Verdammte Unschuld. Sarah Engell

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Verdammte Unschuld - Sarah Engell

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sich meine Festplatte mit Musik ausleihen wollte. Er hat die schlechteste Musiksammlung ever.“

      Ich mache eine Handbewegung, um zu zeigen, dass sie zur Sache kommen soll.

      Christina sprüht Parfüm auf die Handgelenke und reibt sie gegeneinander. Sie blickt mir direkt in die Augen, als sie sagt: „Dann sah ich, dass es Mick war“. Das Strasssteinchen auf ihrem Zahn vorne funkelt wie ein Lächeln. „Erst wusste ich überhaupt nicht, was ich sagen sollte. Aber zum Glück brauchte ich gar nichts zu sagen. Mick setzte sich auf mein Bett und streichelte mir über die Haare. Er sagte, dass die anderen betrunken wären und dummes Zeug redeten. Dass er müde wäre und einfach nur mit einem lieben Menschen reden wollte“.

      „Aber du hast doch gar nichts gesagt.“

      „Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“ Mick saß in meinem Zimmer auf meinem Bett und nannte mich einen lieben Menschen. Ein lieber Mensch, Maria. Wie viele supercoole Siebzehnjährige haben dir gesagt, dass du ein lieber Mensch bist?“

      „Jannick ist aber auch siebzehn“.

      „Ja, ja, aber meine Geschichte entwickelt sich doch ein bisschen spannender als eure, die, soweit ich mich erinnere, immer noch im Knutsch-Stadium ist“.

      Ich knülle das Reinigungstuch fest in meiner Faust zusammen.

      Sie seufzt und streckt die Handfläche nach vorne. „Sorry, es war nicht so gemeint.“

      Ich lasse das Tuch in ihre Hand fallen. Sie wirft es in den Abfalleimer und reicht mir die braune Wimperntusche.

      „Aber auf jeden Fall...“ Sie wühlt in ihrer Tasche und holt die Unterwäsche raus. „Danach ging es Schlag auf Schlag.“

      „Schlag auf Schlag?“

      Weißt du, erst wollte er unter die Bettdecke. Ihm war offenbar kalt. Dann wollte er unter mein Shirt, und es war überhaupt nicht geplant oder so. Er hatte nicht mal ein Kondom dabei, wie die wannabees aus unserer Klasse, die immer mit den Taschen voller Gummis rumlaufen. Als würden sie jemals davon Gebrauch machen können.“

      „Dann habt ihr kein Kondom benutzt?“

      „Isst du vielleicht ein Karamellbonbon mit dem Papier?“

      Ich rümpfe die Nase. „Sagte er das wirklich so? Einmal hab ich gesehen ich, dass das jemand auf der Rödby-Fähre auf die Toilette geschrieben hatte.“

      Christina seufzt. „Können wir uns eventuell an meine Geschichte halten?“

      Sie schließt ihren BH am Rücken und versucht, die Brüste in den wattierten Schalen zu arrangieren.

      Aus irgendeinem Grund zieht sie sich immer den BH vor dem Slip an.

      Ich reiße die Augen auf und färbe meine Wimpern braun, erst die oberen, dann die unteren.

      „Was ist, wenn du jetzt schwanger geworden bist?“ frage ich.

      „Das bin ich nicht. Sieh mein Kinn an. Vier Pickel in Reih und Glied. Ein sicheres Zeichen, dass meine Menstruation unterwegs ist.“

      Ich kichere. „Standen wir einfach zuhinterst in der Reihe oder haben alle Mädchen einmal im Monat Pickel am Kinn?“

      „Na ja. Soweit ich mich erinnere, waren es nur Männer, die gerade ganz vorne in diesem Stau standen.“

      Wir lachen.

      „Vielen Dank.“ Ich lege die Wimperntusche in ihre Toilettentasche zurück.

      „You´re welcome“, antwortet sie und reißt ein Preisschild vom Slip.

      Ihr Handy vibriert auf der Ablage unter dem Spiegel. Sie legt den Slip weg und klappt das Telefon auf. Sehr lange steht sie da und blickt einfach aufs Display.

      Sie reicht mir das Telefon. Auf dem Display heißt es:

      Ich bin scharf auf dich – schreibe was freches!

      Ich starre auf das Ausrufezeichen. Dann auf Christina. „Ist er das?“ frage ich.

      Sie blinzelt mehrmals hintereinander, als sie an dem kleinen Gummiband zieht, das am Preisschild fest sitzt. Dann dreht sie das Handy zu sich. Ihre langen, weiß lackierten Nagelspitzen klicken gegen die Tastatur, als sie etwas schreibt, wieder löscht und etwas anderes schreibt. Sie legt den Kopf leicht schief und liest die Nachricht, bevor sie mir den Text zeigt.

      Ich bin nackt mit meiner freundin zusammen

      Ich kichere. Christina zwinkert mir zu. Und drückt auf Senden.

      Ich greife nach dem Telefon, aber sie hält es im gestreckten Arm weg von mir. Auf dem Display dreht sich der Briefumschlag als Zeichen dafür, dass die Mitteilung gesendet wird.

      „Das hast du nicht wirklich gemacht?“ sage ich.

      Sie lässt den Arm sinken. Sie hält das Handy ganz fest.

      Die Sekunden, die folgen, sind sehr lang. Wir vergessen sogar, uns anzuziehen. Stehen einfach da und betrachten das Telefon in Christinas Hand.

      Zwei kleine Piepser lassen uns zucken.

      Auf dem Display heißt es:

      Berührt ihr euch?

      Christina schaut nicht mehr auf das Telefon, sondern auf mich.

      „Igitt“, sage ich.

      Christina schaut mich immer noch an. Etwas in ihrem Blick lässt mich das Handtuch um meinen Körper enger straffen.

      Mit zwei harten Klicken schreibt sie eine Antwort.

      Ich packe sie am Arm, aber die Nachricht ist schon gesendet.

      Ja

      Christina atmet schnell und stoßweise. Sie hält das Handy festgeklemmt.

      Die Antwort kommt rasch. Vier kurze Wörter, und es wird mir merkwürdig kalt und warm auf einmal:

      Ich habe einen steifen

      Christina zittert am ganzen Körper.

      „Schluss jetzt“, sage ich.

      Sie bittet mich, ruhig zu bleiben und schreibt eine neue Nachricht:

      Schickst du ein foto von deinem schwanz?

      Der Geruch vom Abzug dringt durch Christinas Parfüm und in meine Gedanken hinein. Ich bleibe still auf dem kalten Boden stehen und spüre aus den Duschkabinen einen Dampf, der mich wie eine feuchte Hand umschließt.

      Zwei kleine Piepser.

      Christina und ich sehen

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