Reigen Reloaded. Arthur Schnitzler

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Reigen Reloaded - Arthur Schnitzler

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des Gewebes, die auf dem Nachhauseweg schon wieder verheilen, das ist das Vortäuschen und Entziehen von Nähe“, heißt es bei Martin Peichl lapidar. Dass es dabei nicht nur um eine Kommunikation der Körper, sondern auch um Worte geht, ist jedenfalls eine Botschaft, die von zehn Autorinnen und Autoren reizvoll aktualisiert wurde. Nicht die Sprache der Wollust, sondern die Wollust der Sprache macht „Reigen Reloaded“ zu einer Übung in Empathie.

REIGEN RELOADED

       Gertraud Klemm

       Gustav Ernst

       Daniel Wisser

       Bettina Balàka

       Michael Stavarič

       Angela Lehner

       Martin Peichl

       Barbara Rieger

       Thomas Stangl

       Petra Ganglbauer

LEONIE & JOSH Gertraud Klemm

      Leonie, 14, fläzt sich im Bett, den Rücken an die Wand angelehnt. Unaufgeräumtes Jugendzimmer, Spannteppich mit gelbstichigem Grau. Der Schreibtischstuhl ist unter einem Berg Gewand erahnbar. Von der Decke hängt ein Luster aus rotem Plastik. Licht kommt lediglich von einer kleinen Schreibtischlampe, die beängstigend nahe zur Tischfläche gebogen wurde. Leonies Gesicht wirkt durch den Blick aufs Handy in der dunklen Umgebung überbelichtet. Sie ist mitten in einem Videochat mit Josh. Unter Josh hat sie ihn abgespeichert, nur sie nennt Josef Josh. Vielleicht, um ihn zumindest im Kontaktverzeichnis ein bisschen jünger zu machen. Auf dem Profilbild sieht Josh jene zehn Jahre jünger aus, die auf Dating-Plattformen gerade noch anständig sind; und so verwegen, wie er von unten in die Kamera blickt, ist er wohl nie gewesen. Für einen 30-Jährigen ist er ein bisschen zu teigig, aber für Leonie reicht das, um ihn sich ein bisschen jünger vorstellen zu können, und schon ist er das Spannendste, was sich ihr in der öden Schule in den Weg stellt. Das fällt ihr wesentlich leichter, als sich die Milchbubis ihres Jahrgangs älter vorzustellen. Der Schulwart ist erst seit drei Monaten bei ihnen am Gymnasium, und sie ist nicht die Einzige, die auf ihn steht, denkt sie. Der Schulwart ist reifer als die Milchbubis und erreichbarer als die Oberstufler.

      Leonie spricht affektiert und streicht sich ständig die glatten, schwarzen Haare aus dem Gesicht. Sie ist leicht bekleidet, trägt ein Ruderleiberl, sie hat lange darüber nachgedacht, welchen BH sie anziehen soll, es ist ein cremefarbener mit dezenter Spitze geworden. Leonie ist leicht geschminkt, so, dass es nicht auffällt. Immer wieder neigt sie den Kopf zur Seite, um süß zu wirken.

      LEONIE: … und dann hat sie gesagt, ich soll das Badezimmer putzen, wenn ich es schon dauernd belege. Äfft ihre Mutter nach. Weil es sich nicht von selber putzt.

      JOSH: Bitter.

      LEONIE: Voll. Musstest du auch putzen, früher?

      JOSH: Nein. Aber Staubsaugen.

      LEONIE: Boah, so ehrenlos.

      JOSH:

      LEONIE: Alles okay bei dir?

      JOSH: Ja.

      LEONIE: Freust dich schon auf Montag?

      JOSH: Nein.

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      LEONIE: Ich hätt mir nicht gedacht, dass ich mich einmal auf die Schule freu.

      JOSH: Auf dich freu ich mich natürlich schon.

      LEONIE: Sind dir deine Eltern im Urlaub auch so auf den Arsch gegangen?

      JOSH: Wir waren selten auf Urlaub.

      LEONIE: Oh.

      JOSH: Meine Mutter.

      LEONIE: Was war mit deiner Mutter?

      JOSH: Hat genervt.

      LEONIE: Dein Vater nicht?

      JOSH: Der hat woanders gelebt. Den hab ich so gut wie nie gesehen.

      LEONIE: Das tut mir leid.

      JOSH: Kein Stress. Es war wohl besser so.

      LEONIE: Sorry …

      JOSH: Vergiss es. Der hätte mich eh nur erschlagen.

      LEONIE: Oidaaaaa.

      JOSH: Ja, Oidaaaaa.

      LEONIE: Ich wollte dir was zeigen.

      JOSH: Was denn?

      LEONIE: Ich hab mir in Grado einen Hut gekauft, schau. Steht auf, kramt in einer Tasche, setzt sich einen schwarzen Stoffhut auf, nimmt wieder auf dem Bett Platz und grinst ins Handy.

      JOSH: Steht dir. Magst mir Grado zeigen?

      LEONIE: kichert. Nimmt den Hut. Jeder kennt doch Grado.

      JOSH: Ich nicht.

      LEONIE: tippt in ihr Handy. Ich schick dir ein paar Fotos. Hast nichts versäumt. Lauter Österreicher.

      JOSH: Ich find’s schön.

      LEONIE: Die Promenade ist schön. Und man kann gut shoppen. Und essen.

      JOSH: Und ein Meer gibt’s auch. So schlecht kann es gar nicht sein.

      LEONIE:

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