Perry Rhodan Neo 243: Drei Tropfen Unendlichkeit. Rainer Schorm

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Perry Rhodan Neo 243: Drei Tropfen Unendlichkeit - Rainer Schorm Perry Rhodan Neo

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hatte er keine menschlichen Überreste gefunden. Das hatte sich soeben geändert. Er erkannte an der Form des Gewebeteppichs, dass irgendwas eine Leiche beinahe komplett aufgelöst hatte. Ein paar Rippenbögen, Teile der Wirbelsäule und des Beckens zeichneten sich deutlich ab, der Schädel war nur ein formloser Klumpen.

      »Es handelt sich weder um Pilze noch um Flechten«, meldete die Anzugpositronik, die sofort nach dem Auslösen des Verschlusszustands ihre analytischen Sensoren auf volle Leistung geschaltet hatte. »Es sind Prokaryoten.«

      »Autochthon?«, fragte Sofgart. »Oder wurden sie von den Siedlern eingeschleppt?«

      »Beides wahrscheinlich«, antwortete die Positronik. »Der Konflikt zwischen den Fremdprokaryoten und der einheimischen Mikrofauna ist in vollem Gange. Die xenophytischen Bakterien und Archaeen kämpfen um Anpassung. Die einheimischen Formen wollen ihre biologischen Nischen halten. Die Konfrontation mit fremden Mikroben ist für die lokale Mikrobiologie ein klassischer evolutionärer Stressor: Die Weiterentwicklung wird intensiviert. Das ist wild tobende Evolution.«

      Sofgart beugte sich leicht nach vorn. Die watteähnlichen Geflechte setzten sich aus Myriaden einzelliger Lebewesen zusammen, die sich gegen die eingeschleppten Keime zur Wehr setzten. Solche Kämpfe gab es während der meisten Siedlungsprojekte, und nicht alle gingen gut aus. Wahrscheinlich versuchten die Mikrobioten, die während des Zersetzungsprozesses der toten Körper aktiv waren, sich durchzusetzen. Die Schwierigkeiten bei den Anpassungsprozessen der Kolonisten an eine neue Welt beschränkten sich nicht auf die Makrobiologie, wie Knochendichte, Muskulatur oder Atmungssystem. Die Feinheiten waren häufig sehr viel wichtiger. Siedler an eine fremde Mikrofauna zu adaptieren, ohne dass dies mit den innerkörperlich aktiven Bakterienstämmen kollidierte, war extrem kompliziert. Bei geschätzten 30 Billionen Körperzellen eines typischen Humanoiden ging man von einer durchschnittlichen Bakterienanzahl von 39 Billionen aus, die das Individuum besiedelten. Viele davon waren für die Funktion des Körpers lebenswichtig.

      Sofgarts Schutzschirm flammte auf. Unzählige winzige Funken blitzten. Jeder davon war ein Keim, der ihn wahrscheinlich töten könnte. Farbige Flocken lösten sich aus dem flatternden Bakterienteppich und schwebten auf Sofgart zu. Er wich einen Schritt zurück.

      »Warnung!«, verkündete die Positronik. »Ich messe potente Konzentrationen organischer Säuren und etlicher extrem toxischer Substanzen an.«

      Die ersten größeren Flocken erreichten ihn, erneut leuchtete es in Sofgarts Schutzschirm auf. Grelle Funken stoben, als die Bakterienkonglomerate mit der Energieblase in Kontakt kamen und vernichtet wurden.

      Sofgart schwitzte. Aus Erfahrung wusste er, dass gerade diese hochaktiven Bakterien evolutionär sehr schnell aufrüsteten. Auf Fulkmonn hatte ein solcher Keim Fluor-Antimonsäure produziert, eine Supersäure. Die Giftstoffe, die Mikrofauna bei solchen Abwehrkämpfen entwickelte, waren häufig im wahrsten Sinne des Wortes mörderisch. Die Gefahr, dass sie sich sogar durch eine der überaus stabilen Schutzmonturen fraßen, war recht groß.

      Es sieht beinahe aus, als attackierten sie mich, schoss es ihm durch den Kopf.

      Weitere Flocken lösten sich. Sie sahen wunderschön aus, glänzten im grellen Licht von Deneb in Scharlachrot, Schwefelgelb und Kobaltblau. Sie schwebten auf Sofgart zu, als wollten sie ihn in ihren ätherischen Tanz einbeziehen.

      »Ich empfehle den sofortigen Rückzug!«, drängte die Positronik seiner Montur. »Soll ich das Keimnest ausbrennen?«

      »Nein«, lehnte Sofgart entschieden ab, während er sich weiter zurückzog. »Wir überlassen die Natur sich selbst. Es ist nicht unsere Aufgabe, regulierend einzugreifen. Diese Welt hat gewonnen ... Und ich denke, dies ist lediglich das Schlusskapitel. Das ist ohnehin nicht der Ort, an den es mich zieht.« Zumindest dessen war er sich sicher.

