Die mentale Revolution. Steffen Kirchner
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Jeder Mensch, auch jede Organisation, jedes Team, jedes Unternehmen, jede Nation – schlicht: Alle befinden sich auf diesen drei Denkebenen. Der Unterschied ist die Gewichtung. Denn eine dieser Ebenen dominiert immer. Das bedeutet, auf einer dieser drei Ebenen ist jeder von uns mehr zu Hause als auf den beiden anderen. Welche das ist und wie stark die Unterschiede sind, variiert natürlich.
1. Die Entwicklungsebene
Befinden wir uns auf der Entwicklungsebene, wachsen wir. Hier entwickelt sich etwas weiter und es kann Neues entstehen. Auf dieser Ebene befinden wir uns zum Beispiel immer dann, wenn wir eine neue Beziehung beginnen. Das kann eine Liebesbeziehung, aber auch eine Freundschaft oder eine Geschäftsbeziehung sein. Es ist, wie verliebt zu sein. Plötzlich scheint alles möglich und Sprüche wie »the sky is the limit« bekommen eine schier wörtliche Bedeutung. In solchen Zeiten gewinnen Unternehmen neue Marktanteile oder Kunden. Der Umsatz wächst und auch das Wissen. Hier werden neue Systeme entwickelt. Diese Ebene ist also wachstumsorientiert.
2. Die Bewahrungsebene
Auf dieser Ebene geht es um Gewohnheiten und Routinen. Hier fangen wir an, bestimmte Zustände – im Persönlichen zum Beispiel eine Ehe und ein eigenes Vermögen oder im beruflichen Kontext Erfolg am Markt oder gar die Marktführerschaft in der Branche – zu verwalten. Das Schöne an der Bewahrungsebene ist der Genuss. Auf dieser Ebene lehnen wir uns zurück und lassen geschehen. Sie ist alles andere als aktiv. Denn unsere Aktion erstreckt sich lediglich darauf, etwas oder jemanden festzuhalten. Klar, dass hier die Angst vor Verlust groß ist. Wir wollen all das, was wir haben, bewahren. Diese Ebene ist also sicherheitsorientiert.
3. Die Zerstörungsebene
Auf der Denkebene der Zerstörung geschieht genau das, wonach es klingt: Es wird zerstört. Altes und Bisheriges wird beendet, eingestampft und kaputt gemacht und damit auch ein Stück weit erneuert. Diese Ebene ist schmerzhaft. Denn wir lehnen Bekanntes ab. Sie ist negativ, destruktiv und beinhaltet auch ein gewisses Maß an Aggression. Doch sie ist auch ganz klar erneuerungsorientiert.
Auf welcher Ebene wärst du am liebsten?
Wenn du jetzt darüber nachdenkst, auf welcher Ebene du am liebsten wärst, dann ist das wahrscheinlich die Bewahrungsebene. Da ist es ja so schön gemütlich – und laaaangweilig! Viel spannender ist doch die Entwicklungsebene. Hier sind wir kreativ, erschaffen etwas Neues, denken positiv und finden Lösungen, anstatt die Probleme der Bewahrungsebene zu wälzen oder die Aggression der Zerstörungsebene auszuleben.
In meinen Seminaren und bei meinen Vorträgen erlebe ich immer wieder, dass die meisten Menschen die Zerstörungsebene für die »schlimmste« halten. Ja, sie ist sicherlich die schmerzhafteste. Das ist ganz klar. Auf dieser Ebene geht es ja ums Loslassen und darum, sich von Altem zu trennen. Das fällt uns Menschen schwer. Auf der Zerstörungsebene geht immer etwas zu Ende. Das ist aber nicht wirklich gefährlich.
In Wahrheit ist die gefährlichste Ebene diejenige, auf der zu sein am wenigsten wehtut – die Bewahrungsebene. Hier spürst du keine oder kaum Schmerzen. Höchstens den Schmerz des Durchhaltenmüssens, des Nichtaufgebens und des Immer-weiter-Festhaltens, damit dir nichts aus den Fingern gleitet.
Wir sind zu viel auf der Bewahrungsebene und versuchen, Systeme festzuhalten, die uns schon längst nicht mehr guttun.
