Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist

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Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist

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Sie rührt sich – horch?

       Sie atmet – ja sie lebt, sie lebt!

      SYLVESTER: Lebt sie?

       Und unverwundet?

      JERONIMUS: Eben wars noch Zeit,

       Er zückte schon den Dolch auf sie, da hieb

       Ich den Unwürdgen nieder.

      GERTRUDE: Ist er nicht

       Aus Rossitz?

      JERONIMUS: Frage nicht, du machst mich schamrot, – ja.

      SYLVESTER: Gib mir die Hand, Jerome, wir verstehn

       Uns.

      JERONIMUS: Wir verstehn uns.

      GERTRUDE: Sie erwacht, o seht,

       Sie schlägt die Augen auf, sie sieht mich an.

      AGNES:

       Bin ich von dem Entsetzlichen erlöst?

      GERTRUDE:

       Hier liegt er tot am Boden, fasse dich.

      AGNES:

       Getötet? Und um mich? Ach, es ist gräßlich. –

      GERTRUDE:

       Jerome hat den Mörder hingestreckt.

      AGNES:

       Er folgte mir weit her aus dem Gebirge,

       – Mich faßte das Entsetzen gleich, als ich

       Von weitem nur ihn in das Auge faßte.

       Ich eilte – doch ihn trieb die Mordsucht schneller

       Als mich die Angst – und hier ergriff er mich.

      SYLVESTER:

       Und zückt' er gleich den Dolch? Und sprach er nicht?

       Kannst du dich dessen nicht entsinnen mehr?

      AGNES:

       So kaum – denn vor sein fürchterliches Antlitz

       Entflohn mir alle Sinne fast. Er sprach,

       – Gott weiß, mir schiens fast, wie im Wahnsinn – sprach

       Von Liebe – daß er mich vergöttre – nannte

       Bald eine Heilge mich, bald eine Leiche.

       Dann zog er plötzlich jenen Dolch, und bittend,

       Ich möchte, ich, ihn töten, zückt' er ihn

       Auf mich. –

      SYLVESTER: Lebt er denn noch? Er scheint verwundet bloß,

       Sein Aug ist offen. (Zu den Leuten.) Tragt ihn in das Schloß,

       Und ruft den Wundarzt. (Sie tragen ihn fort.) Einer komme wieder

       Und bring mir Nachricht.

      GERTRUDE: Aber, meine Tochter,

       Wie konntest du so einsam und so weit

       Dich ins Gebirge wagen?

      AGNES: Zürne nicht,

       Es war mein Lieblingsweg.

      GERTRUDE: Und noch so lange

       Dich zu verweilen!

      AGNES: Einen Ritter traf

       Ich, der mich aufhielt.

      GERTRUDE: Einen Ritter? Sieh

       Wie du in die Gefahr dich wagst! Kanns wohl

       Ein andrer sein fast, als ein Rossitzscher?

      AGNES:

       – Glaubst du, es sei ein Rossitzscher?

      JERONIMUS: Ich weiß,

       Daß Ottokar oft ins Gebirge geht.

      AGNES:

       Meinst du den –?

      JERONIMUS: Ruperts ältsten Sohn:

       – Kennst du ihn nicht?

      AGNES: Ich hab ihn nie gesehen.

      JERONIMUS:

       Ich habe sichre Proben doch, daß er

       Dich kennt?

      AGNES: Mich?

      GERTRUDE: Unsre Agnes? Und woher?

      JERONIMUS: Wenn ich nicht irre, sah ich einen Schleier,

       Den du zu tragen pflegst, in seiner Hand.

      AGNES (verbirgt ihr Haupt an die Brust ihrer Mutter):

       Ach, Mutter. –

      GERTRUDE: O um Gotteswillen, Agnes,

       Sei doch auf deiner Hut. – Er kann dich mit

       Dem Apfel, den er dir vom Baume pflückt,

       Vergiften.

      JERONIMUS: Nun, das möcht ich fast nicht fürchten

       Vielmehr – Allein wer darf der Schlange traun.

       Er hat beim Nachtmahl ihr den Tod geschworen.

      AGNES: Mir?

       Den Tod?

      JERONIMUS: Ich hab es selbst gehört.

      GERTRUDE: Nun sieh,

       Ich werde wie ein Kind dich hüten müssen.

       Du darfst nicht aus den Mauern dieser Burg,

       Darfst nicht von deiner Mutter Seite gehn.

      EIN DIENER (tritt auf):

       Gestrenger Herr, der Mörder ist nicht tot.

       Der Wundarzt sagt, die Wunde sei nur leicht.

      SYLVESTER:

       Ist er sich sein bewußt?

      EIN DIENER: Herr, es wird keiner klug

       Aus ihm. Denn er spricht ungehobelt Zeug,

       Wild durcheinander, wie im Wahnwitz fast.

      JERONIMUS:

      

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