      Ein halbes Dutzend sonderbar geformter Bakterienballungen explodierte und schleuderte ihren Inhalt in Sofgarts Richtung.

      »Nichts wie weg!«, murmelte er und brachte mehrere Meter Distanz zwischen sich und den Auswurf.

      Dieser schien in der Luft überzukochen. Ein schwärzlicher Schaum entstand und erstarrte. Als die Schaumblasen zu Boden fielen, zerbrachen sie.

      »Das Paradebeispiel einer biologisch hyperaktiven Gefahrenzone!«, entfuhr es ihm.

      Für biologische Schutzsysteme, die mit solchen evolutionären Ausbrüchen konfrontiert wurden, war das stets eine ganz besondere Herausforderung. Man kannte die Spezifikationen der neuen Keime nicht, an eine erfolgreiche Infektionsbehandlung war häufig nicht zu denken. Der Aufenthalt ohne Abwehrschirm in solchen Arealen war extrem riskant. Leider fraßen entsprechende Energieblasen die Speicherzellen sehr schnell leer.

      »Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es in einer solchen Umgebung Überlebende gibt?«, fragte er.

      Die Antwort von Ekkis war ernüchternd. »Null. Die Aggressivität der Keime, die wir gerade beobachtet haben, ist verheerend. Wir werden niemanden retten können. Allerdings habe ich einige Ortungsergebnisse, die interessant sind. Ich übermittle dir die Koordinaten.«

      Sofgart startete das kleine Pulsatortriebwerk seiner Schutzmontur und flog los. Die Vogelperspektive auf die Wüstung machte das ganze Ausmaß des Verfalls sichtbar. Die Siedlung war größer, als er gedacht hatte. Die Menschen hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass das Siedlungsprojekt scheitern könnte, sonst hätten sie kaum solche Anstrengungen unternommen. Der Aufwand war zwar nicht übermäßig groß, aber die Erde war nun mal nicht Arkon. Im Großen Imperium hatte man jahrtausendelange Erfahrung. Für die Menschen der Erde indes lag der Beginn der interstellaren Kolonialisierung gerade mal fünfzig Jahre zurück, und die Mittel, die ihnen zur Verfügung standen, waren sehr beschränkt.

      Das Land unter ihm war überall trocken, nahezu ausgedörrt. Vegetation gab es kaum und beschränkte sich zumeist auf tundrische Formen. Sofgart kannte die Ergebnisse der Kartografierung, die vor jeder Landung auf einer Fremdwelt automatisch ablief. Näher an den Polkappen war es kühler in diesen Zonen und dort hatten sich Wälder und dicht wachsendes Gesträuch ausgebreitet. Allerdings waren die Wetterverhältnisse dort kaum eine Einladung, zu siedeln. Die zirkumpolaren Winde tobten häufig in Zyklonstärke.

      Er fühlte genau, dass er auf dem richtigen Weg war. Was auch immer ihn anzog, er kam ihm näher.

      Ein roter Leuchtpunkt erschien in der positronisch optimierten Umgebungsdarstellung in Sofgarts Helm: eine annähernd runde Form, die infolge etlicher Bodenverwehungen nur schlecht zu erkennen war. Eine Falschfarbendarstellung half.

      Sofgart landete. Der Sand in diesem Areal war deutlich feiner als bei der Ruinenstadt, und die Farbe lag zwischen einem kräftigen Umbra und hellem Gelb. Es erinnerte ihn an die Tarnzeichnung eines Raubtiers. Er grub und wischte Unmengen an Sand und Staub beiseite, bis er die ersten Steine sah: regelmäßig geformte Quader von annähernd identischer Größe, die ein Ringsegment bildeten.

      »Durchmesser der Kreisstruktur?«, fragte er.

      »Ziemlich exakt zwanzig Meter«, lautete die Antwort.

      Sofgart sog scharf die Luft ein. Er zog den Tropfen in seiner Kapsel aus der Tasche. Das Artefakt vibrierte so stark, dass es verwaschen aussah.

      »Wieso hast du mich hierhergeführt, du komisches, kleines Ding?«, rätselte Sofgart leise. »Ein Zeitbrunnen. Kein Zweifel. Erloschen und verschüttet, aber es ist einer. Was hast du mit einem Zeitbrunnen zu tun?«

      Dass es solche Gebilde gab, hatte er zum ersten Mal auf Naat erfahren – nachdem Krom verschwunden war. Ein Naat namens Kephlomm hatte

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