Ich halte die Bewahrungsebene für so gefährlich, weil wir auf ihr entgegen der Natur handeln und unsere Umgebung dabei ignorieren. Es gibt ein Naturgesetz: Alles, was nicht wächst, stirbt. Das mag hart klingen, aber so ist es doch. Schau dir mal das Leben einer Pflanze an. Vielleicht bist du ja ein Hobbygärtner und hast schon das ein oder andere gepflanzt, hast beobachtet, wie es wächst, und die Früchte geerntet – und gesehen, wie die Pflanze schließlich stirbt, bis es dann im nächsten Jahr wieder von vorne losgeht. Dann weißt du: Es ist ein Kreislauf, der bis zum Ende des Wachstums führt und dann mit den Samen wieder von Neuem beginnt – ganz natürlich. Ohne das Sterben gäbe es keinen Neuanfang.
Loslassen zu lernen ist elementar für ein glückliches Leben. Wie das geht, erfährst Du in meinem Video hier: https://die-mentale-revolution.de/bonusmaterial |
Auf uns Menschen übertragen heißt das: Wenn wir Menschen zu lange in Systemen oder im Denken stillstehen und nur das Bestehende bewahren, dann fehlt die Entwicklung – also das Wachstum. Konsequenterweise bedeutet das den metaphorischen Tod. Für Entwicklung brauchen wir diese Zerstörung. In der Medizin nennt man das zum Beispiel den »Heilungsschmerz«. Denn auch bei einer Verletzung nimmt der Schmerz erst einmal zu, weil Altes zerstört werden muss, um Neues entstehen zu lassen.
ÜBRIGENS: Auf der Bewahrungsebene haben die Menschen Angst davor, Rückschritte zuzulassen. Genau wie unsere Systeme. Die lassen oft keine Fehler und Rückschläge zu, weil sie scheinbar zum Erfolg verpflichtet sind.
Ein gutes Beispiel dafür ist das, wie ich es nenne, Bayern-München-Phänomen. Bei diesem Fußballclub ist Misserfolg einfach nicht vorgesehen. Es wird stets versucht, den Erfolg immer aufrechtzuerhalten. Oftmals ist das aber nur unter extremen Anstrengungen und Kosten überhaupt möglich. Oder die Bayern schaffen es gar nicht. Um in der deutschen Bundesliga Meister zu werden, reicht es zwar meist, aber die Champions League konnten sie vor 2020 sechs Jahre lang nicht mehr gewinnen.
Wir müssen uns diesem Schmerz stellen, also heute mehr denn je auf die Zerstörungsebene einlassen, um wieder zurück auf die Entwicklungsebene zu gelangen. Dafür müssen wir bereit sein, auch wirklich in die »Entwicklung« zu gehen. Wieder ein Grund mehr, warum wir eine mentale Revolution brauchen. Denn dadurch können wir uns der Erkenntnis öffnen, dass die Bewahrungsebene nicht gut ist, und die Bereitschaft entwickeln, vorübergehend die Zerstörungsebene zu ertragen. Dann sehen wir den Verlust von bestimmten Dingen nicht mehr als Schwäche, Fehler oder Krankheit. Stattdessen müssen wir ihn zulassen, um eine gesunde Fehlerkultur oder eine Kultur des Scheiterns zu etablieren. Denn wie sagt man so schön: Wir scheitern nach oben. Beim Scheitern wird man hoffentlich gescheiter.
Die Freiheit, Fehler zu machen
An dieser Art von Kultur mangelt es jedoch – sowohl gesellschaftlich als auch in Firmen – ganz besonders im deutschsprachigen Raum. Das kennst du doch sicher auch: Wie fühlst du dich, wenn du einen Fehler machst? Ist dir das peinlich? Versteckst du den Fehler lieber, anstatt offen damit umzugehen und drüber zu sprechen? Wahrscheinlich sind dir Fehler sehr unangenehm. So geht es zumindest den meisten Leuten in Deutschland, wie eine Studie der Universität Hohenheim aus dem Jahr 2015 belegt. Allerdings ergab die Studie auch, dass jüngere Menschen im Alter »zwischen 18 und 29 Jahren unternehmerische Fehler deutlich positiver bewerten als Deutsche zwischen 60 und 67 Jahren.«4 Das lässt hoffen, dass sich die Einstellung dieser Generation zu Fehlern in der Gesellschaft und in Unternehmen schon bald durchsetzt.
Passivität verhindert jedes Wachstum.
Denn die Angst, zu scheitern, bremst unsere Neugier und Innovationslust. Sie macht uns passiv. Und das halte