alter verheddert es sich bestimmt für viele«, fügte er zu Urgroßvater gewandt hinzu. Manchmal gibt Mons wirklich sein Bestes.

      »Hattest du denn eine schöne Reise?«, versuchte Mama ein Gespräch einzuleiten.

      »Ach ja.«

      »Ja?«

      Mama sah etwas angespannt aus. Sie ist es gewohnt, dass die Leute erzählen, wenn man sie etwas fragt, und nicht nur »Ach ja« sagen und dann wieder den Mund halten.

      »Hast du vielleicht nette Leute getroffen?«

      »Ach ja.«

      Stille.

      »Hast du auch ’nen Kaffee gekriegt?«

      Mama ließ nicht locker.

      »Ja, ja, da war so ’ne Frau, die ist mit ’nem Wagen rumgefahren, weissnichwa.«

      »Und bei ihr hast du dir einen Kaffee gekauft?«

      »Na ja, wenn man das Kaffee nennen kann. Er war ganz dünn. Und reichlich teuer.«

      »Weissnichwa«, sagte Mikkel fasziniert. »Ich gehe raus und spiele ein bisschen Weissnichwa, darf ich?«

      »Ja«, sagte Mama matt.

      Zwei Tage vor Heiligabend kommt immer der Lions Club und verkauft zwischen den Häuserblocks von Ski-ferlia Tannenbäume. Ich hatte schon Angst, dass wir uns in diesem Jahr keinen Weihnachtsbaum leisten könnten, aber Papa zog sich Jacke und Stiefel an und fragte, ob wir mitwollten. Urgroßvater wollte auch mit, er fand es lustig zuzugucken, wie man sich in der Stadt einen Tannenbaum besorgt.

      Ich suchte den Baum aus. Es war einer der größten mit vielen dichten Zweigen unten und ganz oben ein paar niedlichen hellgrünen.

      »Dreihundert Kronen«, sagte der Lions-Mann.

      »Wie viel?«, fragte Urgroßvater.

      »Dreihundert Kronen«, sagte Mons.

      »Dreihundert? Was will er für dreihundert Kronen?«

      »Er will nichts kaufen«, erklärte ich, »er will uns den Baum für dreihundert Kronen verkaufen.«

      »Den Baum?«, fragte Urgroßvater.

      »Ja«, bestätigte ich.

      Urgroßvater stand unbeweglich da und sah aus, als dächte er angestrengt nach.

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